In den Liner-Notes beschreibt Mary Chapin Carpenter ihre Lebenssituation, aus der die neuen Tracks entstanden sind. Offenbar eine Zeit, in der sie etliche traumatische Krisen zu meistern hatte: eine Scheidung, den Verlust eines Elternteils, eine schwer Krankheit. "All diese Dinge sind mir in den letzten paar Jahren widerfahren", sagt sie und macht klar, dass Songwriting letztendlich die Therapie war, diese Schicksalsschläge zu verarbeiten: "Das ist meine Art, die Dinge zu verstehen und zu bewältigen."
Nach diesen Sätzen ist der Kurs von "Ashes And Roses" vorgezeichnet. Dennoch ist das von ihrem treuen Wegbegleiter und Keyboarder Matt Rollings produzierte Album alles andere als ein Rundumschlag in Sachen Selbstmitleid. Auch ist Moll nicht unbedingt die tonangebende Klangfarbe. Nein, "Ashes And Roses" ist einfach eine CD mit grandiosen, introspektiven, vielen leisen und einigen wunderschönen Titeln. Gute gelaunte Knaller wie "I Feel Lucky" oder "Down At The Twist And Shout" (jahrelang Abspannmelodie der MDR-Sendung "Music City USA") sucht man vergebens.
Wie schon bei den meisten ihrer Vorgänger-Alben weist das Album Mary Chapin Carpenter erneut als Meisterin des Minimalismus aus: wenige Harmonie-Wendungen, sparsame Arrangements, oft verzichtet sie sogar auf einen markanten Refrain. Im Fokus ihrer Titel steht immer das Stroytelling - untermalt von hypnotisch wiederkehrenden Melodiefiguren einer Gitarre oder von einem esoterisch klingenden Klavier.
Auf "Transcendental Reunion", "What To Keep And What to Throw Away", "Another Home" und "The Swords We Carried" - also die ersten vier Tracks - trifft dies zu. Dennoch kommt nie Langeweile auf. Nie wünscht man sich einen Kunstgriff ins Harmonielehrefach und eine überraschende Melodie. Alles nicht nötig. Denn von ihrer wunderbaren Altstimme lässt man sich einfach nur zu gerne verzaubern. Wenn sie wie bei "The Swords We Carried" von "dying in slow motion" singt, wird es einem natürlich schon ab und zu schwer ums Herz.
Damit das Album aber nicht zu sehr in Melancholie versinkt, streut sie immer wieder recht vitale Tracks ein. "Chasing What’s Already Gone" sorgt - trotz des Titels - mit Drums, Orgel und Elan für verhaltenen Optimismus; das mit keltischen Klängen aufgeladene "I Tried Going West" macht ebenso Laune wie das wunderbare, recht dynamische Folk-Duett mit James Taylor - "Soul Companion". Wenn sie aber, nur von Klavier, Bass und Gitarren begleitet, "Don't Need Much to Be Happy" singt, könnte man schon feuchte Augen bekommen. So traurig. Und so schön.
Fazit: Mary Chapin Carpenter hat ein schön trauriges Album aufgenommen. Wieder einmal ... Sie ist in ihrem Fach einfach eine Klasse für sich.
Label: Zoë (Universal) | VÖ: 15. Juni 2012 |
Titelliste
01 | Transcendental Reunion | 08 | Don't Need Much to Be Happy |
02 | What To Keep And What to Throw Away | 09 | Soul Companion (mit James Taylor) |
03 | The Swords We Carried | 10 | Old Love |
04 | Another Home | 11 | New Years Day |
05 | Chasing What's Already Gone | 12 | Fading Away |
06 | Learning The World | 13 | Jericho |
07 | I Tried Going West |