John Paul White, 1973 in diesem Epizentrum der Südstaaten-Musik geboren, hat die Einflüsse dieser großen Künstler aufgesogen. Zunächst musste der Sänger und Songschreiber jedoch, in seiner persönlichen musikalischen Odyssee, von zuhause ausziehen und sein Glück in der Ferne versuchen. In Nashville, Tennessee, arbeitete White als Songschreiber für mehrere Labels. Als Musiker traf ihn 2008 ein Rückschlag: Capitol Nashville wollte sein Debüt-Album "The Long Goodbye" nicht veröffentlichen. John Paul White brachte es in Eigenregie heraus und arbeitete weiter.
Bei einem Songwriting-Workshop wurde John Paul White dann per Zufallsprinzip die aufstrebende Sängerin Joy Williams zugeordnet - der Gründungsmythos von The Civil Wars. Obwohl die Band bis 2013 nur zwei Alben veröffentlichte, fand sie bei Kritik und Publikum gleichermaßen Zuspruch. Ihr melancholischer, eingängiger Indie-Folk, der seine Country-Wurzeln nie vergaß, brachte ihnen in kürzester Zeit vier Grammys ein - ein sensationeller Erfolg.
2014 löste sich das Duo auf - nachdem es eineinhalb Jahre zuvor mitten in einer Europa-Tour alle weiteren Auftritte abgesagt hatte. Unüberbrückbare Differenzen, wie es dann gerne heißt, hatten das musikalische Traumpaar zerrissen. Bis heute sprechen Williams und White nicht miteinander.
John Paul White nahm Abstand vom Alltagswahn eines Country-Stars. Er zog zurück nach Muscle Shoals und gründete dort sein eigenes Label Single Lock Records mit Freunden, darunter Ben Tanner von den Alabama Shakes.
John Paul White - ein glücklicher Mann, der düstere Songs schreibt
Fortan war White hauptberuflich glücklicher Familienvater, der nicht im Traum an ein weiteres Solo-Album dachte - bis diese düsteren Songs auftauchten. "It was a roar in my head, and that pissed me off", sagt White in deutlichen Worten über die Stimmen in seinem Kopf, die seine Songwriting-Ader erneut öffneten.
Das Resultat der Aufnahmen heißt "Beulah" - ein Album, genau auf halber Strecke zwischen dem zurückgenommenen Folk-Ansatz, der die Civil-Wars-Songs prägte und dem mächtigen, lauten Rock-Sound, der das Klangbild von "The Long Goodbye" ausmachte.
Waidwund und empfindsam zeigt sich John Paul White auf dem Eröffnungssong von "Beulah", "Black Leaf", der nur von akustischer Gitarre und zurückhaltender Percussion instrumentiert wird.
Fast jeder der 10 Songs auf "Beulah" basiert auf dieser Dualität von Gitarre und Stimme, erst später nahm der Alabamian Overdubs auf, unterstützt von befreundeten lokalen Musikern.
Auf dem beinahe resignativen "What's So" öffnet Jean Paul White sein instrumentales Repertoire auch für E-Gitarren, ähnlich bluesig rockend zeigt sich "Fight For You". Doch auch diese gelösteren, schnelleren Songs auf "Beulah" haben stets ein schwermütiges Element.
Beulah vereint altmodischen Country, Southern Rock und düsteren Folk
Ein herrlich altmodischer Country-Walzer wie das unbeschwerte "I've Been Over This Before" mit den Secret Sisters, den The Secret Sisters, die ebenfalls aus Muscle Shoals stammen, bringt dem Hörer da Erleichterung. Mit Mandoline und Fiddle gibt es in "Hate the Way You Love Me" einen Nachschlag echtes Country-Feeling. Das sentimentale "I'll get Even" mit Streicherbegleitung ist ein vergleichsweise versöhnlicher Abschluss.
Doch alle anderen Songs auf "Beulah" drehen sich in bemerkenswert persönlichen Texten um Selbsthass, und zerbrechende oder bereits zerbrochene Beziehungen und geben dem Album einen gehörigen Portion Schwermut. Songtitel wie "I Want To Make You Cry" und "Hope I Die" sprechen für sich.
"Beulah" bezieht seinen Titel von einem in der White-Familie gebräuchlichen Kosenamen, und gleichzeitig von dem traumgleichen Paradies des Dichters William Blake, das als Quelle künstlerischer Inspiration dient. Ko-produziert von Ben Tanner, ist "Beulah" düsterer Folk mit einer rauen Rock-Note. Southern Gothic haben es Kritiker schon genannt.
"Beulah" ist ein unbequemes, schweres Album, und doch eines, dessen Aufrichtigkeit sich selbst einem Hörer vermittelt, der des Englischen nicht mächtig ist. John Paul White selbst sagt: "This is the sound of me thinking and living and breathing." Wer einen Songwriter in dieser Form hört, wird The Civil Wars nicht vermissen.
Fazit: John Paul Whites "Beulah" vereint dessen Vorliebe für Southern-Rock mit düsteren Folk- und Gothic-Anleihen. Kein einfaches Album. Aber eines, das mit jedem Hören wächst.