Old Crow Medicine Show - Jubilee

CD Cover: Old Crow Medicine Show - Jubilee

Auf "Jubilee" präsentiert Old Crow Medicine Show erneut fantastischen Country-Folk und Roots-Klänge

Und einmal Kommando zurück! Wir erinnern uns an das letzte, im Jahr 2022 erschienene Album von Old Crow Medicine Show: Auf "Paint This Town" schlug der in Nashville anässige Old Time-Music-, Country- und Folk-Act erstaunlich rockige Töne an - Folk- und Heartland-Rock-Klänge dominierten das Album. Wuchtige Drums und E-Gitarren waren - urplötzlich - neben Banjo, Fiddle, Kontrabass & Co. gleichberechtigte Instrumente. Für den genauso traditionsreichen, wie traditionsbewussten Act war das ein ziemlich krasser musikalischer Schwenk. Da war die Truppe um Ketch Secor auf einmal einem John Mellencamp näher als einem Bob Dylan. War, wohlgemerkt.

Old Crow Medicine Show erinnern sich ihrer Qualitäten

Denn auf "Jubilee", ihrem achten Studio-Album, kassieren Old Crow Medine Show die Kurskorrektur sofort wieder ein. Warum wohl? Vielleicht weil die sieben virtuosen und stimmgewaltigen Herren gemerkt haben, dass der Mainstream doch nicht so ganz ihr Ding ist? Vermutlich aber auch, weil "Paint This Town", verglichen mit den Vorgänger-Alben, ganz schön bescheiden performte: Dem obligaten Platz eins in den Billboard Bluegrass-Charts (hierfür haben sie offenbar ein Abo gelöst) konnte die Band keine weitere Erfolgsmeldung in anderen, dazu relevanteren Bestenlisten verzeichnen. Das will was heißen. Denn seit 2006 landete jede ihrer Veröffentlichungen auf einem vorderen Platz der Country-Charts und einige davon schnitten auch in den Pop-Paraden bestens ab.

So gesehen dürfte die Band das Experiment mit dem druckvolleren Sound-Outfit als gescheitert betrachten - und dass man daraus seine Lehre ziehen sollte. Machen sie auch. Schnell, sorgfältig und konsequent. Denn mit "Jubilee" knüpfen Old Crow Medicine Show genau da an, womit sie sich in der Roots-Gemeinde einen schon fast sagenhaften Namen erspielt haben. Die neuen Songs haben Klasse, bestechen durch tolle Melodien und erlesenem Musiker-Handwerk, sie variieren geschickt Tempo und Stimmung und mit Willie Watson, Sierra Ferrell und Mavis Staples präsentieren sie dazu starke Stargäste. Alles wieder im Lot? Man darf das annehmen.

Für Ketch Secor, PJ George, Mike Harris und Konsorten scheint sich diese Frage ohnehin nicht zu stellen. Wie sonst könnten sie gleich mit dem Opener "Ballad of Jubilee Jones" einen so aufgekratzten Roots- und Folk-Knaller raushauen. Ein flotter Akustik-Track, vollbetankt mit guter Laune und so mancher Fingerfertigkeit an den Instrumenten. Dazu: ein Statement - "Leute, wir sind wieder zurück!" Es ist nach dem eher kurzen Ausflug ins rockorientierte Fach eine Art Homecoming. "Miles Away" singen sie deshalb in nächsten Track, bei dem sie den famosen Willie Watson vor das Mikro holen. Meilenweit sind sie da schon weg von E-Gitarren und harten Beats, wenn sie diese zauberhafte Folk-Melodie vorführen. Ein Schlagzeug gesellt sich zwar zu Fiddle, Banjo und Kontrabass, aber dezent gespielt. Es sorgt für eine rhythmische Orientierung und bleibt zu jeder Note im Hintergrund. Ein Track, der auch Bob Dylan oder The Band gut zu Gesicht stehen würde: Folk-Rock im klassischen Sinne.

"Jubilee": die vielen Facetten der Roots-Music

Dieses Attribut dürfen noch etliche weitere Titel von "Jubilee" für sich in Anspruch nehmen. Beispielsweise "Keel Over and Die", die melancholische Song-Perle "Daughter of the Highlands" oder der tiefgründige, mit herrlichen Harmoniebögen ausgestattete Country-Track "Nameless, Tennessee". In die gleiche Kerbe schlägt auch das nebelige "Allegheny Lullaby", bei dem eine Dobro für eine mystische Stimmung sorgt.

Emotional sind die sieben Roots-Krähen aus Nashville meist aber in Hochstimmung. Das zeigt sich etwa in dem fröhlich-fordernden Folk-Pop-Song "I Want It Now" und - noch mehr - in "Belle Meade Cockfight". Ein Titel, bei dem sie sich die temperamentvolle Sierra Ferrell ins Studio luden, um mit ihr, wer weiß, wer weiß, einen Hit zu landen. Die Chancen dürften dafür gut stehen, denn der Track erinnert mit tanzbarem Groove und supereingängiger Refrain-Melodie glatt an "Cotton Eye Joe".

Wie ausgelassen der Act das Album anging, zeigt sich auch in "Shit Kicked In". Eine Old Time-Nummer mit Revue-Touch und skurrilem, an Stummfilme erinnerndem Pfeifen. Oder in dem wuchtigen Mountain-Music-Song "Wolfman of the Ozarks", bei dem die Musiker ihr Instrumentarium um eine Maultrommel erweitern. Für den Ausklang des Song-Dutzends von "Jubilee" sorgt die schwungvolle Gospel-Nummer "One Drop", bei der sie - vermutlich mit stolzgeschwellter Brust - die dreifache Grammy-Gewinnerin und Blues-, Soul- und Gospel-Legende Mavis Staples als Gaststar präsentieren.

Fazit: U-Turn gelungen: Mit "Jubilee" kehren die Roots-Experten von Old Crow Medicine Show zurück zu ihren Wurzeln und ihren Ausnahme-Qualitäten. Schöner könnte die Band ihren 25. Geburtstag kaum feiern.

Label: ATO / PIAS (roughTrade) VÖ: 8. September 2023
Disk 1
01 The Ballad of Jubilee Jones
02 Miles Away
03 Keel Over and Die
04 Allegheny Lullaby
05 I Want It Now
06 Smoky Mountain Girl
07 Belle Meade Cockfight
08 Shit Kicked in
09 Daughter of the Highlands
10 Wolfman of the Ozarks
11 Nameless, TN
12 One Drop
vgw
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