Der Traum der Familie Niebel
Mit sagenhaften 30 Jahren etabliert hat sich dabei der vom Westernversand Niebel präsentierte Truck-Treff in Kaunitz in Westfalen. Lediglich den immer zu Pfingsten im fränkischen Geiselwind stattfindenden Treff gibt es wenige Jahre mehr. Beide haben eins gemeinsam, sie entstammen der Idee einer Familie und werden nun bereits in der nächsten Generation weiter geführt. Thorsten Niebel erzählt stolz, wie seine Eltern damals 1984, inspiriert von anderen ähnlichen Veranstaltungen, auf denen sie mit ihrem Western-Stand gebucht waren, den Gedanken weitersponnen und direkt umsetzten, in ihrer Heimatgemeinde Schloß Holte-Stukenbrock ein Truck-Treffen zu organisieren. Geschickt legten sie den Termin so, dass sie die örtliche Kirmes mit ins Boot nahmen, so dass das Zelt gleich stehen bleiben konnte. Gleich in diesem ersten Jahr verpflichtete man die zu der Zeit bereits erfolgreichen "Truck Stop" und landete einen Volltreffer. Ein anderer junger Künstler aus dem Sauerland rief an und fragte, ob er nicht vielleicht auf der Veranstaltung spielen dürfte. Die Niebels beschlossen, diesem gewissen Tom Astor, den niemand kannte, eine Chance zu geben. Zwei Jahre später legte er mit "Hallo, guten Morgen, Deutschland" seinen ersten großen Hit hin und wurde nach der Wende der bis dato wohl erfolgreichste deutschsprachige Country-Künstler. Immerhin auch an die 60 Lkw kamen damals zum 1. Internationalen Truck- und Country-Fest Schloß Holte-Stukenbrock und fuhren einen 20 km langen Convoy zur Freude der Besucher.
Eine bewegende Geschichte
Nachdem die Resonanz des Publikums ihr Konzept bestätigt hatte und die Niebels die natürlichen Vorgänge der ausreichenden medialen Werbung zum einen und die Hinzunahme ihrer persönlichen Kontakte zum anderen umzusetzen wussten, zog man nach einem Jahr Pause 1986 in die Ostwestfalenhalle nach Kaunitz um. Das dortige Gelände bietet seither jährlich (außer einer Pause 1987) die perfekte Infrastruktur für die immer an die 400 hochglanzpolierten Show-Trucks, die Schausteller, das Saloon-Zelt und die ca. 8.000 bis 10.000 Besucher, die sich über die vier Veranstaltungstage dort bewegen. Direkt angrenzend befindet sich noch eine Camping-Möglichkeit. Auf der Bühne der Halle, die an den Samstag Abenden mit gut 1500 Menschen gefüllt ist, standen über die Jahrzehnte Größen der deutschsprachigen Country Music, wie (die bereits genannten) "Truck Stop", Tom Astor, Gunter Gabriel, Dagmar Lay D. und Larry Schuba & "Western Union", genauso wie US-Stars, wie die Bellamy Brothers oder Dave Dudley. Auch das Schlager-Publikum wurde in Kaunitz am Rande immer mit bedient, so hatte Roy Black 1991 dort einen seiner letzten öffentlichen Auftritte. Daneben gab die Familie Niebel immer gerne auch unbekannteren Künstlern eine Chance. Wer dem Publikum gefiel, durfte wieder kommen. Kritik der Gäste wie auch der Musiker oder anderer Vertragspartner wurde immer ernst genommen und nach Möglichkeit umgesetz, alle Veränderungsvorhaben sorgsam durchdacht und jeder wohlwollend mit einbezogen, der zum Weiterkommen des Gesamten beitrug. Nach diesem Prinzip verfährt Thorsten Niebel, der inzwischen hauptsächlich die Geschäfte der Eltern übernommen hat und dem man glaubhaft abnimmt, dass er ebenso wie sie mit Herz dabei ist. Schließlich ist auch er junger Familienvater und weiß, wie wichtig es ist, das Gleichgewicht aller, die an dieser Großveranstaltung beteiligt sind, zu erhalten.
