Tom Astor - Leben Pur

Mit so einer Historie mag man sich selbstverständlich nicht mehr mit Kompromissen abgeben. Da zieht man nur noch sein Ding durch, ohne nach links und rechts zu blicken – entsprechend ist der Albumtitel "Leben Pur" seiner neuen CD bestimmt nicht zufällig gewählt. Das erneut gemeinsam mit Klaus Löhmer (und mit Sohnemann Leif Bräutigam) produzierte Album ist deshalb auch ein gutes Stück echte Selbstverwirklichung des Sängers und Songschreibers.

Bei gestandenen Künstlern ist das meist ein Vorteil. Denn – das spürt man – sie lieben, was sie machen, leben ihre Musik. Diese unverhohlene Euphorie kommt vor allem weniger originellen Songs zugute. Titel wie "Oh, Susanna". Ein mit Zydeco- und Cajun-Zutaten gewürzter Mitklatsch-Country-Song, der viel, vielleicht sogar zu viel gute Laune verbreiten möchte. Da sich aber Tom Astor mit so viel Engagement in diesen doch sehr simplen Song reinkniet, kommt beim Hörer spätestens ab dem zweiten Refrain Freude auf. Ob man will oder nicht ...

Aus ähnlichem Holz geschnitzt (und ebenfalls aus der Feder von Astor und Löhmer entsprungen) ist auch "Dieser Typ". Wer deutschen Country partout nicht leiden kann, wird mit Textzeilen wie "Folg dem Ruf der Freiheit und mail mich an. Ich muss mit dir reden, Baby. Jetzt – nicht irgendwann" vermutlich sämtliche Vorurteile bestätigt finden. Doch: Das ist nun mal die robuste Poesie des Tom Astor, in der er den hemdsärmeligen Haudegen gibt. Kompromisslos aber auch irgendwie charmant: Der Macho mit dem großen Herzen unterm Fransenhemd.

Wie weich der Kern hinter der rauen Schale von Tom Astor ist, wird vor allem in "Ein Leben lang" deutlich – eine echte Famlienproduktion. Zum einen hat ihn Astor mit Sohn Leif geschrieben, zum anderen tritt er gemeinsam mit Tochter Agnetha zum Duett an. Das ist auf alle Fälle rührend. Wobei man der netten Tochter keinesfalls empfehlen möchte, ihr Studium zugunsten einer Gesangskarriere aufzugeben. Dafür ist ihr Stimmchen doch um einen guten Tick zu dünn.

Deutlich wird dies vor allem in dem einzigen englisch gesungenen Track der CD  – in "When It Comes Down To Us (It’s All Up To You)", bei dem sich der Cowboy aus Schmallenberg das Mikro mit Country-Legende Crystal Gayle teilt. Hier treffen zwei gleichberechtigte Stimmen aufeinander und harmonieren prächtig. Ganz klar, eines der Highlights der CD.

Seinen Hut zieht Astor aber auch noch vor weiteren Legenden des Genres. So serviert er erneut für ihn typische deutsche Versionen von Countryklassikern. Auch wenn "Strohblume", "Auf der Autobahn" und "Wer hat ein Herz, das nie bricht" viel sperriger über die Lippen gehen als die Originale ("Sunflower", "On The Road Again", "Some Broken Hearts Never Mend"), schlägt sich der deutsche Barde prima: die Titel verströmen Wärme und Authentizität. Zu einem guten Teil liegt das auch an den beteiligten Musikern. Wie bei Astor üblich, hat er sich für die Produktion wieder nach Nashville verzogen. Mit Session-Cracks wie Brent Mason (Gitarre), Lonnie Wilson, Paul Leim (Drums) und Matt Rollings (Piano) kann musikalisch natürlich nichts anbrennen.

Wie konsequent Astor heute jeden Tag genießt, wird vor allem aber in dem Titel "Jenseits der Zeit" deutlich. Eine sentimentale Version des schottischen Volksliedes "O Waly, Waly" bei dem Michael Hirte eine herrliche Winnetou-Mundharmonika beisteuert. Kitschig – aber auch besinnlich und sehr, sehr lebensbejahend.

Fazit: Solide Hausmannskost vom deutschen Vorzeige-Cowboy. Wer Tom Astor mag, wird auch diese CD mögen – wer nicht, wird seine Vorurteile bestätigt finden.