"Der elektrische Reiter" ist ein Neo-Western mit Öko-Botschaft und romantischer Love-Story
Mit bunten Lämpchen behängt macht der abgehalfterte Rodeo-Star Sonny Steele Werbung für eine Cornflakes-Marke- bis zu dem Tag, als er das millionenschwere, geschundene Pferd seines Sponsors entführt, um ihm die Freiheit und sich selbst seine Würde zurückzugeben. Die Medien reißen sich um den Cowboy auf der Flucht, besonders die gewiefte Reporterin Hallie. In dem romantischen Abenteuer mit Robert Redford und Jane Fonda gibt Willie Nelson sein Kinodebüt als Schauspieler und versorgt den Soundtrack darüber hinaus mit passenden Country-Balladen.
Lange bevor es in Hollywood hip wurde, engagierte sich der linksliberale Robert Redford für den Umweltschutz. Kein Freund des grellen Showbiz, verschwand der Naturbursche lieber in seiner Wahlheimat Utah. Dort entstand auch "Der elektrische Reiter", der von einem ganz ähnlichen Konflikt handelt: Sonny Steele ist eine Witzfigur. Der einstige preisgekrönte Rodeo-Champion reitet, mit bunten Lichterketten behängt wie ein Weihnachtsbaum, als Cornflakes-Cowboy für die Produkte eines millardenschweren Konzerns - wenn er nicht besoffen vom Pferd fällt. Eine würdelose, aber immer noch einträgliche Existenz. Die Kohle stimmt, weiß sein Freund Wendell (Willie Nelson). Als Sonny bei einer absurden PR-Show seines Sponsors in Las Vegas feststellt, dass dessen symbolträchtiges Rennpferd "Rising Star" mit Steroiden vollgepumpt ist und misshandelt wird, reicht's ihm. Er schmeißt die Veranstaltung und flüchtet mit dem Pferd über den Sunset Strip in die Wüste. Die durchtriebene Reporterin Hallie wittert die Story ihres Lebens und heftet sich an die Sporen des rebellischen Cowboys, während Konzernchef Sears (John Saxon) alles aufbietet, um den millionenschweren Prestige-Gaul zurück zu bekommen…
Bei aller Kritik an profitgeilen Großkonzernen, hohlen Werbewelten und skrupellosen Medien ist "Der elektrische Reiter" vor allem eine Liebeskomödie im Stil alter Spencer-Tracy-Katharine-Hepburn-Filme. Der Cowboy und die Lady - klassisches Hollywood-Terrain. Anfangs zicken sie sich noch an. Sonny will die penetrante Journalistin loswerden; Hallie versucht, ihr Kamerateam zu Sonnys geheimem Zielort zu lotsen. Doch je länger sie mit "Rising Star" durch die zerklüftete Landschaft Utahs wandern, umso näher kommen sie sich. Wenn Sonny der hartnäckigen Hallie die Schönheit der Natur erklärt, und dass deshalb "America the Beautiful" die eigentliche Nationalhymne sein müsste, schmilzt sie schließlich dahin. Sie sieht nicht nur Sonny, sondern gleich die ganze Welt mit anderen Augen. Das mag kitschig klingen, kontrastiert jedoch auf wunderbare Weise die wuseligen, grandios fotografierten Las-Vegas-Bilder. Aber nicht nur optisch ist der Film sehr gelungen. Willie Nelsons Songs, darunter "Midnight Rider" und "Mama, Don't Let Your Babies Grow Up to Be Cowboys", deren Melodien immer wieder im Score variiert werden, tragen viel zu der Atmosphäre des Films bei. Ganz abgesehen davon überzeugt Nelson im verwucherten Outlaw-Look auch als Schauspieler.
Regisseur Sydney Pollack ("Tootsie", 1982), der 2008 starb, drehte insgesamt siebenmal mit Robert Redford, darunter den Western "Jeremiah Johnson" (1972) und den Oscar-Hit "Jenseits von Afrika" (1985). Jane Fonda inszenierte Pollack in dem Drama "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss" (1969). Hier führt er beide zusammen zu einem liebenswerten und witzigen Paar, für das das Glück dieser Erde auf dem Rücken der Pferde liegt. Eine rührenden Utopie, die von einer besseren Welt erzählt, nach der man nur suchen muss.
Fazit: Sehr unterhaltsamer Neo-Western mit Öko-Botschaft und romantischer Love-Story. "Der elektrische Reiter" gewinnt im Galopp die Herzen der Zuschauer.