Hell or High Water

Hell or High Water

"Hell or High Water" ist ein amerikanisches Neo-Western-Kriminaldrama aus dem Jahr 2016, bei dem David Mackenzie Regie führte und Taylor Sheridan das Drehbuch schrieb. Er handelt von zwei Brüdern (Chris Pine und Ben Foster), die eine Reihe von Banküberfällen begehen, um ihre Familienranch zu retten, während sie von zwei Texas Rangern (Jeff Bridges und Gil Birmingham) verfolgt werden. Es war der letzte Film, der von OddLot Entertainment produziert wurde, bevor das Unternehmen 2015 aufgelöst wurde.

Filmplakat: Hell or High Water
 

In dem Neo-Western Hell or High Water spielen Jeff Bridges, Ben Foster und Chris Pine die Hauptrollen

Für sein neuestes Meisterwerk, den Neo-Western "Hell or High Water" versammelt Regisseur David Mackenzie die Hollywoodstars Chris Pine, Ben Foster und Jeff Bridges um sich - und lässt sie zu einem Duell antreten, bei dem am Ende keiner der Schauspieler gewinnen kann, sondern nur der Film an sich, der für drei Golden Globdes nominiert wurde.

Gerechtigkeit ist kein Verbrechen

Der rechtschaffene Toby (Chris Pine), geschieden und Vater zweier Kinder sowie sein Bruder Tanner (Ben Foster), ein jähzorniger Ex-Häftling, der gerade erst aus dem Knast entlassen wurde, haben sich wohlwissend auf die schiefe Bahn begeben. Gemeinsam begehen sie Raubüberfälle, um sich auf dies Weise an der Bank zu rächen, die ihre verstorbene Mutter ins Grab gebracht hat.

Nur, wenn die Jungs das Geld für ihre hochverschuldete Farm aufbringen, können sie verhindern, dass das Grundstück an die Bank zurückfällt. Anfangs geht alles gut, doch dann heftet sich der Texas Rangers Marcus Hamilton (Jeff Bridges) an ihre Fersen, der kurz vor seinem Ruhestand noch einen großen Triumph feiern will. Während ihres letzten Raubzugs kommt es zum alles entscheidenden Duell zwischen einem aufrichtigen Gesetzeshüter und zwei Brüdern, deren Ziel nicht weniger aufrichtig sein könnte…

Hell or High Water ist nominiert für drei Golden Globes

Schon an den Kinokassen überraschte David Mackenzie ("Pefect Sense") mit seinem gerade einmal 12 Millionen US-Dollar teuren Projekt. "Hell or High Water" spielte es bislang doch knapp das Dreifache seiner Kosten wieder ein.

Nun könnte "Hell or High Water" auch international Mackenzies großen Durchbruch bedeuten. Nach Dutzenden von Nominierungen bei diversen internationalen Filmpreisen darf sein Film nun auch auf drei Golden Globes in den Kategorien "Bestes Drama", "Bestes Drebuch" und "Bester Nebendarsteller" hoffen. Trotzdem ist schon die Genreeinordnung von "Hell or High Water" schwierig - wie im vergangenen Jahr über Ridley Scotts "Der Marsianer" diskutiert wurde, ob dieser in der Kategorie "Beste Komödie" richtig aufgehoben sei, ließe sich diese Frage auch im Falle von Mackenzies Film stellen. Obwohl die Ereignisse in "Hell or High Water" von einer durchgehend pessimistischen Grundstimmung geprägt sind, tragen ausgerechnet die nicht weniger pessimistischen Hauptdarsteller dazu bei, dass die Geschichte nie schwermütig wird - im Gegenteil. Mit einem Hang zu Galgenhumor und morbider Situationskomik wird "Hell or High Water" in seinen Höhepunkten fast schon zu einer finsteren Komödie.

Chris Pine und Ben Foster als Gejagte von Jeff Bridges

Chris Pine ("Star Trek: Beyond") und Ben Foster ("Todeszug nach Yuma") zeigen Weltklasseperformances, wenn es darum geht, das Publikum trotz ihrer fragwürdigen Aktionen um den Finger zu wickeln. Selbst in den brutalsten Momenten gelingt es den beiden Bad Boys, die ehrenwerte Motivation hinter den Raubzügen herauszuarbeiten.

