"Robert Altman's Last Radio Show" ist der letzte Film von Robert Altman
Nachdem bereits auf der Berlinale 2006 die Deutschlandpremiere stattfand, kommt Robert Altmans letzter Film (der Regisseur starb im November 2006 an Krebs) endlich in die deutschen Kinos. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Für Country-Fans war seit "Walk The Line" kein Kinobesuch lohnender als dieser! Rund dreißig Jahre nach "Nashville" widmet sich Robert Altman wieder dem Thema Country Music, was aber nicht heißt, dass beide Filme viel miteinander gemein hätten, außer, dass sie Ensemble-Stücke sind. War "Nashville" ein weit verzweigter, sarkastischer Seitenhieb auf die Unterhaltungsindustrie, so zeigt "Robert Altman's Last Radio Show" mit viel Herz und Humor den überschaubaren Kosmos der Radio-Livesendung "A Prairie Home Companion". Frei von Bitterkeit und ätzender Satire, dafür voller Nostalgie und dem beschwingten Rhythmus amerikanischer Folklore.
A Prairie Home Companion
Die Radio-Livesendung gibt es wirklich, Story und Figuren sind jedoch frei erfunden. Allerdings spielen der Schöfer und Moderator der Sendung Garrison Keillor und einige Mitglieder seines Stabes sich selbst. Keillor hat sich mit seinem Drehbuch außerdem den Spaß erlaubt, einige seiner Radio-Sketchfiguren zum Leben zu erwecken, wie die Zoten reißenden Cowboy-Jodler Dusty und Lefty (Woody Harrelson, John C. Reilly) und den abgehalfterten Privatdetektiv Guy Noir (Kevin Kline), der hier als Sicherheitsbeauftragter des Theaters und Erzähler der Geschichte fungiert. Das Drumherum der echten Show und ihre heimelige Atmosphäre mag Altman genial nachempfunden haben, doch die Story könnte nicht weiter von der Realität entfernt sein: Im Film wird Keillors Show von dem Vollstrecker des Senders (Tommy Lee Jones) kurzerhand abgesetzt. Der Film schildert selbstironisch die "letzte" Vorstellung. In Wirklichkeit ist "A Prairie Home Companion" zwar purer Anachronismus, aber ein Mega-Hit: Über 550 US-Stationen strahlen die Live-Show aus dem Fitzgerald Theatre in St. Paul, Minnesota wöchentlich aus - rund 4, 3 Millionen Hörer schalten durchschnittlich ein, wenn Garrison Keillor seinen skurrilen Mix aus Geplauder, sanftem Humor, imaginären Werbespots und Live-Musik präsentiert!
Jetzt tanzen alle Puppen...
Wie immer bei Altman sind die Personen und ihr Miteinander die eigentliche Geschichte. "Robert Altman's Last Radio Show" bietet dabei einen Haufen liebenswerter Figuren, die eines verbindet: Unbeeindruckt von der Hiobsbotschaft, dass die Sendung abgesetzt wird, ziehen sie ein letztes Mal ihr Programm durch. Die abgehalfterten Johnson Sisters (Meryl Streep und Lily Tomlin) sinnieren zwischen ihren Auftritten über alte Zeiten, das Duo Dusty und Lefty lässt vor und hinter der Bühne permanent seine Zoten vom Stapel, Moderator GK trällert Werbe-Jingles und Countrysänger Chuck Akers (L. Q. Jones) gibt mit dem Carter-Family-Song "You Have Been a Friend to Me" tatsächlich seinen allerletzten Auftritt. Altman wechselt munter zwischen Bühnen-Performances und Backstage-Geschehen. Im Grunde geht es zu wie bei der "Muppet-Show", nur dass es keine steppenden Hühner, magnetischen Elche oder Bumerangfische gibt. Aber GKs Mini-Hörspiele und Spots über Klebeband, Kaffee oder lokale Schuhgeschäfte sind nicht minder absurd. Und das Tohuwabohu hinter den Kulissen ist Kermit & Co. absolut ebenbürtig.
Das Vermächtnis des Meisterregisseurs Robert Altman
Allerdings hat Altmans hinreißende Burleske neben allem nostalgischen Spaß noch etwas anderes zu bieten: hochklassige Live-Auftritte und eine zutiefst berührende Note. Alle Stars seines Films singen selbst, und zwar umwerfend charmant, wobei das Repertoire von Traditionals wie "Gold Watch & Chain" bis zu Keillors Eigenkompositionen reicht. Selbst Lindsay Lohan, die Meryl Streeps depressive Tochter Lola spielt, überzeugt mit einer eigenwilligen Interpretation von "Frankie & Johnny". Für den melancholischen Touch ist Virgina Madsen zuständig, die als mysteriöse Blondine durch das Theater schleicht und sich als Engel entpuppt. Irgendwann sagt sie den Satz: "There is no Tragedy in the Death of an Old Man". Das klingt wie die tröstenden Worte des Regisseurs selbst. Obwohl er bis zuletzt Pläne für einen weiteren Film hatte, war er während der Dreharbeiten zu "...Last Radio Show" bereits schwer krank und hat insgeheim wohl geahnt, dass dies sein letzter Film werden wird. Es ist ein würdiger Abschied des Meisters geworden.
Fazit: Mit seinem fiktiven Blick hinter die Kulissen einer real existierenden Radiosendung ist Regisseur Robert Altman ein melancholischer Nostalgie-Trip ins Herz Amerikas gelungen. Beschwingt, witzig und voller hinreißender Live-Auftritte.