Bevor es um die musikalischen Neuerungen geht, vorab die Fakten zum Album. "Jekyll + Hyde" wurde von Jay Joyce produziert, der unter anderem auch für Eric Churchs "The Outsiders" verantwortlich ist. Die 16 Songs stellen nun das Ergebnis der ersten Zusammenarbeit zwischen der Zac Brown Band und dem Produzenten dar, der vorerst Keith Stegall abgelöst hat. "Jekyll + Hyde" ist zudem die erste Veröffentlichung auf dem Label Joint Venture bestehend aus dem eigenen Label von Zac Brown (Southern Ground) und John Varvatos Records / Big Machine Label Group / Republic Records (hier im Vertrieb von Universal Music).
Der frische Wind im Studio hat sich auf offenbar auf die gesamte Produktion ausgewirkt, die einige größere Überraschungen beinhaltet. Da ist auf der einen Seite die erste Single "Homegrown”, eine solide sowie sympathisch-eingängige Liebeserklärung an die einfachen Dinge des Lebens. Ein typischer Ohrwurm der Zac Brown Band, der folgerichtig bereits im vorderen Bereich der Country Singles Charts angekommen ist. So weit so gut, doch die Zac Brown Band richtet sich nicht mehr primär an die klassische Country-Kundschaft. Das beweist die zweite Single "Heavy Is The Head”, die sich eindeutig an Rock-Fans wendet. Stimmgewaltige Unterstützung gibt es dabei vom Grunge-Rock Ikone Chris Cornell. Ein Song als lautes und gitarrengeladenes Geschoss, der Freunden gediegener Country-Sounds wie ein Erdbeben vorkommen muss. Dazu entpuppt sich auch Zac Brown teils als waschechter Schreihals und bietet Gesangseinlagen, die man ihm kaum zugetraut hätte.
Der Überraschungsfaktor von "Jekyll + Hyde" ist damit jedoch noch längst nicht ausgereizt. Denn bevor sich das vierminütige Rockmonster in Bewegung setzt, gibt es mit dem fünften Track des Albums ebenfalls unerwartetes, nämlich Big Band-Klänge. "Mango Tree" führt statt in die Rock-Arena elegant ein paar Jahrzehnte zurück und in ein gepflegtes Ambiente, in dem man lieber Longdrinks als Bier bestellt. Auch im swingenden Gefilden hat sich Zac Brown mit Sara Bareilles wieder eine adäquate Verstärkung dazu geholt. Eine interessante Nummer, die mit ihrem konsequent durchgezogenen Antik-Touch schon wieder irgendwie cool ist.
Neu ist auch die Nutzung von tanzbaren Beats zur Untermalung der Songs. Diese bestimmen bei "Tomorrow Never Comes" und dem Opener "Beautiful Drug" auch das Tempo. Beide Titel passen am ehesten in die Pop-Charts, und werden es trotz ihrer eingängigen Refrains bei Country-Traditionalisten nicht einfach haben. Von "Tomorrow Never Comes" gibt es zum Abschluss der CD noch eine akustische Version, die bei der bisherigen Stammkundschaft der Band sicher besser ankommen wird.
Diese Zielgruppe wird sich auch über "Castaway" freuen, mit der der Formation nach "Toes", "Island Song" oder "Jump Right In" ein weiterer sehr entspannter Song mit reichlich Urlaubs-Feeling gelungen ist. Im krassen Gegensatz dazu steht "Dress Blues". Das Lied stellt eine ergreifende Hommage an Militärangehörige dar, die ihre Lieben durch den Krieg verloren haben. Die Geschichte von Americana-Songwriter Jason Isbell handelt von einem Soldaten, der eingezogen wird, bevor sein Kind zur Welt kommt. Seinen Nachwuchs wird er nicht mehr kennenlernen, weil nicht lebendig zurückkehren wird. Ein beeindruckender Song, zu dem neben Jimmy de Martini an der Violine auch Sängerin Jewel ihren Teil beitragen.
Fazit: Mutig und eigenständig: Zac Brown und seine siebenköpfige Band machen nicht nur da weiter, wo sie sich bereits auskennen, sondern erproben sich in neuen Bereichen. Dabei haben sie mehr Facetten ihrer Musik entdeckt als je zuvor und leben diese mit viel Enthusiasmus aus. Das trifft nicht jeden Geschmack, ist aber dafür alles andere als langweilig und vorhersehbar.
Label: Southern Ground / John Varvatos / Republic Nashville (Universal) | VÖ: 28. April 2015 |
Titelliste
01 | Beautiful Drug | 09 | Tomorrow Never Comes |
02 | Loving You Easy | 10 | One Day |
03 | Remedy | 11 | Dress Blues |
04 | Homegrown | 12 | Young And Wild |
05 | Mango Tree (mit Sara Bareilles) | 13 | Junkyard |
06 | Heavy Is The Head (mit Chris Cornell) | 14 | I'll Be Your Man (Song for a Daughter) |
07 | Bittersweet | 15 | Wildfire |
08 | Castaway | 16 | Tomorrow Never Comes (Acoustic Version) |