Vermutlich stinkt es den Cisco & Co. gewaltig, dass immer wieder an "deutschsprachiger Countrymusik" herumgenörgelt wird. Jetzt ledern sie zurück. Zum Beispiel in dem bluesigen "Ju kän Denglisch" in dem sie sich mit norddeutsch-spitzer Zunge über die Inflation an Anglizismen auslassen. Oder im Opener: "Was soll’n wir denn in Nashville". Hier brechen sie nicht nur eine Lanze für den deutschen Country-Sound. Sie machen sich darin auch über so manche deutschen Kollegen lustig, für die Nashville das Mekka und die dortigen Stars die höchst verehrten Helden sind.
Nein, da machen Truck Stop freilich nicht mit. Wenn Helden – dann kommt für sie nur Johnny Cash in Frage, dem sie in "Hello I’m Johnny Cash" eine weitere Würdigung zuteil werden lassen. Ganz nett, der Song, mit einigen Cash-typischen-Remeniszenzen. Textlich aber doch so manches Mal befremdlich. So bezeichnen sie Big-Johnnys Musik wegen der Snaredrum-Rim-Shots verwegen als "Tick-Tack-Sound". Nun ja ...
Wer Truck Stop mag, wird von dem neuen Album jedenfalls nicht enttäuscht sein. Die Songs sind durch die Bandbreite erdig und kompetent produziert und eingespielt. Und in den Texten transportiert der Sechser genau das Bild, das man von ihnen erwartet. Nur eben: ein bisschen polarisierender, ein bisschen mehr macho-mäßig. Bestes Beispiel für den gestiegenen Testosteron-Pegel bildet "Halt mal eben mein Bier". Ein Track, der kaum ein Klischee über "echte Männer" und Intellektuelle auslässt. Kleine Kostprobe: "Du bist zwar ein Studierter – doch was heißt das schon, drum geb‘ ich dir gratis – ‘ne kleine Lektion." Später im Refrain lassen sie dann verlautbaren: "Halt mal mein Bier. Und verschütt‘ bloß nix. Sonst gibt's was auf die Ohr’n, aber fix." Die etwas einfacher Gestrickten unter ihren Fans werden applaudieren.
Doch natürlich ist die Macho-Tour nur eine Facette der Band. So schlagen sie beispielsweise in "Es liegt in Menschenhand" ganz andere Töne und Inhalte an. Natürlich ist der Song von einem echten Protestlied immer noch so weit entfernt, wie Hamburg von Garmisch-Partenkirchen. Dennoch zeigen sich die hartgesottenen Kerle von Truck Stop hier mal von einer nachdenklichen Seite. Tenor: Not, Hunger und Kriege können nur "Hand in Hand" gelöst werden - musikalisch in schöne, balladeske Countryklänge verpackt.
Überhaupt fällt auf: Das neue Album "6 Richtige" setzt deutlich mehr auf soliden Country und Country-Rock/Pop, als es bei den letzten Truck Stop-CDs der Fall war. Schlager-typische Songs und Sounds lassen sich dagegen nicht mehr ausmachen. Das ist allemal eine gute Nachricht. Zumal sich die Herren mit Werner Becker, Nils Tuxen, Steve Baker und - als Nashville-Import - Larry Franklin eine ganze Riege virtuoser Gäste ins Studio geholt haben. Wer das Ergebnis hört, kann ihnen kaum widersprechen: "Was soll’n wir denn in Nashville". Sie verstehen das übrigens nicht als Frage, sondern als Statement.
Fazit: Vollbedienung für den Fan – mit jeder Menge Country- und Macho-Klischees. Aber auch mit so manch hintergründigem Song und vor allem: mit schlagerfreien Songs und Sounds. Selten war Truck Stop besser.
Label: Gloriella (Sony) | VÖ: 17. September 2010 |
01 | Was Soll'n Wir Denn In Nashville |
02 | Einfach Mal Nichts Tun |
03 | Halt Mal Eben Mein Bier |
04 | Hello I'm Johnny Cash |
05 | Ju Kän Denglisch |
06 | Freiheit Um Die Nase |
07 | Ein Cowboy Ohne Pferd |
08 | Rodeo |
09 | Es Liegt In Menschenhand |
10 | Ich Bin Wieder Frei |
11 | HH Für Hamburg |
12 | Sicherheitsgurt |
13 | Auf Dem Highway Der Gefühle |
14 | 100.000 Kilometer |