Neues aus der Welt

Szenenbild: Neues aus der Welt

"Neues aus der Welt" - Tom Hanks brilliert in seiner ersten Westernrolle.

Ursprünglich sollte "Neues aus der Welt" am 7. Januar 2021 in die deutschen Kinos kommen. Wegen der seit November andauernden Pandemie wurde daraus leider nichts, weshalb der Film ab 10. Februar exklusiv zum Streaming-Anbieter Netflix abgewandert ist. Bedauerlich, denn ein bildgewaltiger Western verlangt nun mal nach der großen Leinwand. Das Sehvergnügen wird getrübt, nicht aber die berührende Story mit Tom Hanks in seiner ersten Westernrolle in seiner mehr als vierzigjährigen Filmkarriere. Seine Partnerin ist ein 12-jähriges Mädchen aus Berlin. Für ihre Rolle ist Helena Zengel ("Systemsprenger") gerade wieder in aller Munde, nicht zuletzt, weil sie für den Golden Globe und den Screen Actors Award nominiert ist.

Filmplakat: Neues aus der Welt
 

Neues aus der Welt - Der aus der Zeitung vorliest

Nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs sucht auch Captain Jefferson Kyle Kidd (Tom Hanks) nach einer neuen Sinnhaftigkeit in seinem Leben. So reist er in Texas von einer Stadt zur nächsten mit einem Stapel Zeitungen in seinem Gepäck. Er lässt sich von den Bewohnern dafür bezahlen, dass er bei abendlichen Zusammenkünften daraus vorliest. Die Menschen erfahren, was in der Welt los ist, aber noch wichtiger ist Captain Kidd, ihnen dabei auch Hoffnung auf bessere Zeiten zu geben.

Als er mal wieder unterwegs ist, stößt er auf ein Mädchen, das verstört wirkt und völlig allein ist. Es stellt sich heraus, dass Johanna (Helena Zengel) die Tochter deutscher Einwanderer ist, die gestorben sind. Die Kleine wurde die letzten sechs Jahre vom Stamm der Kiowa großgezogen, den sie nun ebenfalls verloren hat. Captain Kidd nimmt sich der Zehnjährigen an und ist sogar bereit, sie zu den nächsten Verwandten nach San Antonio zu bringen.

Auf ihrem 400-Meilen-Ritt warten etliche Gefahren auf die beiden, und noch weigert sich Johanna, irgendwo hingebracht zu werden, wo ihr alle fremd sind. Nur langsam gewinnt der alte Kriegsveteran ihr Vertrauen. Doch dann kreuzen skrupellose Menschenhändler ihren Weg…

Der Wilde Westen erneut zum Leben erweckt

Für einen amerikanischen Western ist es sicherlich schon sehr bedeutungsvoll, wo er gedreht wurde. "Neues aus der Welt" entstand fast ausschließlich in New Mexico in der Nähe von Santa Fe. Hier ritt schon John Wayne als "Chisum" (1970) durch die Prärie, und in den letzten bot der Südwesten auch anderen Spätwestern wie "No Country for Old Men" mit Tommy Lee Jones, dem Remake von "Die glorreichen Sieben" mit Denzel Washington oder der Wild-West-Komödie "A Million Ways to Die in the West" mit Liam Neeson als dankbare Kulisse.

In "Neues aus der Welt" kommen die unendlich erscheinenden Landschaften allerdings nochmals besonders zur Geltung. Denn wir haben es hier auch mit einem Roadmovie zu tun, in der das "unentdeckte Land", dass es zu durchqueren gilt, fast eine ebenso große Rolle spielt wie die Darsteller an sich. Kameramann Dariusz Wolski ("Sicario 2") fängt sowohl die Schönheit als auch die Kargheit der Gebiete ein und schafft damit eine glaubwürdige Westernatmosphäre.

Der alte Mann und das Mädchen

Edelwesternlook wird dabei jedoch tunlichst vermieden, vielmehr will Regisseur Paul Greengrass, der mit Tom Hanks 2013 schon den Thriller "Captain Phillips" verfilmte, die hässliche Seite von der Eroberung des nordamerikanischen Kontinents hervorkehren. Da wird nichts beschönigt, wenn abgehalterte Kerle mit schlechten Zähnen nichts Gutes im Schilde führen, erschöpfte Einwanderer den Glauben an Gerechtigkeit ebenso verloren haben wie die letzten Ureinwohner, die in Reservate abgeschoben werden. All das wird in dem Film nach dem gleichnamigen Roman von Paulette Jiles nebenbei abgehandelt und es scheint, als würde hier eine Epoche ihrem Ende entgegengehen.

Der alte Captain Kidd und die junge Johanna hingegen bilden mit ihrer Symbiose den Neubeginn. "Neues aus der Welt", wenn Tom Hanks aus seinen Zeitungen vorliest, will er den Menschen Mut machen. Mut, über den Tellerrand zu schauen und die eigene Neugierde wieder zu wecken, um Dinge anzupacken und mit Zuversicht nach vorne zu blicken. Das Mädchen, dass in seine Veranstaltungen immer fester verankert wird, symbolisiert dabei mit ihrer Jugendlichkeit die Zukunft, um der es sich zu kämpfen lohnt.

"Neues aus der Welt" ist gewiss ein atypischer Western, Schießereien und Verfolgungen auf Pferden gibt es dennoch, wenn auch smart abgewandelt. Im Zentrum bleibt jedoch die Beziehung zwischen dem alten Mann und das Mädchen - wunderbar gespielt von einem erfahrenen Tom Hanks und der talentierten Newcomerin Helena Zengel. Wie sich die beiden Stück für Stück näherkommen, ist zutiefst berührend.

Fazit: Ein Roadmovie im Westernformat mit großartigen Landschaftsaufnahmen, zwei hervorragenden Hauptdarstellern und einer zu Herzen gehenden Story. Auf einer Kinoleinwand kann sich "Neues aus der Welt" angemessen entfalten.

Regie     Darsteller   Rolle  
Paul Greengrass     Tom Hanks ... Captain Kidd  
      Helena Zengel ... Johanna  
      Tom Astor ... Cavalry Lieutenant  
      Travis Johnson ... Cavalry Rider  
      Andy Kastelic ... Union Duty Officer  
      Ray McKinnon ... Simon Boudlin  
vgw
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