Hüter der Erinnerung - The Giver

Hüter der Erinnerung - The Giver

"Hüter der Erinnerung - The Giver" ist ein US-amerikanisches Dystopie-Drama aus dem Jahr 2014 unter der Regie von Phillip Noyce und mit Jeff Bridges, Brenton Thwaites, Odeya Rush, Meryl Streep, Alexander Skarsgård, Katie Holmes, Cameron Monaghan, Taylor Swift und Emma Tremblay in den Hauptrollen. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Jugendroman von Lois Lowry aus dem Jahr 1993.

Filmplakat: Hüter der Erinnerung - The Giver
 

Das Young-Adult-Kino des neuen Jahrtausends hat schon allerhand unterschiedliche Franchises hervorgebracht. Angefangen bei den Abenteuern des Zauberlehrlings Harry Potter über die Vampir-Schmonzetten um das "Twilight"-Pärchen Bella und Edward bis hin zu den toughen Kampfamazonen solch düsterer Zukunftsfantasien wie "Die Tribute von Panem" oder jüngst "Divergent" war bislang wahrlich für jeden Geschmack etwas dabei. Dabei hat es vor einer Weile der überraschende Erfolg von Filmen wie "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" oder "Wenn ich bleibe" gezeigt: Langsam aber sicher wendet sich die heranwachsende Generation der Fantasyaction ab und widmet sich ganz dem zwischenmenschlichen Drama.

Hier kommt nun Filmemacher Phillip Noyce ins Spiel: Der Hauptverantwortliche hinter Blockbuster-Produktionen wie "Der Knochenjäger" und "Salt" kombiniert in seinem neusten Projekt "Hüter der Erinnerung - The Giver" die Abenteuer innerhalb einer futuristischen Welt mit existenziellen Fragen nach unser aller Existenz sowie allerhand emotionalen Konflikten. Dabei entsteht nicht nur ein spannendes Fantasy-Abenteuer, sondern allen voran ein tiefgreifendes Portrait eines Jungen, der sich mit so vermeintlich banalen Fragen wie dem Sinn und Unsinn von Gefühlen beschäftigen muss und dabei erkennt, dass Liebe, Familie, Freud und Leid weit mehr sind als bloße Worte...

Die Welt, in welcher der 16-jährige Jonas ("The Signal"-Newcomer Brenton Thwaites) lebt, könnte perfekter nicht sein. Es gibt weder Kriege, Krankheit, noch anderes, menschliches Leid. Gleichzeitig hat die Regierung dafür gesorgt, dass auch positive Emotionen oder gar Farben aus dem Alltag der Bevölkerung verschwinden. Der Lebensweg der Jugendlichen ist penibel durchgeplant. Nach der Schule macht jeder Heranwachsende Karriere im für ihn vorgesehenen Berufszweig. Ausgerechnet in Jonas' Händen soll es von nun an liegen, über die Erinnerungen der Menschheit zu verfügen und der Obrigkeit (unter anderem Meryl Streep) dadurch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Doch bei den Trainingseinheiten mit seinem Mentor, dem "Giver" (stark: Jeff Bridges), geht etwas schief: Jonas wird mit der Vielfalt der menschlichen Emotionen konfrontiert und wird sich schon bald die Frage stellen, was die Regierung einst dazu veranlasste, ihren Untergebenen die Facetten von Trauer, aber auch Glückseligkeit vorzuenthalten. Gemeinsam mit seinen Freunden Fiona (Odeya Rush) und Asher (Cameron Monaghan) kommt Jonas einem atemberaubenden Geheimnis auf die Spur.

Trotz ansatzweise zu erkennender Vorschlaghammermoral, die dem Zuschauer mehr als einmal die elementare Wichtigkeit des emotionalen Empfindens vor Augen führt, gestaltet sich "Hüter der Erinnerung - The Giver" als außergewöhnliches Filmerlebnis. Seinen Großteil trägt neben einer stimmigen Besetzung allen voran die Kameraarbeit von Ross Emery ("I, Frankenstein") dazu bei, dem es vortrefflich gelingt, den Hauptbestandteil der Erzählung, die Gefühle, visuell greifbar zu machen. So wird "The Giver" nicht zur theoretischen Philosophiestunde, sondern konfrontiert das Publikum direkt mit den Ereignissen. Dass das logische Verständnis innerhalb des Filmuniversums nicht immer vollständig gewahrt wird, steht da auf einem anderen Blatt. Lässt man sich jedoch vollständig auf die Welt ein, in welcher die gleichnamige Romanhandlung ansässig ist, funktioniert auch der Film als Kombination aus Popcorn- und Dramakino.

In den USA wurde der für die Story wichtige Gastauftritt der siebenfachen Grammy-Gewinnerin Taylor Swift von Kritikern wie Zuschauern kritisch beäugt. Der noch Country-Sängerin, die bereits Gastauftritte in "CSI - Den Tätern auf der Spur", "Valentinstag" und "New Girl" absolvierte, kommt in "Hüter der Erinnerung - The Giver" der wichtige Teil eines Flashbacks zu, in welchem die blonde Schönheit an der Seite von Jeff Bridges eine Vorgängerin Jonas' mimt. Auf das Konto dieses kurzen Stelldicheins geht dabei eine wichtige, musikalische Piano-Abfolge, die Swift im Film live spielt und die anschließend immer wieder als Off-Untermalung auftaucht. Für den Protagonisten ist dies der erste Moment, in welchem er mit der Schönheit von Musik konfrontiert wird.

Fazit: Mit seiner Jugend-Dystopie "Hüter der Erinnerung - The Giver" gelingt Regie-Veteran Phillip Noyce ein authentischer Beitrag zum verstärkt an Bedeutung gewinnenden Young-Adult-Actionkino und überzeugt dabei mit sympathischen Darstellern, visueller Ausdrucksstärke und der Fokussierung auf das Wesentliche, ohne bemüht in Richtung Sequel zu schielen. Kombiniert man diese Stärken mit der knackigen Laufzeit von gerade einmal neunzig Minuten und der Fähigkeit, Emotionen bildlich festzuhalten, ergibt dies ein überraschendes Highlight im Kinoherbst 2014!

vgw
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