Abgehalftert und selbstverliebt, die Zuverlässigkeit lässt zu wünschen übrig und die größten Erfolge liegen schon eine Weile zurück. Ein Schelm, wer bei dieser Beschreibung an Tom Cruise denkt. Ein cleverer Regisseur, so wie Adam Shankman, der Cruise in seinem neuen Film "Rock of Ages" als leicht in die Jahre gekommenen Rockstar namens Stacee Jaxx besetzt hat - und der Verfilmung des gleichnamigen Broadway-Musicals damit ihre besten Momente geschenkt hat.
Der Sänger der Glam Metal-Band Arsenal ist nur eine von vielen Figuren in dieser Geschichte, in deren Zentrum die junge Provinzschönheit Sherrie steht. Mit dem Traum von einer Musikkarriere kommt sie 1987 nach Los Angeles, wo sie einen Job als Kellnerin im legendären Rock-Club "The Bourbon Room" findet. Schnell verliebt sie sich dort in den Laufburschen Drew (Diego Boneta), der ebenfalls vom großen Durchbruch als Sänger träumt. Derweil haben der Besitzer des Ladens (Alec Baldwin) und sein Manager (Russell Brand) an allerlei Fronten zu kämpfen. Die Finanzen lassen zu wünschen übrig, und Patricia Whitmore (Catherine Zeta-Jones), die konservative Frau des neuen Bürgermeisters, will in ihrem Feldzug gegen den Sittenverfall den Bourbon Room schließen lassen. Ein Auftritt von Stacee Jaxx soll die Rettung bringen. Doch der Megastar erweist sich samt gierigem Manager (Paul Giamatti) und Pavian im Schlepptau als ziemlich unberechenbarer Heilsbringer. Und auch das junge Glück von Sherrie und Drew wird bald auf die Probe gestellt.
Schon die erste Szene von "Rock of Ages", in der Sherrie Richtung Traumfabrik aufbricht und plötzlich der ganze Bus ein Lied anstimmt, macht klar: in diesem Musical wird nicht nur auf der Bühne gesungen - und allzu ernst sollte man die ganze Angelegenheit nicht nehmen. Wobei sich Shankman selbst, der einst als Choreograf begann und als Regisseur selten mehr in seinem Element war als mit der kongenialen Musical-Version von John Waters' "Hairspray", nicht immer konsequent an diese Maxime gehalten hat.
Für jedes Augenzwinkern und jeden gelungenen Gag gibt es einen garantiert unfreiwilligen Lacher; für jede grandiose und pointiert überzeichnete Nebenrolle gibt es eine, auf die man problemlos hätte verzichten können (etwa Mary J. Blige als resolute Strip Club-Betreiberin). Auch auf anderen Ebenen lässt sich eine gewisse Unausgegorenheit nicht verbergen. Der Soundtrack? Nicht jeder der verwendeten Rock-Knaller aus den Achtzigern (unter anderem Joan Jett, Foreigner, Bon Jovi oder Def Leppard) entwickelt auch in einer verpoppt-überzuckerten Musical-Version noch seine mitreißende Wirkung. Und auf der Ebene der Kostüme wähnt man sich mal in einer Eighties-Retro-Hommage, mal in einer Parodie und dann wieder bloß auf einer drittklassigen Motto-Party.
Ohne Frage kann man sich trotz all solcher Einwände gut amüsieren in "Rock of Ages", auch wenn Shankman - bei allem Schwung - nie die Klasse von "Hairspray" erreicht. Spielfreudige und angstfrei alberne Nebendarsteller wie Baldwin, Giamatti und eben nicht zuletzt Cruise tun dazu ihr übriges. Ausgerechnet die Hauptdarsteller bleiben neben ihnen allerdings blass. Julianne Hough, deren zweites Country-Album wohl auch deswegen auf sich warten lässt, weil sie nun nach "Burlesque" und Footloose" schon in ihrer dritten Kinorolle zu sehen ist, singt zwar fast so hübsch wie sie aussieht. Im Rock- und Metal-Milieu wird sie allerdings selbst nach den Maßstäben dieses Musicals nicht allzu glaubhaft. Und mit dem austauschbaren Milchbübchen Boneta, der ihr in Sachen Charisma und Leinwandpräsenz noch um einiges nachsteht, will leider so gut wie keine Chemie aufkommen.
Fazit: Schwung, Witz und eine ganze Reihe Rock-Ohrwürmer aus den Achtzigern sind in Adam Shankmans Broadway-Adaption die halbe Miete, blendend aufgelegte Nebendarsteller wie Tom Cruise, Catherine Zeta-Jones und Alec Baldwin die ganze. Aber weil Julianne Hough und ihr mexikanischer Kollege Diego Boneta in den Hauptrollen daneben blass bleiben, gibt's Punktabzug.