Auch die stets ersichtliche, gegenseitige Bruderliebe macht aus Toby und Tanner anspruchsvolle, komplexe Charaktere, mit denen man sich als Zuschauer gern arrangiert. Gemeinsam mit Jeff Bridges prägen sie "Hell or High Water" auf ihre sehr markante Weise. Achtung: In der Originalfassung ohne Untertitel ist wie so oft schon vor allem der dauernuschelnde Jeff Bridges nur schwer zu verstehen. Wir verweisen hier ausnahmsweise mal darauf, zur deutschen Synchronfassung zu greifen oder mindestens auf Untertitel zu achten!

Eine anspruchsvolle Mischung aus Western, Drama und Thriller

Obwohl sich die Geschehnisse in "Hell or High Water" in der Gegenwart abspielen, lässt das Setting klar Rückschlüsse auf den modernen Westernfilm zu. Dasselbe gilt für den simplen Plot einschließlich Heist-Thematik um zwei Brüder, die sich als Bankräuber an der Bank rächen wollen, die einst ihre Mutter um ihr Hab und Gut brachte. Rückschlüsse auf sein modernes Dasein lässt "Hell or High Water" hauptsächlich dann zu, wenn auf moderne Technik zurückgegriffen wird oder das Auto allenfalls in Ausnahmefällen gegen ein Pferd getauscht wird. Doch gerade dadurch entwickelt der Film auch das angenehm nostalgische Flair eines solchen, der einerseits hervorragend in die Sechzigerjahre gepasst hätte, dessen Erscheinen im Hier und Jetzt dennoch authentisch ist.

Sein experimenteller Genreclash als Neo-Western besitzt einen hohen Wiedererkennungswert. Einen Film wie "Hell or High Water" gibt es so derzeit nirgendwo sonst zu sehen. Gleichzeitig ist das Skript (Taylor Sheridan, "Sicario") seinen angerissenen Thematiken zu übermächtigen Banken und dem sich sukzessive verlagernden Empfinden von Gerechtigkeit und Moral äußerst aktuell. "Hell or High Water" ist zeitlos - und genau diese Zeitlosigkeit ist es, die ihn erst recht im Nachgang so richtig stark macht. Und wer sagt eigentlich, dass die Ganoven bei ihren Beutezügen keinen Spaß haben dürfen?

Wenngleich immer wieder offen diskutiert wird, wie moralisch vertretbar die Angelegenheiten der Brüder sind, legt Mackenzie den Fokus auf die Interaktion der Räuber und darauf, dass diese trotz ihres Wissens um Illegalität auch eine Menge diebische Freude an dem haben, was sie tun, ohne das Geschehen zu verklären oder abzumildern. Dafür sorgt alleine schon die reichlich brachiale Auflösung und die Betonung dessen, dass man sich während des gesamten Films eigentlich an der Seite "der Falschen" befindet.

Die Technik im Hintergrund, die Story im Fokus

Akustisch sowie optisch bleibt "Hell or High Water" eher unauffällig. Musikalisch von Warren Ellis und Nick Cave ("Lawless - Die gesetzlosen") begleitet, präsentiert sich der Film akustisch zurückhaltend und fast schon minimalistisch, wenn er sich dem Western-Setting mit Gitarre und Mundharmonika anpasst, während Kameramann Giles Nuttgens ("Dom Hemingway") ebenso auf Schnickschnack und Effekthascherei verzichtet. Seine Stärke sind die weitläufigen Panorama-Aufnahmen, die gleichsam auch die Leere innerhalb der beiden Figuren betonen. Kaum jemand befinden sich so weit am Rande der Gesellschaft, wie Toby und Tanner. In "Hell or High Water" stehen daher ganz klar die Figuren und die Geschichte im Mittelpunkt.

Davon abzulenken, indem man all diese Dinge in den inszenatorischen Hintergrund rückt, würde dem Film an sich sowie seiner Botschaft nur im Wege stehen. Damit ist Dave Mackenzie der filmische Beweis gelungen, dass oftmals gerade das im Kopf bleibt, was auf der Leinwand auf den ersten Blick gar nicht unbedingt sichtbar ist.

Fazit: Der amerikanische Traum wird einmal mehr dekonstruiert, wenn David Mackenzie in seinem Neo-Westerndrama "Hell or High Water" mit viel Galgenhumor und aller Konsequenz ein vielschichtiges Abbild der modernen Gesellschaft nachzeichnet. Mit all ihren menschlichen Abgründen!

vgw
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