Und ist es auch. Und wie. 15 Titel hat sich das aus Florida stammende Country-Pop-Rock-Urgestein für diesen Ausflug in das Zwölftakt-Schema ausgedacht. Natürlich zieht er alle Register der musikalischen Ausdrucksformen des Genres: Slow-Blues, flotter 2/4, Shuffel, Country-Blues, Chicago-Blues; Blues mit Reggae-Touch, Blues mit Cajun- oder Südstaaten-Feeling. Mal hart, mal butterweich. Mal komplex, mal simpel. Ein echter Rundumschlag also.
Scheinbar hat Tom Petty beim Songwriting aber nicht nur tief an den Wurzeln der traditionellen Stilrichtung geschürft. Er hat dabei - als inspirierendes Element - wohl auch einen Trip in die Vergangenheit unternommen. Die späten 60ies, die frühen 70er Jahre waren offenbar das Ziel dieser kreativen Zeitreise. Mitgebracht hat er aus dem Ausflug Songs, wie sie einst Cream, Blind Faith, J.J. Cale oder die Southern-Blues-Rocker der Allman Brothers Band schmiedeten.
Nach dem flotten, kerzengeraden "Jefferson Jericho Blues", dem Opener, schlägt bereits das nachfolgende "First Flash of Freedom" in diese nostalgische Kerbe: ein träger, komplexer Country-Rocker, mit einer rhythmischen Betonung auf die Zwei und einem an eben erwähnte Allman Brothers Band gemahnende Sessionhaftigkeit. Mike Campbell darf endlose Soli raushauen, er kanns ja, er hat was zu bieten. Dennoch würde man sich ein strafferes, punktierteres Arrangement nach etlichen Minuten wünschen. Das gilt auch für den nachfolgenden Orgel-Blues von "Running Man's Bible".
Im Mittelteil der CD hat Tom Petty die Filetstücke des Albums gepackt: das mit typisch sonnigen Tom-Petty-Melodien ausgestattete "The Trip to Pirate's Cove", der relaxte, an J.J. Cale erinnernde Country-Blues "Candy" und die weitere sehr, sehr schmucke Ballade "No Reason to Cry" bieten alles was Blues, Country und Tom Petty zu bieten haben. Tolle Songs. Nicht mehr, nicht weniger.
Manchmal aber will der gute Petty einfach zu viel. In "Takin' My Time", eigentlich als netter Shuffle angelegt, packt er zu viel rein und zündet deshalb genauso wenig wie das mit Reggae-Akzenten bestückte "Don't Pull Me Over". Mit dem 15. Titel "Good Enough" verbeugen sich Petty & die Herzensbrecher recht eindeutig vor dem jazzig-virtuosen Blues der britischen All-Star-Formation Blind Faith aus den 70ern (in der ja kein geringerer als Eric Clapton spielte).
Dennoch bleiben die mit leichter Hand servierten Titel wie "Let Yourself Go", "Lover's Touch" und das sehr ruhige, sehr schöne "Something Good Coming" schneller und besser im Ohr.
Um den Ticketverkauf für seine anstehende Tour anzukurbeln, kommt die "Limited Tour Edition" mit einer zusätzlichen Live-Disc: ein Dutzend Tracks, darunter finden sich allerdings nicht seine ganz großen Hits, wie "Into The Great Wide Open" oder "Learning to Fly", sondern zum Teil Live-Aufnahmen seiner "Mojo"-Songs. Das mag etwas irritierend sein, doch so bekommt der Hörer einen guten Eindruck, was bei dieser Tour Petty in Petto hat.
Fazit: Tom Petty hat den Blues - und ist dazu auf Nostalgie-Trip. Ein gutes, aber kein überragendes Album vom melodieverwöhnten Country-Rocker.
Label: Reprise (Warner) | VÖ: 8. Juni 2012 |
Titelliste CD1
Titelliste CD 2
01 | Jefferson Jericho Blues | 09 | Takin' My Time |
02 | First Flash of Freedom | 10 | Let Yourself Go |
03 | Running Man's Bible | 11 | Don't Pull Me Over |
04 | The Trip to Pirate's Cove | 12 | Lover's Touch |
05 | Candy | 13 | High In The Morning |
06 | No Reason to Cry | 14 | Something Good Coming |
07 | I Should Have Known It | 15 | Good Enough |
08 | U.S. 41 |
01 | Listen To Her Heart (Live) | 07 | Jefferson Jericho Blues (Live) |
02 | You Don't Know How It Feels (Live) | 08 | First Flash Of Freedom (Live) |
03 | I Won't Back Down (Live) | 09 | Running Man's Bible (Live) |
04 | Takin' My Time (Live) | 10 | Good Enough (Live) |
05 | I Should Have Known It (Live) | 11 | Refugee (Live) |
06 | Sweet William (Live) | 12 | American Girl (Live) |