Dafür engagierte er viele Stars jener Zeit. Neben Kinolegenden wie Geraldine Chaplin ("Doktor Schiwago"), Scott Glenn ("Urban Cowboy"), Keith Carradine ("Long Riders") oder Lily Tomlin ("Warum eigentlich...bringen wir den Chef nicht um?") besetzte Robert Altman erstmals Country-Sängerin Ronee Blakley, deren Rolle an das Schicksal ihrer Kollegin Loretta Lynn angelehnt wurde. Nebenbei teilte der Altmeister tüchtig Kritik an dem American Way of Life aus, Für den neben Los Angeles und Las Vegas auch Nashville zum Symbol geworden ist.
Ein Blick zurück in die Siebzigerjahre
Im Entstehungsjahr 1975 war das amerikanische Volk durch Vietnamkrieg und Watergate-Affäre desillusioniert. Gleichzeitig stehen die Vorbereitungen für eine Feier zur Gründung der USA vor 200 Jahren an. In Nashville kann das nur ein großes Konzert bedeuten, bei dem auch die Country-Stars Haven Hamilton (Henry Gibson) und Barbara Jean (Ronee Blakley) auftreten sollen.
Sueleen Gay (Gwen Welles) träumt ebenfalls von einer großen Sängerkarriere, aber es fehlt ihr an Talent. Sie ist aber nicht die einzige, die in den Clubs und Bars ein Stück vom großen Kuchen abhaben will. Überall trifft man sich, um zu musizieren oder der Musik zu lauschen.
Eine ausgelassene Stimmung herrscht, die genutzt wird, um für einen konservativen Präsidentschaftskandidaten zu werben. Im Hintergrund beobachtet die BBC-Reporterin Opal (Geraldine Chaplin) das bunte Treiben. Während eines Open-Air-Konzerts kommt es schließlich zu einem Zwischenfall, als ein Zuschauer seine Waffe zieht und auf Barbara Jean zielt. Auch das ist Amerika.
"Nashville" - Ein Abgesang auf die konventionellen Werte Amerikas
Das Filmplakat zeigt 24 Personen, die in zwei Stunden und 40 Minuten gleichberechtigt in Szene gesetzt werden. Gleichzeitig laufen ihre Geschichten fast beiläufig ab, denn stets dominiert die Musik zwischen Country, Folk und Gospel. Eine stringente Handlung kommt somit nicht zustande. Robert Altman verleiht seinem Film vielmehr einen dokumentarischen Touch, ein Stil, den er später mit ähnlich gelagerten Episodenfilmen wie "Short Cuts" und "The Player" noch verfeinern sollte.
Auf dem ersten Blick wirkt "Nashville" ziemlich kantig und unnahbar. Eine emotionale Bindung zu den Charakteren will nicht entstehen, die Zuschauer bleiben reine Beobachter. Erst auf dem zweiten Blick offenbart sich, welche gesellschaftspolitischen Themenfelder hier beackert werden. Oft wirkt der Film wie ein Abgesang auf die konventionellen Werte Amerikas. Mit satirischem Feingefühl wird Konsumsucht ebenso angeprangert wie der Kommerz selbst. Alles ist auf Erfolg und Profit ausgelegt, Musik nur ein Geschäft.
Wie aktuell "Nashville" auch noch 45 Jahre danach ist, verdichtet sich, wenn das Recht auf Tragen einer Waffe diskutiert wird oder üble Wahlkampfmachenschaften in Frage gestellt werden. Letztendlich verleiht es dem Film jedoch einen bitteren Nachgeschmack, der sich auch mit wohliger Country Musik nicht abklingen lässt.
Filmstars, die ihre eigenen Songs singen
Mit dem US-Start am 11. Juni 1975 erschien auch der Soundtrack, der 13 Songs beinhaltete. Als einzige Musiker sind Ronee Blakely und Henry Gibson mit jeweils drei Songs auf dem Album vertreten. Keith Carradine, der im Film einen Sänger namens Frank verkörpert, gewann für sein selbstgeschriebenes Lied "I'm Easy" neben den Golden Globe sogar den Oscar in der Kategorie "Bester Originalsong". Karen Black (†77) und Barbara Harris (†83) standen ein Jahr später für Alfred Hitchcocks letzten Thriller "Familiengrab" erneut gemeinsam vor der Kamera. Auch sie ließen es sich nicht nehmen, selbst vors Mikrophon zu treten. Obwohl der Soundtrack 2015 neu aufgelegt wurde, ist er auf Vinyl und CD längst wieder vergriffen. Ein rares Kultalbum, das jede Country Music-Sammlung schmücken dürfte.
Fazit: Den heutigen Sehgewohnheiten wird "Nashville" wohl nicht mehr gerecht werden. Robert Altmans Klassiker braucht Aufmerksamkeit und vielleicht sogar mehrere Anläufe, um sich musikalisch und thematisch voll entfalten zu können.