Und natürlich werden ihm wieder viele kritische Country-Freunde vorwerfen, dass er das alles ja gar nicht ernst nimmt. Dass er die Klischees überzeichnet. Dass er das Genre parodiert. Und dass seine Hüte immer noch zu groß, seine Hosen immer noch zu eng sind. Keine Frage, mit "3 Pears" liefert er seinen Kritikern erneut ein Dutzend Song-Steilvorlagen, um alle Vorurteile zu bestätigen. Im Umkehrschluss heißt das aber: alle Yoakam-Fans werden mit dieser CD bestens bedient.
Wobei schon ein Blick aufs Cover für eine Überraschung sorgt. Denn den Namen "Pete Anderson" sucht man vergebens. Immerhin machte Anderson viele Jahren mit seiner Produktions- und Gitarrenkunst einen guten Teil des typischen Yoakam-Sounds aus. Ersetzt haben ihn zum einen Yoakam als Produzent und Gitarrist selbst. Zum anderen steuert sein Tourgitarrist Eddie Perez die meisten Lead-Gitarrenparts bei. Und? Ist ein Qualitätsunterschied auszumachen? Keine Spur! Obwohl Anderson mit markanten Riffs immer für musikalische Glanzlichter sorgte, macht sich sein Fehlen nicht bemerkbar.
Das liegt auch daran, dass neben Perez auch weitere Tourband-Musiker wie Drummer Mitch Marine im Studio mitwirkten. Sie belegen nicht nur präzises Spiel, sie sorgen auch für ein homogenes, entspanntes Klangumfeld, in dem der smarte Sänger hörbar aufblüht. Außerdem wagte Yoakam ein paar Experimente. So vertraute er die Produktion bei dem rockig-rotzigen "A Heart Like Mine" und dem mit schöner Akustikgitarre und nicht weniger bezaubernden Melodien ausgestatteten "Missing Heart" dem einstigen Pop-Star Beck. Den flotten Opener schrieb er gemeinsam mit einem gewissen Robert Richie, besser als Kid Rock bekannt.
Dennoch knüpft der 56-Jährige aus Kentucky mit "3 Pears" an sein Meisterwerk "Gone" an. Hier wie da präsentiert er eine lässige, süffige, nicht selten augenzwinkernde Mixtur aus Roots-Country und rebellischer Rock-Attitüde, garniert mit Tex-Mex-, Balladen- und sogar Beat-Akzenten. Letzteres muss einen nicht wundern. Denn nach eigener Angabe ließ er sich für den Titeltrack von einer Beatles-Doku inspirieren: Swinging London in Nashville!
Glanzlichter der rundherum gelungenen CD setzen jedoch das schmissige, mit Bläsersection und R&B-Elementen aufgeladene "It's Never Alright", die nostalgische, in bester Buck Owens-Manier vorgetragene Ballade "Trying" und die Coverversion des Flying-Burrito-Brothers-Hits "Dim Lights, Thick Smoke".
Fazit: Glückwunsch! Volltreffer! Nach siebenjähriger Abstinenz gelingt dem smarten Sänger ein prächtiges Comeback.
Label: Warner Bros. Nashville (in Deutschland nicht veröffentlicht) | VÖ: 18. September 2012 |
Titelliste
01 | Take Hold of My Hand | 07 | A Heart Like Mine |
02 | Waterfall | 08 | Long Way to Go |
03 | Dim Lights, Thick Smoke | 09 | Missing Heart |
04 | Trying | 10 | 3 Pears |
05 | Nothing But Love | 11 | Rock It All Away |
06 | It's Never Alright | 12 | Long Way to Go (Reprise) |