Große Jubiläumsfeier vom 6. bis 9. August 2015
Eine solche Besonderheit muss natürlich entsprechend gefeiert werden. Deshalb wollte man in Kaunitz diesmal bewusst alle Top-Künstler, die jemals dort auftraten, geschlossen dabei haben. Für den Freitag und Samstag Abend hat man sich als Highlight auf die Haupt-Bühne jene Stars geholt, die fast genauso "alt" sind, wie die Veranstaltung selbst:Tom Astor, der seit dem 1. Festival 1984 dabei ist und Larry Schuba & Western Union (seit 1986 dabei), ebenso "Die glorreichen Zwei" (immerhin seit 2005 auf der Bühne in Kaunitz), "Truck Stop" (von Beginn an Teil der Veranstaltung, natürlich mittlerweile in veränderter Besetzung), Gunter Gabriel (auch er schon im 29. Jahr) sowie Michael Heck. Im Saloon treten über die Tage (bei freiem Eintritt am Donnerstag) des weiteren zahlreiche weitere Solisten, Duos und Bands auf. Der Sonntag schließt ab mit einem Frühstücks-Buffet, einem Gottesdienst zum Gedenken an Lucius und Cisco von "Truck Stop" und einer Line Dance Party im Anschluss. An allen vier Tagen gibt es darüber hinaus ein vielfältiges Rahmenprogramm für mit historischem Western-Camp, Tanz-Workshops, Bullriding, Hüpfburg und Ponyreiten, wobei der Veranstalter hier Wert darauf legt, dass es sich nicht um eins der aus Tierschutz-Sicht umstrittenen Pony-Karusselle handelt, sondern die Tiere abseits des Rummels möglichst stressfrei um eine Wiese bei der Halle geführt werden.
Rundfahrt mit ca. 500 Show-Trucks und soziale Projekte
Mittelpunkt sind und bleiben jedoch die herausgeputzten, bunt-glänzenden Show-Trucks, von denen es in den letzten Jahren immer an die 400 waren und in diesem Jahr nochmal einige mehr erwartet werden. Besonders stolz ist man, zum Jubiläum eine Sondergenehmigung bekommen zu haben, am Sonntag Fahrten mit den Lkw von 30 bis 35 km anbieten zu können, bei denen die Fahrer jeweils auch Gäste mitnehmen dürfen. Diese entrichten hierfür eine Spende, die dem Verein "Schattenkinder e. V." zu Gute kommt, der vielfältige soziale Projekte in Deutschland unterstützt. Des weiteren ist in Kaunitz der Verein "Die Transportbotschafter" vertreten, der vor allem Kindern seine Aktion "Achtung: Toter Winkel!" anschaulich näher bringt. Kinder bis 6 Jahren haben beim Truck-Treff im übrigen auf dem gesamten Gelände freien Eintritt, bis 10 Jahre bei den Konzerten in der Halle.
Schon mal voraus blicken
Auf 30 Jahre zurück blicken können nur wenige. Die Struktur, die Thorsten Niebel von seinen Eltern übernommen und mit seiner eigenen Persönlichkeit vertieft hat, sind gefestigt. Er konnte auch aus den Fehlern anderer lernen, sehen, wie einige an ihrem Egoismus zerbrochen sind, selbst dabei stetig eine Leistungssteigerung erreichen. Nie aufhören, Werbung zu machen, das sei eins der großen Standbeine, so sagt er. Auch eine Veranstaltung, wie seine, die scheinbar weit hinaus bekannt ist, braucht das Miteinander mit den Medien und auch den Menschen aus der Umgebung. So kommen nach Kaunitz Stammgäste, die "schon zum Inventar" gehören, aber auch immer wieder Neulinge, die einfach neugierig geworden sind. Der Truck-Treff bietet Platz für Country Music-Fans, Line-Tänzer, Brummi-Liebhaber und -Modell-Bastler sowie Familien mit Kindern und Hunden und alle, die offen sind für diese bunte und etwas verrückte Welt. Auch 2016 wird es weiter gehen, so viel steht fest. Und irgendwie reizt es Thorsten Niebel auch, leichte Veränderungen vorzunehmen und neue Strategien auszupacken. Wobei am Gesamtkonzept sicher nichts verändert werden wird. Wozu auch? Mal was Neues ausprobieren wäre jedoch nicht undenkbar, meint er, aber in kleinen Schritten.