"Talent must be a fanatical mistress!", heißt es in einem der Songs. Und das Talent muss nicht nur eine herrische Gebieterin sein, sondern es muss genutzt werden, genau dann, wenn es sich nach vorne drängt. Martie Maguire und Emily Robison ließen ihr Talent und ihr Können ans Werk, sie wollten nicht mehr länger warten, nicht länger Kraft schöpfen, nicht länger stumm bleiben. Also schrieben sie, texteten sie und gingen sie ins Studio, um ihre Songs einzuspielen. Nicht gegen die Dixie Chicks, aber ohne Dixie Chicks-Sängerin Natalie Maines, die noch länger dem Studio fern und ihren Kindern nah bleiben will. Das ist die ganze Geschichte um das Trio, aus dem das Duo entstand.
Und mittlerweile hat es auch der letzte Dixie Chicks-Fan in good old Europe gehört: Das ist nicht das Ende ihres geliebten 25-Millionen-Album-Trios! (Ab Juni stehen die Dixie Chicks mit Natalie Maines bei der Eagles-Tour in den USA und Kanada als Special Guest auf der Bühne). Aber nun genug vom Trio, es geht um just the two of them: Wer seit 2007 – dem letzten gemeinsamen Auftritt der drei Damen bei der Grammy-Verleihung – durchgehalten hat, der darf jetzt mit zitternden Fingern die CD und das Booklet aus der Schachtel nesteln: Da sind sie auf dem Cover, just the two – nichts weiter. Emily und Martie pur. Nur konsequent: Das Album der Court Yard Hounds heißt schlicht: Court Yard Hounds. Und – Yeah! Aufregung, aber nicht Überraschung vorweg genommen: Sie können’s! Texten, komponieren, arrangieren, vorne singen, präsent sein, musizieren! Die ganze Bandbreite beherrschen sie bis in die Spitzen ihrer langen Haare.
12 Titel sind auf dem Album, Songs, in denen es um Liebe, Trennung und sehr persönliche Gefühle geht. Natürlich blättert jeder gleich bei der ersten Nummer im Text-Booklet, um das Geheimnis hinter den Worten zu entdecken, und ja, es geht auch um Scheidung, ums Auseinandergehen, ums Kinder Bekommen, um Ängste und Hoffnungen. Musikalisch? Stellen Sie sich vor, die Hände liegen auf dem Cabrio-Lenkrad, die Landstraße vor Ihnen, die Stadt verschwindet im Rückspiegel, die blauen Berge kommen näher – Bluegrass-Sound at it’s best. Und stellen Sie sich vor, sie sitzen alleine auf einem ruhigen Fleckchen dieser Erde, verträumt, in Gedanken, vielleicht traurig und ein kleines Kind stupst Sie plötzlich ganz zaghaft an . . . Ja auch zaghaft und im Sinne des Wortes berührend sind die Songs, vor allem der Auftakt "Skyline", "April’s Love" und der Titel "Gracefully", den einzigen, den Martie Maguire selbst geschrieben hat und singt.
Eigentlich entfernen sich die Court Yard Hounds mit ihrem selbst betitelten Debütalbum, das am 14. Mai 2010 erscheint, nicht von der bisher typischen Dixie Chicks-Mischung aus Folk-Pop, Bluegrass und Country. Aber trotzdem sind diese Songs anders und eigen, weil auf sehr mutige Art sehr persönlich. Harmonischer Country-Pop, getragene Melodien, dann wieder rockiger Beat, überraschender Dobro-Sound, flotte Rhythmen, die davontragen, und schließlich zu guter Letzt: Folk, wie Folk sein muss. Ganz klar Hit-verdächtig auch in Europa: "The Coast", ein Sommer-Hit, dessen Melodie Emily Robison "im Schlaf" in den Sinn kam und der klassische Folk-Song "See You In The Spring", den Emily zusammen mit Martin Stryer geschrieben und zusammen mit Jakob Dylan gesungen hat.
Fazit: Die Leichtigkeit des Seins scheint im Studio in Austin präsent gewesen zu sein. Luftige Akustik-Songs voller Transparenz und der Lust am Leben – so wie es nun mal ist – sind den Schwestern gelungen. Just the two of them!
Label: Columbia Nashville (Sony) | VÖ: 14. Mai 2010 |
Titelliste CD
Links
01 | Skyline | 07 | I Miss You |
02 | The Coast | 08 | Gracefully |
03 | Delight (Something New Under The Sun) | 09 | April's Love |
04 | See You In The Spring (mit Jakob Dylan) | 10 | Then Again |
05 | Ain't No Son | 11 | It Didn't Make A Sound |
06 | Fairytale | 12 | Fear Of Wasted Time |