Die DVD präsentiert natürlich viel, viel Musik - die Glanzlichter des 2003 ausgetragenen Bluegrass-Gipfels in hochalpiner Umgebung. Doch genauso wie Genre-Acts wie Sam Bush, Tim O'Brien, Jerry Douglas, Bela Fleck & The Flecktones oder Emmylou Harris bei ihren Auftritten hautnah von der Kamera eingefangen werden, versuchen die Macher des Films auch das besondere Etwas, den Reiz und das Flair dieses gleichermaßen gigantischen, wie intimen Bluegrass-Happenings zu erklären - und das gelingt ihnen auch.
Der Film startet mit Aufnahmen vom frühen Morgen des ersten Festivaltages. Besucher in Jeans und Holzhackerhemden strömen mit Rucksäcken und Schlafsäcken gewappnet in die imposante, sonnenbeschienene Freiluftarena. Es wird viel geplaudert und gelacht, man kennt sich, man mag sich. Eine Familie! Das gilt auch für die auftretenden Musiker. Die Kamera ist Zeuge, wenn sich John Cowan oder Tim O'Brien warm spielen, wenn die gewichtigen Damen der Boomchicks den Satzgesang proben oder wenn Musiker von verschiedenen Bands im Backstagebereich Lust auf eine spontane Session haben. Ob jung oder schon etwas älter - die Chemie unter den Fingerpickern, Banjo-Artisten oder Fiddel-Spielern stimmt.
Noch deutlicher wird dies durch die vielen Intervieweinblendungen. Leider wiederholen sich die euphorisierten Statements der Musiker und - das ist ärgerlich - sie setzen öfters einem Konzertmitschnitt ein abruptes Ende. Das ist bitter, denn alle der 18 aufgezeichneten Darbietungen sind von geradezu bestechender Qualität: Der Ton der DVD ist absolut großartig (Stereo, 5.1 Dolby, 5.1 DTS), die Kameraführung so nah dran, dass man sich glatt selbst auf der Bühne wähnt und der Schnitt - beileibe nicht so gemächlich, wie man es hierzulande bei Bluegrass vermuten würde. Überhaupt macht die DVD klar, dass die heutige Bluegrass-Szene in den USA ein lebendiges und höchst innovatives Genre ist. Junge und innovative Künstler wie Kasey Chambers, Nickel Creek, Bela Fleck and The Flecktones oder The String Cheese Incident verknüpfen geschickt die Tradition mit zeitgemäßen Elementen, mit Einflüssen aus Rock, Blues und Jazz. Doch auch etablierte Acts wie Alison Brown, Edgar Meyer, John Doyle, Jerry Douglas, Sam Bush, oder Emmylou Harris geben sich - zumindest beim Telluride Festival - nicht mit der Verwaltung des Erbes von Bill Monroe und Earl Scaggs zufrieden. Am besten wird dies beim großen Finale klar: 19 Musiker spielen sich zu "Blue Moon Of Kentucky" in einen kollektiven Bluegrass-Rausch.
Fazit: Ein liebevolles Portrait eines liebenswürdigen Festivals - und dazu ein Querschnitt über die zeitgemäße Bluegrass-Szene in den USA.
Label: Rounder (in-akustik) | VÖ: 14. Oktober 2005 |
Titelliste
01 | Deeper and Deeper (Sam Bush mit John Cowan und Bela Fleck) | 11 | Delta Queen (Leftover Salmon) | ||
02 | Pushed Too Far (Jerry Douglas Band) | 12 | BT (Sam Bush, Edgar Meyer & Mike Marshall) | ||
03 | More Love (The Tim O'Brien Band) | 13 | Blue Night (Hot Rize) | ||
04 | Two More Bottles of Wine (Emmylou Harris and The Sam Bush Band) | 14 | Too Late Now (Yonder Mountain String Band) | ||
05 | Irish Medley: The Old Gray Goose / Ray Harvey's / Malinky / Going to Glasgow (Alison Brown Quartet) |
15 | When I Die (The Waifs) | ||
06 | Runaway Train (Kasey Chambers) | 16 | Imagine (Bela Fleck and The Flecktones) | ||
07 | Nine Pound Hammer (Telluride Bluegrass Jam) | 17 | Spirit Is the Journey (Sam Bush Band) | ||
08 | Human Fly (The Horseflies) | 18 | Howlin' at the Moon (Sam Bush Band) | ||
09 | Sabra Girl (Nickel Creek) | 19 | Blue Moon of Kentucky (Telluride Bluegrass Jam) | ||
10 | Desert Dawn (The String Cheese Incident) |