Reba McEntire - Stronger Than the Truth

Dieses Statment zu ihrem neuen Album veröffentlichte Reba McEntire im September 2018. Ein Post auf Instagram, der sie im Studio zeigte. "Real Country" wolle sie aufnehmen. Musik, mit der sie aufgewachsen ist. Bei der Songauswahl für ihr 33. Studioalbum habe sie den Kopf weitgehend ausgeschaltet, um auf andere Organe zu hören: "Ich wollte Songs aufnehmen, die mein Herz berühren. Und wenn ihr mich dieses Songs singen hört, hoffe ich, dass ich Eure Herzen ebenfalls berühre." Ein hoher Anspruch, keine Frage. Aber Leute, wir haben es hier auch mit Miss McEntire zu tun. Für nicht wenige, seit mehreren Jahrzehnten die Königin im Country-Reich.

Für ihr Vorhaben schuf sie allemal perfekte Voraussetzungen. Mit Buddy Cannon (Willie Nelson, Kenny Chesney) engagierte sie den geeigneten Produzenten und mit den Blackbird Studios buchte sie eine, wenn nicht DIE Top-Adresse in Nashville, wenn es um authentische Recordings geht. Dass sich die 64-Jährige für das neue Songdutzend mit den talentiertesten Songwritern und Musikern umgab, versteht sich von selbst.

"Stronger Than the Truth" - Country im Retro-Design

Es ist also angerichtet. Und "Swing All Night Long With You", der Opener des Song-Reigens, macht gleich mal klar, dass hier eine großartige Reba McEntire zu hören sein wird: vier Minuten, 40 Sekunden astreiner Texas-Swing; inklusive mitreißender Fiddle-, Pedal-Steel- und Gitarren-Soli. Das vielleicht aus der Mode gekommene, von den Autoren Sidney Cox und Jon Randall entworfene Sound-Kostüm steht dem rothaarigen Temperamentbündel natürlich ausgezeichnet – und macht Lust auf Mehr.

Ganz im Retro-Design sind auch die nachfolgenden Tracks angelegt: der sehr ruhige Titeltrack, eine zu Herzen gehende Country-Folk-Ballade mit einigen Lebensweisheiten; der im 80er-Jahre-Stil gehaltene Country-Rocker "Storm In A Shot Glass", das schlaue, traurige, hintergründige und mit wunderbaren Harmonien ausgestattete "Tammy Wynette Kind of Pain" (geschrieben von Brandy Clark, Mark Narmore und Shelley Skidmore) sowie "Cactus in a Coffee Can", eine weitere subtil schimmernde Country-Folk-Perle.

Selten hörte man Reba McEntire besser

Dieses hohe Niveau kann sie, natürlich muss man fast sagen, nicht über die gesamte CD-Distanz retten. Bis sie das finale "You Never Gave Up On Me", eine süße Klavier-Ballade, anstimmt, mogelt sich noch der eine oder andere OK-Song ein. Titel, die keinesfalls schlecht sind. Denen aber das letzte zwingende Element fehlt oder schlicht und einfach etwas überrangiert wurden, wie das zu gewollt wirkende "Freedom" und die um einen Tick mit zu viel Zuckerguss versehene Country-Ballade "In His Mind".

Ein spätes Highlight der CD setzt ein weiterer Texas-Swing: das von Reba gemeinsam mit Donna McSpadden sowie Ronnie Dunn geschriebene "No U in Oklahoma". Wer in den Liner-Notes jetzt nachkucken möchte, ob der gute Ronnie seinen urtypischen Bariton beisteuert, kann sich das sparen: leider nein. Andererseits: der flotte Track bietet erneut alles, was rustikalen – oder sagen wir besser– zeitlosen Country auszeichnet. Ein Sonderlob gebührt hier Gitarrist Brent Mason, der wieder mal ein atemberaubendes Gitarrensolo beisteuert.

Fazit: Mehr Country denn je versprach Reba McEntire für ihr 33. Studio-Album "Stronger Than the Truth". Sie hielt das Versprechen - und liefert das beste Album seit vielen Jahren ab.