Um es direkt vor weg zu nehmen: Ja, ist er. Schon das erste Album bestach mit einer gekonnten Mischung aus Country und Rock. Und in Songs wie "Right In the Middle" verknüpfte er sogar Elemente des Hip-Hop und Nu-Metal mit Country. Das soll ihm mal einer nachmachen! Sein zweites Album "Everybody" geht zwar musikalisch nicht ganz so ungewöhnliche Wege, festigt aber den Ruf seiner Musik als "Zukunft des Country", wie es eine amerikanische Country-Seite titelte.
Everybody ist frech und frisch
Mit seinem ersten Album "Buy Me a Boat" setzte Chris Janson direkt eine Duftmarke, die wohl nicht jedem gefallen dürfte, aber definitiv frischen Wind ins Genre brachte. Sein rotziger Redneck-Sound dürfte nicht jedermanns Sache sein. Allerdings waren die Lieder allesamt stimmig und überzeugten mit eingängigen Melodien.
Auch "Everybody" kann dahingehend punkten. Es beinhaltet alles, was ein gutes Album benötigt. Ob fetzige Rock-Country-Songs, bei denen man einfach auf die Tanzfläche will, über Lieder, bei denen man mit dem Kopf nickt und die sich perfekt für unterwegs eignen, bis hin zu zartschmelzenden Balladen, die einem ans Herz gehen. Auf Chris Jansons neusten Album ist alles vertreten. Dabei ist nicht nur die Qualität der Lieder hervorragend, sondern sie klingen auch allesamt frisch und neu.
Was geht da ab?
Wirklich auffahren kann das Album aber erst durch die absolut abgefahrenen Texte. Sie zeugen von Selbstsicherheit, aber auch Selbstironie und einem Augenzwinkern. Was soll man auch bitte von einem Lied halten, welches "Who’s Your Farmer" heißt? Und wer nach "Redneck Life" immer noch nicht vor Lachen eine Träne wegwischen muss, ist bei diesem Album wohl falsch. Das Besondere ist, dass man zu jederzeit spürt, dass Chris Janson die Branche nicht nur auf Schippe nimmt, sondern sich auch vor ihr verneigt. Ganz groß!
Dazwischen haben manche Lieder ziemlich ernste Texte, wie zum Beispiel das namensgebende "Everybody", welche aber fast immer durch fröhliche Melodien konterkariert werden. Und wenn hier gerade von konterkarieren die Rede ist, muss auch auf das letzte Lied des Albums, "Drunk Girl", hingewiesen werden, bei dem der 31-Jährige Janson in herzzerreißender Art den Umstand besingt, dass ein richtiger Mann die betrunkene Frau gefälligst nach Hause zu bringen hat. Und nicht mehr!
Dazwischen bekannte Klänge
Als hätte Chris Janson erkannt, dass er so viel Verrücktheit niemandem dauerhaft zumuten kann, sind zwischen all den durchgeknallten Songs auch wohlfeilende Lieder. In "Eyes for Nobody" besingt er die große Liebe und in "Bein‘ a Dad" verarbeitet er seine Erfahrungen als Vater. Das ist alles durchaus gelungen, erdet das Album und verhindert so ein Abrutschen ins Alberne. "Everybody" ist dadurch eben kein Quatsch-Album, sondern ernstzunehmende Country Music.
Der Sound ist durchgehend rockig und rau. Auch wenn Rock nie vorherrscht, der Country niemals verheimlicht wird und auch andere Elemente - wie beispielsweise eine Big Band in "Little Bit of Both" - in die Lieder von "Everybody" Einzug halten; wer nicht auf knarzige Gitarrenriffs und schrabbelige Soli steht, wird mit dem Album nicht glücklich. Trotzdem, oder gerade deswegen, ist "Everybody" ein Highlight des Jahres. Vielleicht ist Chris Janson nicht die Zukunft des Country, er holt aber definitiv neue Ideen aus einem altbekannten Genre.
Fazit: Mit "Everybody" hat Chris Janson erneut ein verrücktes und frisches Album hingelegt. Das wird nicht jedem gefallen, will es aber auch nicht.
Label: Warner Bros. Nashville (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 22. September 2017 |
01 | Who's Your Farmer |
02 | Everybody |
03 | Name On It |
04 | Eyes for Nobody |
05 | Fix a Drink |
06 | Out There |
07 | Little Bit of Both |
08 | Our World |
09 | Bein' a Dad |
10 | When You Like Me |
11 | Redneck Life |
12 | Drunk Girl |