Brandy Clark - Brandy Clark

CD Cover: Brandy Clark - Brandy Clark

Mit ihrem vierten, selbstbetitelten Album knüpft Brandy Clark an ihr bisheriges Schaffen an

Brandy Clark. Der Name genießt in der Nashville-Gemeinde einen außerordentlich guten Ruf. Wen wundert es? Schließlich zählt die 1975 im Bundesstaat Washington geborene Sängerin und Songschreiberin zu den größten Talenten der Szene. Bereits mit neun Jahren begann sie mit dem Gitarrenspiel, Ende der 90er Jahre ging sie nach Nashville, um an der Belmont University Musikwirtschaft zu studieren. Doch die Theorie war nichts für die Vollblutmusikerin. Deshalb ergatterte sie schon bald einen Job bei einem Musikverlag als Songschreiberin.

Spätestens als die große Reba McEntire zwei ihrer Songs aufnahm und sich dann noch junge Acts - wie The Band Perry oder Miranda Lambert - bei ihren Kompositionen bedienten, war klar, dass Music City USA um ein Kreativ-Talent reicher war. Es folgten eine ganze Reihe von Auszeichnungen und Awards, darunter etliche Grammy-Nominierungen und ein CMA-Award (für "Follow Your Arrow", das sie für Kacey Musgraves schrieb).

Brandy Clark: Hits für andere - der eigene Hit fehlt noch

Doch - und das ist die Kehrseite der Medaille - ihre eigene Karriere wollte nicht so richtig zünden. Bis heute eigentlich. Ihre bisher erschienenen Alben schlugen sich achtbar, das ja. Aber für eine Top-5-Platzierung hat es bisher nicht gereicht. Lediglich das wunderbare "Big Day in a Small Town" enterte mit Platz acht die Top 10 der Country-Charts (und kam immerhin auf Rang 82 der Pop-Charts). Das Nachfolge-Werk, das 2020 erschienene "Your Life is a Record", musste sich dagegen mit einem bescheidenen 46. Platz begnügen und reüssierte in der Pop-Bestenliste gar nicht.

Das muss frustrierend sein. Vielleicht aber, und wer sie so völlig tiefenentspannt singen und spielen hört, könnte das glatt vermuten, geht ihr diese ganze Charts- und Hit-Gedöns ohnehin am Allerwertesten vorbei. Wahrscheinlich geht sie so vorbehaltlos in ihren Songs auf, dass der Rest, das Drumherum keine entscheidende Rolle für sie spielt. Jedenfalls zieht die Künstlerin auch auf ihrem vierten, selbstbetitelten Studio-Album erneut keine marktschreierischen Register. Was nicht heißen soll, dass sich die warmkehlige Sängerin nicht Unterstützung ins Studio geholt hat.

Einer ihrer drei Stargäste ist gleich beim Opener mit von der Partie: Gitarrist Derek Trucks von der Tedeschi Trucks Band. Sein, wie immer originelles, gelegentlich von orientalischen Melodiebögen inspiriertes Slide-Spiel wertet den ohnehin starken Track zusätzlich auf. Ein Titel, mit zwei Polen: Während er in der ersten Songhälfte noch an einen Eagles-Track vom alten "One of These Nights"-Album erinnert, steigen Clark, Trucks und Kollegen in der zweiten Songhälfte auf das Gaspedal. Sehr cool! Sehr virtuos!

"Brandy Clark": ein Album ohne Schwächen

Nach so einer fulminanten Entladung ist freilich erst mal eine Verschnaufpause angesagt: "Buried" heißt der akustische Track, der im Titel düster, in der musikalischen Umsetzung aber herrlich romantisch klingt. Wer sich noch an Karla Bonhoff erinnern kann, bekommt von der Stimmung des Songs eine Ahnung. Beim dritten Titel sind - wieder mal - Lucius mit dabei. An der New Yorker Indie-Rock-Band hat die Country-Gemeinde offenbar einen Narren gefressen. Warum auch nicht? Die Band hat Style und eine Ader für unkonventionelle Songs und Sounds. Diesem Image wird der Act auch auf "Tell Her You Don't Love Her" gerecht - ein etwas schräger, sperriger Titel mit Hip-Hop-Groove und hippen Klang-Ornamenten. Ein Song, der beim ersten Mal noch nicht so richtig ins Ohr gehen will, bei weiteren Hörgängen aber richtig Charme verbreitet.

Das gelingt ohne Umwege indes den weiteren Tracks: der spartanisch arrangierten Klavierballade "Dear Insecurity", bei der wieder mitmischt, der unaufgeregte Folk-Rocker "Come Back to Me" und das vergleichsweise harte, eher im Heartland-Rock angesiedelte "Northwest" überzeugen ab dem ersten Takt. Bei letzterem Song erinnert Brandy Clark übrigens - sowohl stimmlich als auch musikalisch - an eine rockende Mary Chapin Carpenter. Das gilt auch für das sehr witzige und aufgekratzte "She Smoked in the House".

Für den Ausklang, der mit elf Tracks bestückten CD schlägt Brandy Clark folk-orientierte Töne an: "Up Above the Clouds (Cecilia's Song)" besticht durch filigrane Akustik-Harmonien, bei "All Over Again" beschreibt sie zu herzhaften Folk-Rock-Klängen und einem Gospelchor ein typisches Beziehungs-Chaos und "Best Ones" ist in bester Neil Young-Tradition gehalten. Für den Ausklang der CD hat sie "Take Mine" gewählt - gute Entscheidung! Hier kann Brandy Clark, fast nur von einem Keyboard begleitet, noch einmal ihre stimmlichen Qualitäten unter Beweis stellen. Ein schlichter Song von betörender Schönheit.

Fazit: Ruhig, entspannt, von hoher Qualität: Brandy Clark stellt bei ihrem vierten, gleichnamigen Album erneut ihre großes Songwriting-Talent unter Beweis.

Label: Warner Bros. Nashville (Warner) VÖ: 19. Mai 2023
Disk 1
01 Ain't Enough Rocks (mit Derek Trucks)
02 Buried
03 Tell Her You Don't Love Her (mit Lucius)
04 Dear Insecurity (mit Brandi Carlile)
05 Come Back to Me
06 Northwest
07 She Smoked in the House
08 Up Above the Clouds (Cecilia's Song)
09 All Over Again
10 Best Ones
11 Take Mine
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