Ransom Canyon

Ransom Canyon

"Ransom Canyon" ist eine romantische Western-Fernsehserie, die auf der Buchreihe von Jodi Thomas basiert. Sie wurde erstmals am 17. April 2025 auf Netflix ausgestrahlt. Die Hauptrollen haben Josh Duhamel als Staten Kirkland und Minka Kelly als Quinn O'Grady übernommen.

Filmplakat: Ransom Canyon
 

Josh Duhamel und Minka Kell in den Hauptrollen der Netflix-Serie "Ransom Canyon"

Netflix' "Ransom Canyon" ist ein Neo-Western, der aufs Herz zielt. Nicht mit einem Colt, sondern mit Amors Pfeilköcher. Klingt nach Rosamunde Pilcher in Texas? Fast. Aber eben nur fast. Denn was die Netflix-Serie in zehn durchaus angenehm entschleunigten Episoden à rund 50 Minuten erzählt, ist ein modernes Beziehungsdrama im Western-Gewand - irgendwo zwischen Weidezaun und emotionaler Großwetterlage.

Im texanischen County Ransom Canyon kreuzen sich die Präriewege einer Handvoll Menschen, die ein Netz aus Schuld, Liebe, Familienerbe und landwirtschaftlich geprägter Lebenswirklichkeit miteinander verbindet - mal zärtlich, mal zäh, mal explosiv. Hier wird nicht geballert, hier wird gerungen: mit der Vergangenheit, mit unausgesprochenen Gefühlen und mit dem Land, das man mal liebt und mal hasst.

Mit Tragik startet "Ransom Canyon"

Die Serie beginnt mit einem Geschehen, das tragischer nicht sein könnte. Staten Kirkland (Josh Duhamel) ist nicht nur der letzte Erbe einer der ältesten Rancherdynastien des texanischen Ortes, sondern auch ein Mann, der zwei Jahre lang mit einem Verlust gerungen hat, der ihm das Herz gebrochen hat: es ist der Tod seiner Frau Amalah. Zwei Jahre hat er sich geweigert unter Menschen zu gehen. Seine sozialen Kontakte beschränkten sich auf berufliche Notwendigkeiten.

Wie Amalah starb, warum Staten sich nach ihrem Tod derart zurückgezogen hat, das bleibt lange eine offene Frage, der Tod seiner Frau hat ihn auf jeden Fall von seinem Sohn Randall (Hubert Smielecki) entfremdet, ihre Kommunikation besteht aus wenig mehr als lautes Schweigen. Als sich Staten nach zwei Jahren endlich dazu aufrafft wieder unter Menschen zu gehen, vielleicht sogar ein neues Kapitel aufzuschlagen und eine Einladung von Quinn O'Grady (Minka Kelly), der besten Freundin seiner verstorbenen Frau, zu einer Feier annimmt, schlägt das Schicksal erbarmungslos zu. Randall stirbt nur Stunden nach der Feier am selben Tag bei einem Autounfall. Der zögerliche Versuch, das eigene Schweigen zu beenden, verwandelt sich ein weiteres Jahr lang in endgültige Stille.

Quinn war derweil nicht nur die engste Vertraute von Amalah, sondern längst heimlich in Staten verliebt. Als Betreiberin der örtlichen Tanzhalle, einem Ort, der fast wie ein Relikt aus anderen Zeiten wirkt, ist sie stets in seiner Nähe - wartend, unterstützend, schweigend. Doch die sinkenden Einnahmen der Tanzhalle, das schwierige Geschäft und kaum Aussicht darauf, dass Staten irgendwann aus seinem Kokon in die Mitte der Gesellschaft zurückkehrt, lassen Quinn darüber nachdenken ein Angebot der der Stadt (der nächsten Großstadt) anzunehmen. Quinn ist, ungewöhnlich für das Umfeld, in dem sie lebt, eine ausgebildete Konzertpianistin und als solche hat sie von einem Philharmonie-Ensemble ein Angebot erhalten. Die große Welt lockt, weil ihre kleine Welt im County in sich zusammenzufallen droht.

In diesen aufgewühlten Momenten tritt Davis Collins (Eoin Macken) auf den Plan. Statens Schwager und Besitzer der modernsten und technologisch fortschrittlichsten Ranch. Colin hat Charisma, er ist eloquent. Er sticht in der Welt der Cowboyhüte und Traditionen hervor, ohne dass er sich dem Gemeindeleben überheblich entziehen würden. Er agiert jedoch nie ohne Hintergedanken und er erkennt in dem Angebot, das Quinn erhält, eine Chance, welche, kann man sich fast denken. Wenn Quinn geht, wird er sie unterstützen. Er lebt im County, die Stadt ist ihm nicht fremd. Dann ist da ein Pipeline-Projekt, für das Davis Statens Land gut gebrauchen könnte. Bei alledem jedoch gibt es einen unausgesprochenen Konflikt: Es war Davis, der States Sohn das Auto geschenkt hat, mit dem er in den Tod gerast ist (obschon der Unfall etwas anders… aber das wäre ein Spoiler zu verraten).

