So auch bei dem 60-minütigen Auftritt, der auf der "Ohne Filter - Musik pur"-DVD verewigt wurde. Mit beeindruckenden Backenbärten und im lila geblümten Satin-Jacket führt Jim Lauderdale seine fünfköfige Band (Keyboards/Hammondorgel, Bass, Leadgitarre, Lap-Steel-Guitar, Drums) durch ein solides Set. "This Is The Big Time" verspricht gleich der Opener. Lauderdales größter Fan an diesem Abend steht direkt vor der Bühne, bärtig und mit Ringel-T-Shirt. Schon bei dem noch relativ gemütlichen Shuffle von "This Is The Big Time" vollführt er wilde Tanzbärbewegungen. Nicht nur dieser Überfan wird an diesem Abend voll auf seine Kosten kommen. Bei "That's A Lot" zeigt Lauderdale, wie meisterhaft er es versteht, gleichzeitig bluesig und swingend aufzuspielen, beseelt und schweißtriefend singt der die soulige Ballade "Why Do I Love You" zu bittersüßer Steel-Gitarre, "Take Me Down A Path My Heart Won't Know" ist eine aufmüpfige Countrynummer, bei "Hole In My Head" bluest er in bester Buddy Miller-Manier. Wie es wohl klingen würde, wenn Al Green und George Jones einen Song machen würden, fragt er sich und hat die Antwort natürlich gleich im Repertoire: "Grace's Song".
Die Kameraführung und der Bildschnitt der DVD sind öffentlich-rechtlich (also: etwas gemächlich). Aber dafür verstand es die Bildregie auch, die Musiker tatsächlich in den entscheidenden Momenten ihrer Tätigkeit einzufangen. Einem wieselflinken Steelgitarristen bei voller Fahrt über die Schulter schauen zu können, ist eine wirklich schöne Sache. Mit einer einzigen, dafür angemessen furiosen Zugabe beschließen Jimi Lauderdale und Band das Konzert (zumindest auf der DVD): Muddy Waters' "Mojo Workin'". Vielleicht ist es öffentlich-rechtliche Beamtenmentalität, vielleicht ist es einfach nur Pech, dass niemand bei den Proben zum Konzert einfach mal die Kamera mitlaufen ließ. Denn getreu dem Motto "Musik pur" sind die Extras dieser DVD sehr spartanisch ausgefallen: ein Booklet liegt nicht bei, nicht einmal die Namen der Musiker in Jim Lauderdales Band sind irgendwo vermerkt. Immerhin kann eine Künstlerbiografie abgerufen werden, es gibt einen kurzen Film über die technische Seite eines Konzertmitschnitts und ein Interview mit dem Produzenten Michael Au: Eine unfreiwillig komische Angelegenheit, da in Englisch abgehalten: Das beherrschen weder Au noch sein - ebenfalls deutscher - Fragesteller besonders gut.
Fazit: Ein mitreißender, wenn auch leider nur 60 minütiger Konzertmitschnitt mit dem vielleicht besten Vertretern des Americana, den Nashville in den 90er Jahren aufzubieten hatte: Jim Lauderdale. Auch für die Ausstattung oder Extras bei dieser DVD gilt: Musik pur. Was ein kleinwenig schade ist.
Label:SWR (in-akustik) | VÖ: 29. Januar 2005 |
Titelliste
01 | This Is The Big Time | 09 | Hole In My Head | ||
02 | I'm On Your Side | 10 | Three Way Conversation | ||
03 | Life By Numbers | 11 | Grace's Song | ||
04 | And That's A Lot | 12 | The King of Broken Hearts | ||
05 | Why Do I Love You | 13 | Sometimes | ||
06 | Divide And Conquer | 14 | Half Way Down | ||
07 | Take Me Down A Path My Heart Won't Home | 15 | Mojo Workin' | ||
08 | She Used to Say That to Me |