Meine Güte. Kaum eine andere Sängerin hat im heutigen Nashville mehr Country in ihrer DNA, als die 1986 in Knoxville geborene Ashley Lauren Monroe. Nicht nur, weil sie aus Tennessee, dem Country-Staat schlechthin, stammt. Sondern weil sie bereits in jungen Jahren Genre-Größen wie Vince Gill, Sara Evans, Miranda Lambert, Jason Aldean und Carrie Underwood mit ihren Songs versorgte. Seit ihrer 2006 erschienenen Debüt-Single "Satisfied" und dem anschließenden Duett "I Don't Want To" mit Brooks & Dunn kannte Ashley Monroe eigentlich nur eine Karriere-Richtung: nach oben. Mal moderat (ihr Debüt-Album "Like a Rose" landete auf Platz zehn der Country-Charts), mal ging es ziemlich steil aufwärts (z.B. Kult-Duett "You Ain't Dolly (And You Ain't Porter" mit Blake Shelton). Top auch ihr Grammy-nominiertes All-Star-Projekt "Pistol Annies" mit Miranda Lambert und Angaleena Presley. Kurzum: mehr Country geht eigentlich kaum. Und dann das...
Ashely Monroe wagt auf "Rosegold" einen krassen Stilwechsel
Okay, ihr letztes, 2018 erschienenes Album "Sparrow" blieb hinter den Erwartungen zurück. Nur ein 21. Platz in der Country-Bestenliste und - das war erst recht enttäuschend - ein kläglicher 157. Rang in den US-Top-200-Charts brachten Ashley Monroe vielleicht zum Nachdenken. Zum Grübeln, zum Hinterfragen. Vielleicht auch dazu, es mal mit einer anderen Musikform zu versuchen. Warum auch nicht? Es ist legitim. Und Ashley Monroe ist weder die erste noch wird sie die letzte sein, die ihre Cowboy-Boots gegen Pop-High Heels eintauscht. Trotz alledem ist "Rosegold" eine Überraschung. Denn man durfte mit vielem rechnen - nicht aber mit der Art von Klängen, mit denen die blonde Sängerin jetzt ihre Fangemeinde überrascht.
Ein bisschen skeptisch konnte man aber schon sein, bevor man auch nur einen Takt der zehn neuen Tracks gehört hat. "Rosegold" heißt immerhin die CD. Das klingt nach, nun nach was? Jedenfalls nicht nach Pickups, kaltem Bier, Line-Dance oder Highway. Also irgendwie auch nicht nach Country. Wer sich noch an die geheimnisvolle Pop-Fee namens Goldfrapp erinnern kann, denkt vielleicht schon an ätherische, sphärische Klänge und liegt damit, um im Bild zu bleiben, goldrichtig!
Wer dann schließlich auf "Play" drückt, um den Opener "Siren" zu starten, traut möglicherweise seinen Ohren nicht: Moment, ist das wirklich die richtigen CD? Ist das wirklich Ashley Monroe? Nun, sie ist es. Wenngleich auch eine völlig andere, wie wir sie seit rund 15 kennen und schätzen gelernt haben.
"Siren" entpuppt sich als ein Midtempo-Electro-Pop-Song auf dem vermutlich kein einziges analoges Instrument zu hören ist. Nur pochende, tuckernde Drum-Computer, sphärische Synthesizer-Klänge, Sound-Gimmicks und die meist mit Kopfstimme in hohe Regionen singende Ashley Monroe. Das Tüpfelchen auf dem "i" bilden die eingestreuten orientalisch klingenden Gesangslinien. Somit steht "Siren" dem Electro-Worldmusic-Genre um ein Vielfaches näher, als Country oder Folk. Da darf man schon in bisschen perplex sein.
Nur selten schimmern die Folk-Roots auf "Rosegold" durch
Auf "Siren" folgen sechs Songs, die ebenfalls nur mit einem Wort betitelt sind: "Silk", "Gold", "See", "Drive", "Flying", "Groove". Es dürfte vertretbar sein, dass wir hier nicht auf jeden einzelnen Song explizit eingehen. Egal ob sie Seide, Gold, den Groove oder das Fliegen thematisiert - sie bleibt stets klanglich bei der Sound-Vorgabe des Openers: Bei ätherischen, synthetischen Folk-Pop-Sounds. Gut, einverstanden: Bei "Drive" taucht aus dem digitalen Sound-Gebräu mal eine Akustik-Gitarren-Linie auf und bei "Flying" ist es ein Klavier, zu dem sie wie aus einem Nebel in den heimischen Smoky Moutains esoterisch haucht. Doch man muss schon genau hinhören, um die traditionellen Werte auf "Rosegold" auszumachen.
Natürlich dürfte das Album bei Traditionalisten keinen Ehrenplatz bekommen. Das sicher nicht. Vielleicht aber kann der eine oder andere glühende Ashley-Monroe-Fan dem Ganzen etwas Hörvergnügen abringen. Immerhin singt die junge Mutter immer noch stark und bei manchem Track liegen - trotz eingesetzter Studio-Elektronik - die Roots immer noch im Folk. Bei "Groove" schimmern sie durch, bei "Till It Breaks" sogar noch mehr. Am gewinnendsten fällt die Electro-Folk-Kombination im letzten Track aus: "The New Me". Ein Song wie eine eidesstattliche Erklärung.
Fazit: Das ist kein Flirt mehr mit dem Pop, das ist eine solide Beziehung. Ashley Monroe bricht auf "Rosegold" mit ihrer Folk- und Country-Vergangenheit. Zumindest zunächst.
Label: Mountainrose Sparrow / Thirty Tigers (Membran) | VÖ: 30. April 2021 |
01 | Siren |
02 | Silk |
03 | Gold |
04 | See |
05 | Drive |
06 | Flying |
07 | Groove |
08 | Til It Breaks |
09 | I Mean It |
10 | The New Me |