Während sich unter den Alteingesessenen ein Ringen um Werte, Vergangenheit und Zukunft abzeichnet, kommt mit Yancy Grey (Jack Schumacher) ein weiterer Akteur ins Spiel, ein Cowboy mit düsterem Blick und wortkarger Aura, der auf Cap Fullers abgelegener Ranch einen Job findet. Cap (James Brolin), eine alternde Legende der Gegend, braucht Hilfe und bekommt sie mit Yancy, ohne dessen Herkunft näher zu hinterfragen. Eine Herkunft im Dunkeln. Was Ellie Estevez (Marianly Tejada), die Cap pflegt und sich als ruhige Beobachterin einen Namen gemacht hat, nicht entgeht. Etwas an Yancys Auftreten, an seiner Vorsicht, lässt vermuten, dass er nicht einfach nur einen Job gesucht hat und sein Auftauchen im County nicht zufällig ist.

Auch die jüngere Generation des Ortes bleibt nicht außen vor, sondern findet ihren Platz in der Serie: Lauren Brigman (Lizzy Green), Tochter des lokalen Sheriffs, und Lucas Russell (Garrett Wareing), ein ambitionierter Ranchhelfer mit Herz und Haltung, kommen sich näher. Ihre Liebe, noch frisch, ist bereits von Spannungen bedroht: Herkunft, Loyalitäten und unausgesprochene Geschichten der Eltern stellen ihre Verbindung auf die Probe.

Ransom County" basiert auf der Romanreihe der Bestsellerautorin Jodi Thomas

Positiv an "Ransom Canyon" ist die Tiefe, mit der jede Figur gezeichnet ist. Niemand ist nur Held oder nur Gegenspieler. Alle kämpfen mit Verlusten, Zweifeln, Begierden - auf ihre Weise. Alle Figuren sind unauflöslich miteinander verbunden. Das weitläufige texanische Land wird so nicht nur zur Kulisse, sondern zum Resonanzraum für Emotionen, die größer sind als Worte.

Die Serie basiert auf der gleichnamigen Romanreihe der texanischen Bestsellerautorin Jodi Thomas. Bereits in den Romanen standen Staten und Quinn im Mittelpunkt, umgeben von einem vielgestaltigen Ensemble aus Suchenden, Kämpfenden und Hoffenden. Thomas verwebt in ihren Büchern klassische Westernmotive mit Alltagsdramatik und Momenten der Romantik. So ist "Ransom Canyon" nicht einfach ein Familiendrama oder eine Ranch-Saga. Es ist ein langsamer, aber intensiver Blick in eine Gemeinschaft, die sich im Schatten ihrer eigenen Geschichte neu zu erfinden versucht. Und in deren Zentrum ein Mann steht, der vielleicht alles verloren hat - und doch noch nicht aufgegeben wurde.

Josh Duhamel verleiht Staten Kirkland eine stille, eindringliche Präsenz, die sich wohltuend vom derzeit überstrapazierten Archetyp des zynischen Alpharanchers abhebt. In einer wiederbelebten Neo-Western-Fernsehlandschaft, in der patriarchale Soziopathen (natürlich ist "Yellowstone" gemeint) zunehmend den Ton angeben, wirkt Duhamels Darstellung fast altmodisch im besten Sinne: Staten ist gebrochen, aber nicht zerstört. Nicht unfehlbar, aber auch kein Getriebener der eigenen Gewaltfantasien. Seine Trauer, seine Unentschlossenheit, seine vorsichtige Rückkehr ins Leben machen ihn zu einer glaubhaften Figur - komplex, aber auf einer zutiefst menschlichen Ebene.

Das eher gemächliche Erzähltempo wurde bereits angesprochen. In dieser Netflix-Serie werden keine dramatischen Twists im Minutentakt abgefeuert. Stattdessen lässt sich die Geschichte Zeit: Zeit für Blicke, für Gespräche, für das langsame Entwirren dramatischer Knoten. Wer bereit ist, sich darauf einzulassen, wird belohnt mit einer dichten, atmosphärisch starken Erzählweise, die nicht hetzt, sondern sich entfaltet wie eine weite Prärie unter der Abendsonne.

Allerdings kommt "Ransom Canyon" nicht ganz ohne Reibungsverluste davon. Besonders auf Seiten der jüngeren Figuren verliert die Serie ihre Bodenhaftung und driftet in die Gefilde der Young-Adult-Dramaturgie ab. Teenagerlieben, rebellische Selbstfindung und viel Herzschmerz - das ist grundsätzlich nicht verkehrt, wirkt hier aber gelegentlich arg gewollt. Wo die Erwachsenenfiguren mit emotionaler Tiefe und glaubwürdigen Brüchen glänzen, wirken einige der Jugendkonflikte eher wie aus einem gut geölten Serienskript für die Primetime eines jungen Publikums.

Fazit: Ransom Canyon ist eine Serie, die nicht jedem gefallen wird, aber genau darin liegt ihr Reiz. Wer schon bei der Inhaltsangabe merkt, dass ihm das Herz aufgeht bei der Vorstellung von texanischem Beziehungsdrama, verhaltener Romantik und einer Prise Westernmelancholie, dürfte hier bestens aufgehoben sein. Wem das jedoch schon beim Lesen Zuckerschmerzen an den Zahnwurzeln verursacht, sollte besser weiterzappen.

vgw
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