Vor allem durch zwei Songs, die auf dem Soundtrack von "Crazy Heart" landeten, darunter "The Weary Kind", für das er den Golden Globe Award, den Oscar und einen Grammy erntete. Ryan Bingham machte in dem preisgekrönten Streifen übrigens auch in einer Nebenrolle eine stattliche Figur. Also: er hat's, er hat’s drauf.
Und er hat auch eine Vergangenheit, über die so mancher geschniegelte Neo-Country-Sänger vor Neid erblassen dürfte: in New Mexiko geboren, in den Weiten der Prärie von West Texas aufgewachsen und - alle Achtung! - er verdiente sich als Bullrider im Rodeo-Zirkus einen guten Namen. Rund zehn Jahre ist das her. Doch für die Credibility eines Country-Sängers ist das für die nächsten 50 Jahre pures Gold wert. Ein Ex-Bullrider, wow!
Ryan Bingham klingt wie ein heiserer Bob Dylan
Andererseits: Wer die nach zu viel Zigaretten und Whisky klingende Stimme des 29jährigen und die größtenteils leisen, eindringlichen Songs hört, braucht keinen Verweis mehr auf wildes Rodeo. Der Mann ist einfach klasse. Wie ein heiserer Bob Dylan oder ein junger Tom Waits nölt und krächzt er metaphernreich über Sinn und Besinnung einer wettergegerbten Seele. Das ist nicht der Stoff, nach dem normalerweise amerikanische Autoradios verlangen. Dafür ist das alles viel zu sperrig und spröde. Maßgeblich mit dafür verantwortlich ist auch Produzent T Bone Burnett, der derzeit wohl beste Mann für besondere Talente.
Junky Star ist exzellenten Alternative-Country
Zusammen mit Ryan Binghams Begleitband "The Dead Horses" - ein Trio an Drums, Bass, Gitarre/Mandoline - und einigen wenigen hochkarätigen Studiogästen servieren Ryan Bingham und T Bone Burnett exzellenten Alternative-Country. Oder: Alternative Rock. Oder: Folk-Rock. Oder: Americana. So ganz genau ist das nicht zu sagen. Mal trifft mehr das eine, mal mehr das andere zu. Ob so oder so – die rustikal gezimmerte Musik und der raukehlige Sänger geben immer eine höchst homogene Einheit ab. Songs wie der leise Opener "The Poet", das staubtrocken rockende "The Wandering", das bluesige "Strange Feelin‘ In The Air" oder das soulige und zum Glück nicht in Gospel-Gefilde angesiedelte "Hallelujah" besitzen eine seltene Tiefe und Glaubwürdigkeit.
Auch wenn er, wie bei "Depression", von seinen eigenen Gefühlsschwankungen oder vom texanischen Wind ("Directions of the Wind") erzählt. Er ist: ein Storyteller. Die ab und an wimmernde Harp lässt da tatsächlich an den guten Dylan denken. Damit sich das Klischee vom hintergründigen Widergänger aber ja nicht verfestigt, serviert er immer wieder Überraschungsmomente. Songs wie beispielsweise das im müden Drei-Viertel-Takt gehaltene und mit perlenden Surf-Gitarren veredelte "Self-Righteous Wall". Bonus-Track der CD ist, als nette Draufgabe, das buchstäblich ausgezeichnete "The Weary Kind".
Fazit: Ryan Bingham ist ein junges Talent mit Country-Roots, einer extrem knarzigen Stimme und einem seltenen Gespür für Roots, Americana und Rock. "Junky Star" ist zu Recht ein Hit in den USA.
Label: Lost Highway (Universal) | VÖ: 7. September 2010 |
01 | The Poet |
02 | The Wandering |
03 | Strange Feelin' In The Air |
04 | Junky Star |
05 | Depression |
06 | Hallelujah |
07 | Yesterday's Blues |
08 | Direction of The Wind |
09 | Lay My Head On The Rail |
10 | Hard Worn Trail |
11 | Self-Righteous Wall |
12 | All Choked Up Again |
13 | The Weary Kind (Bonustrack) |