Fest steht, dass der Ex-Lonestar-Sänger John Rich und der zunächst als Solo-Künstler agierende Big Kenny einen Nerv trafen, als sie sich 2004 zur gemeinsamen Sache entschlossen. Sie waren: schräger, kreativer, unangepasster, kesser und musikalisch weitaus wagemutiger, als der Rest Nashvilles. Ihr Debüt-Album hieß nicht umsonst "Horse of a Different Color", weil die CD im Sturm die Charts eroberte und satte vier Hit-Singles abwarf, galten Big & Rich sofort als Trendsetter. Alles was Rang und Namen in der Music City USA hatte, wollte mit den beiden zusammenarbeiten.
Nun, der Hype ist freilich längst etwas abgeflacht. Ihren Status als liebenswerte Sonderlinge haben sie sich aber bewahren können - und sie polieren ihn mit ihrem neuen Werk "Did It For The Party" wieder mal auf Hochglanz auf. Mit einem eigentlich recht simplen Rezept: Sie machen aus der CD eine Song-Wundertüte. Alles ist irgendwie erlaubt. Tabus oder gar Berührungsängste kennen die zwei sowieso nicht. Gut so. Denn die zwei kreativ Hochbegabten brauchen alle künstlerischen Freiheiten, um sich auch ordentlich entfalten zu können. Das Ergebnis ist: ja, durchaus, eine Wundertüte.
Kein schlechter Mix auf Did It For The Party
Aus der huscht als Opener die erste Single "California". Tracy Lawrence habe John Rich, als die beiden mal auf ein Bierchen waren, angeblich erzählt, dass er den Song irgendwie nostalgisch finde. Rich sieht das genau so. Er meint, dass der Song gleichermaßen vom 80er Jahren Country, als auch vom Eagles-typischen West-Coast-Sound angefeuert wird. Keine schlechte Mixtur. Und damit auch alles andere als ein schlechter Song. So ähnlich geht es mit dem nachfolgenden Titeltrack weiter: guter, harmonisch gefälliger Country-Rock. Nicht weltbewegend, aber angenehm, mit schönen Harmony-Vocals und rasanten Gitarren-Riffs. Prima, Männer, der Auftakt ist auf alle Fälle gelungen.
Dass es in diesem Outfit so nicht weitergehen wird, deutet schon mal der Titel des dritten Titels "Congretulations (You're A Rockstar)" an. Tatsächlich ziehen die zwei Country-Strolche hier so einige Rock-Register - harte Riffs, wuchtige Beats, Sprechgesang (Rap ist das trotzdem nicht), Bläsersätze und ein hypnotisch wiederholtes "Rockstar" pusten gefühlvolles Country-Feeling rabiat aus den Lautsprecherboxen. Wundertüte #4 heißt "Turns Me On" und bietet wuchtigen, pathetischen Opern-Rock, wie man ihn von Meat Loaf kennt. Kann man mögen, muss man nicht mögen.
Mehr in die West-Coast-Richtung tendieren Big & Rich gegen Mitte der CD. "Smoke In Her Eyes", das mit akustischen Gitarren eingeleitete "No Sleep" und das auf einem sehr starken Gitarren-Riff basierende "We Came to Rawk" lassen erneut an die Eagles, an die Doobie Brothers oder an Jackson Brown denken.
Doch die CD hält noch weitere Aha-Erlebnisse mehr bereit. Zum Beispiel den programmatisch gemeinten Knaller-Track "Funk In The Country" - ein tanzbarer Genre-Zwitter von erlesener Güte. Gegen Ende der CD werden die zwei Spaßvögel tatsächlich richtig Ernst. Mit dem nachdenklichen, reichlich salbungsvollen aber auch harmonisch fein gestrickten Country-Gospel "Freedom Road" und dem vielleicht kitschigen, sicher aber wunderschönen Rührstück "My Son", von und mit John Rich. Für Gänsehaut-Momente sorgen im Refrain die Engelsstimmen der Familien-Combo The Isaacs.
Fazit: "Did It For The Party" ist eine Wundertüte mit vielen Überraschungen, viele davon sind höchst positiv. Big & Rich gelingt es, sich einerseits treu zu bleiben und sich andererseits weiter zu entwickeln.
Label: Big & Rich / Thirty Tigers (Alive) | VÖ: 29. September 2017 |
01 | California |
02 | Did It for the Party |
03 | Congratulations (You're a Rockstar) |
04 | Turns Me On |
05 | Wake up Wanting You |
06 | Smoke in Her Eyes |
07 | No Sleep |
08 | We Came to Rawk |
09 | Funk in the Country |
10 | The Long Way Home |
11 | Freedom Road |
12 | My Son |
13 | Lie, Cheat or Steal |
14 | Grave |