In der 2016er Neuverfilmung von "Die glorreichen Sieben" spielen unter anderem Denzel Washington und Chris Pratt.
Westernfans haben 2016 wirklich keinen Grund zu meckern. Erst Leonardo DiCaprios Oscar-Triumph "The Revenant", dann Quentin Tarantinos Splatter-Kammerspiel "The Hateful 8", zwischendurch außergewöhnliche DVD-Premieren wie der Horrorwestern "Bone Tomahawk" und das Bürgerkriegsdrama "The Keeping Room" - und jetzt startet auch noch Antoine Fuquas Remake von "Die glorreichen Sieben", mit Denzel Washington, Chris Pratt ("Guardians of the Galaxy") und Ethan Hawke in den Hauptrollen.
Western von gestern
Während die anderen Filme Originalstoffe erzählen (auch wenn die historischen Vorfälle aus DiCaprios Survivaldrama bereits 1971 als "Ein Mann in der Wildnis" mit Richard Harris verfilmt wurden), wagt sich Antoine Fuqua an das Update des weltberühmten Westernklassikers "Die glorreichen Sieben", der seinerseits schon auf Akira Kurosawas "Die sieben Samurai" von 1954 basierte.
Es sind also riesige Boots, in die der Regisseur von "Training Day" da schlüpft. Auch wenn für die Zehen einiges an Luft bleibt, bietet seine Version doch genügend interessante Charaktere, zündende One-Liner und gelungene Shoot-Outs für unterhaltsame 2 ¼ Stunden. Etwas Neues fügt er dem Erzählmuster allerdings nicht hinzu.
Die glorreichen Sieben reiten wieder
Die Story ist schnell erzählt, die Prämisse identisch mit John Sturges' Western "Die glorreichen Sieben" von 1960: Eine Außenseiter-Gang befreit ein armes Dorf von seinen Peinigern. Im Detail unterscheiden sich die Filme dann aber doch. Ging es im Original um mexikanische Farmer, die unter Banditen leiden, retten Kopfgeldjäger Chisholm (cool wie immer: Denzel Washington) und seine sechs Ballermänner gottesfürchtige US-Siedler vor einem sadistischen Geschäftsmann (Peter Sarsgaard) und seiner Armee.
Bartholomew Bogue terrorisiert die Einwohner von Rose Creek, weil er es auf ihr Land und die Bodenschätze abgesehen hat. Die friedfertigen Farmer engagieren verängstigt eine Handvoll Haudegen mit eher zweifelhaftem Ruf: Neben Chisholm bestehen die glorreichen Sieben aus einem Spieler (Chris Pratt), einem Scharfschützen mit Bürgerkriegstrauma (Ethan Hawke), einem alten Fallensteller und Fährtenleser (Vincent D'Onofrio), einem asiatischen Auftragskiller (Lee Byung-hun), einem indianischen Krieger (Martin Sensmeier) und einem mexikanischen Outlaw (Manuel Garcia-Rulfo). Damals handelten die glorreichen Sieben aus reiner Abenteuerlust, gepaart mit Idealismus und Unrechtsbewusstsein. Chisholm hat dagegen auch persönliche Gründe für seinen Feldzug gegen Bogue, die hier aber nicht verraten werden sollen.
"Die glorreichen Sieben" von 1960 wurde aus verschiedenen Gründen ein Klassiker. Da ist zum einen die Besetzung aus coolen Newcomern wie Steve McQueen, James Coburn und Charles Bronson, quasi eine Art Wachablösung von John Wayne & Co. Dann das heutzutage gängige, aber damals neue Konzept, eine bunte Truppe unterschiedlichster Haudegen zu rekrutieren, die sich für einen gemeinsamen Auftrag zusammenraufen müssen. Nicht zu vergessen die unsterbliche Titelmelodie von Elmer Bernstein, die später für Marlboro-Werbespots verwendet wurde. Zu guter Letzt war Sturges' moderner und frischer Western einer der letzten Höhepunkte eines siechenden Genres, das wenige Jahre später vom desillusionierenden Italowestern vollends zerschossen wurde.
Klassiker reloaded
Wie soll, wie kann ein Remake da überhaupt mithalten? Antoine Fuqua beschwört einfach den alten Geist des Western, als Helden noch strahlend und nicht gebrochen waren. Auch wenn sie alle ihre Macken haben, er setzt auf das Charisma und den Heldenmut seiner Figuren. Vor allem Denzel Washington und Chris Pratt dürfen glänzen, die grob gesehen in die Fußstapfen von Yul Brynner und Steve McQueen treten.
Der Rest ist ethnisch korrekt und ausgewogen besetzt. Im Original gab's nur einen Mexikaner in der Gang, und der wurde ausgerechnet von dem deutschen Horst Buchholz gespielt. Aber vor allem verlässt sich der "The Equalizer"-Regisseur auf das, was er am besten kann: Action, Action, Action.
Allein der Showdown dauert über eine halbe Stunde, in deren Verlauf so einige Glorreiche einen (manchmal arg übertrieben) heroischen Tod sterben. Sprengfallen, Hinterhalte, Explosionen, Sperrfeuer, es herrscht regelrecht Krieg in Rose Creek, der Ort gleicht einem Schlachtfeld. Testosteron pur eben - selbst die einzig nennenswerte Frauenrolle, eine Witwe aus Rose Creek (Hayley Bennett), zeichnet sich dadurch aus, dass nur sie im Dorf die "nötigen Eier" hat (wie es im Film heißt), um überhaupt auf die Idee zu kommen, dass man sich gegen Unterdrückung auch wehren kann. Die Männer des Ortes kuschen lieber.
Fuqua singt ein strahlendes, am Ende sehr pathetisches Heldenlied, wo im Original nach erfolgreicher Verteidigung Ernüchterung herrschte: Der Lebensstil eines Glücksritters und Revolverhelden kennt nur Verlierer, heißt es da. In Antoine Fuquas Neuinterpretation wird bereitwillig für die gute Sache gestorben. Die USA möchten endlich wieder so stark sein wie zu John Waynes Ära.
Fazit: Raubeiniges Männerkino mit einigen Längen. Ein klassischer Western, der Zusammenhalt in schweren Zeiten beschwört. Klasse Action, kernige Kerle, aber originell sind "Die glorreichen Sieben" nicht.