Wie subtil der mit Gold- und Platin-Alben reichlich behängte Studio-Magier in seinem Job vorgeht, wird auch mit "Tennessee Pusher", dem mittlerweile dritten Album der Jungspunde von der Ostküste deutlich. Es gelingt ihm das Kunststück, die Band einerseits genauso ungehobelt, verwegen und mitreißend erdverbunden klingen zu lassen - und gleichzeitig um eine Nuance ausgefeilter und massenverträglicher. Dennoch ist das Akustik-Quintett um Sänger Kevin Hayes und Multiinstrumentalist Ketch Secor vom Mainstream Nashvilles mehrere Lichtjahre entfernt.
Vor allem gleich mal beim Opener "Alabama High-Test". Den schrägen Songtitel setzen sie mehr als adäquat um: ein robuster, hemdsärmeliger Kneipen-Song mit besoffenen Melodien und wildem Gepolter. Ja, da kommt schon mal Laune auf. In den nächsten zwei Titeln lässt sich dagegen erstmals das Millionen-Seller-erprobte Händchen von Don Was erahnen. "Highway Halo" erinnert mit dezentem Beat - beigesteuert von Drummer-Legende Jim Keltner (u.a. John Lennon) - und einer wundervoll stümperhaft geblasenen Harp an Bob Dylans Nashville-Zeit Mitte der 60er Jahre: eine perfekte Symbiose aus Country, Roots-Musik, Folk und einer Prise Pop.
Wer sich einen verkaterten Neil Young zu "Harvest"-Zeiten vorstellen kann, bekommt eine Vorstellung von "The Greatest Hustler Of All", dem nächsten Track. Wie sehr muss man sich wohl anstrengen, dass ein Titel so unangestrengt klingt? Don Was sollte das nur zu gut wissen - und seine Schützlinge setzen es hier mit Bravour um. Respekt!
Das gilt auch für die weiteren zehn Songs, in denen es fast ausschließlich um Außenseiter und Randerscheinungen der glitzernden Musikmetropole Nashvilles oder Tragödien aus der Provinz von Tennessee geht. Die ausnahmslos in Fiddle-dominierte Roots-Klänge verpackten Kurzgeschichten tragen Namen wie "Motel In Memphis" (garniert mit Orgel-Beilage), "Crazy Eyes" (spröder Folk), "Humdinger" (ein Knaller in jeder Whiskey-Kneipe) oder - tieftraurig, todernst - der Titeltrack "Tennessee Pusher" (herzergreifende Ballade).
Mit dieser CD wird der findige, erfreulich unangepasste Fünfer schon bald noch weitere Freunde aus dem Establishment der Music Row finden. Zumal die Band mittlerweile Stammgast in der Grand Ole Opry ist und bereits mit Dolly Parton und Merle Haggard auf Tour war. Auch wenn Old Crow Medicine Show mit ihrem Vintage-Sound nicht die Zukunft der Countrymusik sein werden, bildet das Ensemble dennoch einen erfrischenden Farbklecks in der meist Ton-in-Ton gefärbten Soundtapete der Stadt.
Fazit: Vintageklänge, aufgeladen mit aktuellen und sozialpolitischen Themen. Protestsongs im Roots-Kleid. Selten klang Altbewährtes aktueller und origineller als bei OCMS.
Label: Nettwerk (Soulfood Music) | VÖ: 26. September 2008 |
Titelliste
Links
01 | Alabama High-Test | 08 | Evening Sun |
02 | Highway Halo | 09 | Mary's Kitchen |
03 | Greatest Hustler of All | 10 | Crazy Eyes |
04 | Methamphetamine | 11 | Tennessee Pusher |
05 | Next Go 'Round | 12 | Lift Him Up |
06 | Humdinger | 13 | Caroline |
07 | Motel in Memphis |