Bestimmt nicht nur durch sein gewinnendes Äußeres. Josh Turner bringt auch die stimmlichen Voraussetzungen zum unwiderstehlichen Country-Don Juan mit: satt, tief dröhnend, aber auch sanft, voller Gefühl und Wärme - so klingt der neue Frauenversteher aus Nashville. Dabei ist der in dem Provinz-Kaff Hannah aufgewachsene ehemalige Kirchenchor-Sänger noch keine 30 Jahre alt. Das überrascht umso mehr, hört man sich Josh Turners zweites, von Frank Rogers produziertes Album "Your Man" an. Die - nur - elf Songs sind ausnahmslos alle im guten-alten, traditionellen Sound-Fahrwasser verankert. Meher noch: Gegenüber Titel wie "Would You Go With Me", der Opener aus der Feder von Shawn Camp und John Scott Sherrill, und dem herrlich kitschigen "No Rush", geschrieben von Shawn Camp gemeinsam mit Ex-Fleetwood Mac-Gitarrist Billy Burnette und Brice Long, nehmen sich Songs von Neo-Traditionalisten wie Clint Black und Alan Jackson doch glatt richtig progressiv aus.
Bei Josh Turner Klängen wähnt man sich schon nach wenigen Takten in einer Zeit, bevor das Farbfernsehen erfunden und noch mit der Pferdekutsche vor der Tanz-Bar vorgefahren wurde. Hundert Prozent Nostalgie! Das gilt vor allem für die nicht gerade wenigen Balladen: "Your Man" (Chris Stapleton, Chris DuBois, Jace Everett), das von Josh Turner und Mark Narmore komponierte "Gravity" und der unvermeidliche Song über Engel - "Angel Fall Sometimes" -, vom Sänger gemeinsam mit Tony Martin und Mark Nesler geschrieben.
So überzeugend der Beau mit der tiefen Stimme auch Süßholz raspeln kann - er hat, im Gegensatz zu manchen Balladen-Spezialisten - auch die Gute-Laune-Masche überzeugend drauf. "Way Down South", eine Eigenkomposition des Newcomers, beendet die CD mit in Noten gepackten Endorphinen. Und auch "Lord Have Mery On A Country Boy", von Songschreiber-As Bob McDill schnörkellos Josh Turner auf den Leib geschrieben, lässt bereits bis zum ersten Refrain das Stimmungsbaromter nach oben klettern. Noch weiter schlägt der Gut-Drauf-Wert nur noch bei "White Noise" aus - eine Gemeinschaftsproduktion von Josh Turner und dem herrlich nölenden John Anderson: Ein erfrischender Country-Rocker mit einem politisch vielleicht nicht gerade lupenrein korrekten Text ("... white noise, comin' from the wihte boys ..."). Wer nicht zu kritisch hinhört wird sich über ein aufgekratztes Duo und einem inspirierten Gitarrensolo von Brent Rowan freuen.
Wie sehr Josh Turner in seinen provinziellen und religiösen Roots verwurzelt ist, wird auch in einer weiteren Eigenkomposition klar: "Me And God" singt er da, und ein gewisser Dr. Ralph Stanley, ein alter Recke, vielleicht sein früherer Religions-Lehrer?, und Marty Roe, Gene Johnson und Dana Williams von Diamond Rio steuern einen prima Chorgesang bei. Herzig ist das. Und das ist nichtmal zynisch gemeint.
Fazit: "Your Man" ist ein nostalgisches, ausgewogenes, in bester Roots-Tradition angesiedeltes Album des warmstimmigen Sängers. Einziges Manko: nur elf Songs.
Label: MCANashville (Universal) | VÖ: 24. Januar 2006 |
Titelliste
Links
01 | Would You Go With Me | 07 | Angels Fall Sometimes |
02 | Baby's Gone Home To Mama | 08 | Lord Have Mercy On A Country Boy |
03 | No Rush | 09 | Me And God |
04 | Your Man | 10 | Gravity |
05 | Loretta Lynn's Lincoln | 11 | Way Down South |
06 | Pages |