Joy Williams mag in unseren Breitengraden noch nicht ganz den Bekanntheitsgrad besitzen, der ihr zustehen würde. In ihrer amerikanischen Heimat ist die 36-jährige aus dem US-Bundesstaat Michigan ein Star. Was man etwa daran erkennen kann, dass sie neben anderen renommierten Auszeichnungen im Laufe ihrer knapp 20jährigen Karriere gleich mit vier Grammys ausgezeichnet wurde.
"Front Porch" ist ein Mix aus Country-, Folk- und Americana
"Front Porch" ist das fünfte Solo-Werk der aparten Brünetten, dazu gesellen sich eine Handvoll EPs, nicht zu vergessen einige Veröffentlichungen, die sie mit ihrem Duett-Partner John Paul White unter dem Bandnamen The Civil Wars veröffentlicht hat. Auch die neue Solo-Produktion kann sich - im besten Sinne - nicht recht entscheiden, ob sie dem Country-, Folk- oder Americana-Genre zugeordnet werden soll. Dadurch hält sich die Platte verschiedene Richtungen offen, ohne sich musikalisch je zu verlieren.
Denn zusammengehalten wird das Gesamtbild von einer kargen Übersichtlichkeit - keine Note zu viel, kein Wort zu wenig, alles höchst fokussiert. Und über allem thront diese ausdrucksstarke, gelegentlich wohlig-schneidende Stimme der Protagonistin. In ihrer Schnörkellosigkeit und Ausdrucksstärke wird der Außenstehende immer mal wieder an Tracy Chapman erinnert.
Apropos "familiär": Ausgangspunkt für die meisten der neuen Songs auf "Front Porch" war die Geburt von Joys zweitem Kind, Tochter Poppy Louise, die am 6. August vergangenen Jahres das Licht der Welt erblickt hat. "Wenn man ein Baby hat", erklärt Williams, "setzt das in den meisten Müttern eine unglaubliche Energie und Kreativität frei. Das Kind raubt dir einerseits Zeit, weil es versorgt werden möchte. Doch wenn es schläft, explodieren Ideen und Emotionen in dir. Jedes deiner Gefühle scheint überhöht zu sein. Davon zehren all die Lieder dieser Platte."
Produziert worden ist "Front Porch" von dem ebenfalls mit einem Grammy dekorierten Matt Ross-Spang, der schon mit Legenden wie John Prinz oder Al Green kooperiert hat und von Kenneth Pattengale, bekannt etwa durch seine Arbeit mit The Milk Carton Kids. "Die beiden Kerle", lacht Joy Williams, "haben das Ding in die richtige, unverkennbare Spur gebracht, wofür ich ihnen sehr dankbar bin."
Obwohl die Sängerin und Sonsgchreiberin seit 15 Jahren nach eigenen Aussagen glücklich mit Nate Yetton verheiratet und Mutter von zwei Kindern ist, zeigt sie in manchen ihrer neuen Stücke auf "Front Piorch" durchaus auch Begehrlichkeit, Tiefgründigkeit. Andererseits gibt es zu Herzen gehende Liebesbekundungen an Gatten wie Nachwuchs gleichermaßen. Und schließlich spielt auch das Bekenntnis zum Christentum keine unwesentliche Rolle. Schließlich entstammt Joy Williams einem tief-gläubigen Elternhaus, früh sang sie im Kirchenchor.
All das sollte man wissen, wenn man sich "Front Porch" zu Gemüte führt, sich die manchmal gar erschreckend intimen, stets berührenden Texte anhört. Labsal für die Seele, ab und an wird die Seele auch erschreckt. Einziger Wermutstropfen dieser Sache: Auf Dauer ist die Atmosphäre etwas zu betulich, die Songs in ihrer melancholischen Grundstimmung ein wenig austauschbar. Aber insgesamt dennoch - ein großer Wurf, gerade in seiner emotionalen Präzision.
Fazit: "Front Porch" ist ein weiterer Klassiker der 4fachen Grammy-Gewinnerin Joy Williams - von erhabener Schlichtheit wie Schönheit. Intoniert von einer ausdrucksstarken Stimme.
Label: Sensibility / Thirty Tigers (Alive) | VÖ: 3. Mai 2019 |
01 | Canary |
02 | Front Porch |
03 | When Does a Heart Move |
04 | All I Need |
05 | The Trouble with Wanting |
06 | No Place Like You |
07 | One and Only |
08 | When Creation Was Young |
09 | Preacher's Daughter |
10 | Hotel St. Cecilia |
11 | Be With You |
12 | Look How Far We've Come |