Wie das Coverfoto schon mal visualisiert, orientieren sich The Secret Sisters an der Vergangenheit. In den 50ern, in den 40ern, vielleicht noch früher. Jedenfalls an einer Zeit, als Honky-Tonk en vogue, Blues und Bluegrass noch frisch und Hillbilly kein Schimpfwort waren. Man fühlt sich an eine Dokumentation über Patsy Cline erinnert, wie die zwei rotlippig geschminkt und mit ihren Frisuren und Hausfrauen-Kleidern hier posieren.
Diese Illusion setzt sich ab dem ersten Akkord von "Tennessee Me" nahtlos fort - eine Eigenkomposition der beiden geheimen Rogers-Sisters und dazu ein wundervoller Countrysong voller Herzenswärme und zeitlos nostalgischer Harmonien und Arrangements. Natürlich, ist man geneigt zu sagen, geben akustische Instrumente bei dieser herrlichen Zeitreise den Ton an: Pedal Steel (Robby Turner), Piano (Hargus "Pig" Robbins), Bass (Chris Powell), Drums (Rob Arthur). Auffällig: keine Fiddle ist mit an Bord. Schon alleine dadurch gelingt dem Meisterproduzenten T Bone Burnett ein irgendwie auch modernes Soundkonzept. Nicht zuletzt auch wegen der frischen und energiegeladenen Vocals der beiden superben Schwestern.
Bei der Songlist aber orientiert sich der Zweier größtenteils bei den Legenden, Ikonen beziehungsweise bei den namenlosen Schöpfern diverser Traditionals. "Why Baby Why" geht natürlich auf das Songwriter-Konto von George Jones, die köstliche Ballade "The One I Love is Gone" schrieb Bill Monroe und das unbeschwerte "My Heart Skips A Beat" entwarf der unvergleichliche Buck Owens.
Klar darf in diesem Legenden-Reigen auch nicht Hank Williams fehlen. Mit der wunderschönen Ballade "Waste The Day" und dem anschließenden optimistischeren "Why Don't You Love Me" würdigen sie den Großmeister mit zwei stilechten, launigen Interpretationen. Das ziemlich fetzige Slide-Gitarrensolo bei letzterem Song fungiert dabei als Brücke ins Hier und Jetzt.
Dass es Laura und Lydia Rogers nicht so extrem genau mit dem Bluegrass-Reinheitsgebot nehmen, beweisen sie in zwei Songs: "I've Got a Feeling", ein pomadentriefender Oldie/Rock 'n' Roller, geschrieben von Charles La Verne und mit einem klasse Gitarrensolo von Jazzer Dean Parks. Und "Something Stupid", mit dem Nancy Sinatra einen Evergreen landete.
Fazit: Auf Alt getrimmt, aber von zeitlos schöner Qualität. Die Secret Sisters werden, gibt es noch einen Funken Gerechtigkeit, bald kein Geheimtipp mehr sein. Jede Wette!