Das sahen Kenner und Kritiker auch schon bei ihren beiden Vorgänger-Alben "12 Stories" (2013) und "Big Day in a Small Town" (2016). Trotzdem sprangen nur eher bescheidene Plätze in den Country-Charts heraus (Platz 23 und 8). Wer weiß schon warum? Brandy Clark wird es wohl auch nicht so genau wissen. Vielleicht ist es ihr auch egal. Eines steht jedenfalls fest: Von Verzagtheit und Frust ist in den elf neuen Tracks von "Life is a Record" nichts auszumachen. Aber - und das ist das Schöne daran - auch nichts von Aktivismus, von übertrieben großen Anstrengungen oder gar von Anbiederung an aktuelle Trends. Nichts davon hat im Klang- und Weltbild von Brandy Clark einen Platz. Alleine das ist schon für einen Extra-Stern in der Bewertung gut. Mindestens.
Steht für großartiges Songwriting und Storytelling: Brandy Clark
Für die weiteren sorgen ihr grandioses Songwriting und Storytelling. Gemeinsam mit Produzent Jay Joyce (Little Big Town) entwarf die auf sechs Grammy-Nominierungen verweisende Künstlerin ein transparentes, häufig aus akustischen Instrumenten bestehendes Sound-Outfit. Ein Umfeld, das ihre Stärken in den Fokus rückt. Und das sie, ob gewollt oder ungewollt, in die Nähe von Country-Ikone Mary Chapin-Carpenter rückt. Schon der Opener der CD "I'll Be The Sad Song" lässt an Frau Carpenter und ihre wunderschöne Ballade "I Am A Town" denken. Aber auch das etwas beschwingtere, ganz mit den Zutaten des 90er-Jahre-Country zubereitete "Pawn Shop" und auch die nachfolgende Country-Folk-Perle "Who You Thought I Was" würden sich gut auf Carpenters Meisterwerk "Stones In The Road" machen.
Trotz Ähnlichkeiten ist Brandy Clark weit davon entfernt, jemandem nachzueifern oder gar zu kopieren. Sie ist schon eine eigene Marke. Eine eigenständige Künstlerin, mit hohem Wiedererkennungswert und höchst eigener Handschrift. Wie für viele ihrer Kollegen und Kolleginnen hat auch für sie das Songwriting einen therapeutischen, einen heilenden Effekt. Sie schreibt sich die Sorgen buchstäblich von der Seele - und davon hatte sie zu Beginn der Aufnahmen zu "Life is a Record" angeblich mehr als genug, da eine langjährige Beziehung gerade zu Ende ging.
Die positive Seite des privaten Desasters: Nie waren ihre Songs persönlicher, als auf diesem Album. Titel wie die im Dreiviertel-Takt gehaltene Revue-Nummer "Love is a Fire", die Song-gewordene Vergangenheits-Bewältigung von "Apologies" oder der so melancholische wie wissende Blick in den Rückspiegel bei "The Past is the Past" erlauben einen tiefen Blick in eine verwundete Seele.
"Life is a Record" - intime Songs zwischen Leid und Lust
Doch wie es manche Songs andeuten, scheint die Songwriting-Therapie erfolgreich gewesen zu sein. Jedenfalls schwelgt Brandy Clark auf der CD keinesfalls ausschließlich in Moll und Niedergeschlagenheit. Im Gegenteil. Bei dem witzigen, modern arrangierten "Who Broke Whose Heart" erinnert Brandy Clark sogar an Shania Twain zu ihren besten Zeiten. Keine Frage, ein Track mit Hit-Potential.
Ein Hit wird das sperrigere, im Vintage-Sound angesiedelte "Bigger Boat" vermutlich nicht. Doch der Song könnte Brandy Clark zu noch größerem Ansehen und erweiterter Fangemeinde verhelfen. Der Grund: In dem fröhlichen Folk-Song präsentiert sie keinen Geringeren, als Sänger und Songschreiber-Legende Randy Newman als Gaststar. Und die zwei bilden fürwahr ein köstliches Doppel: Er, der knarzige Zyniker. Sie, die gute Seele mit Engelsstimme.
Fazit: Auf "Life is a Record” thematisiert Brandy Clark eine gescheiterte Beziehung - und findet dafür so persönliche wie großartige Texte und Melodien. Ein starkes Album!
Label: Warner Bros. Nashville (Warner) | VÖ: 6. März 2020 |
01 | I'll Be the Sad Song |
02 | Long Walk |
03 | Love is a Fire |
04 | Pawn Shop |
05 | Who You Thought I Was |
06 | Apologies |
07 | Bigger Boat (mit Randy Newman) |
08 | Bad Car |
09 | Who Broke Whose Heart |
10 | Can We Be Strangers |
11 | The Past is the Past |