1993 erschütterte der bestialische Mord an drei Jungen die Kleinstadt West Memphis in Arkansas. In der tiefreligiösen Stadt war schnell klar, wer für die grausame Tat verantwortlich sein muss: drei Jugendliche, die Heavy-Metal-Fans sind und denen man eine Verbindung zu einem düsteren Satanskult nachsagte. Die Jugendlichen wurden verhaftet und zum Tode beziehungsweise zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch schnell wurden erste Zweifel an der Schuld der Teenager laut.
1996 sorgte der HBO-Dokumentarfilm "Paradise Lost: The Child Murders at Robin Hood Hills" für Aufsehen. Es wurde öffentlich, dass es bei den Ermittlungen eine Reihe von Fehlern gegeben hatte und bestimmte Spuren gar nicht weiter verfolgt worden waren. Der Fall der "West Memphis Three" sorgte für immer mehr Aufsehen und es folgte eine Welle der Solidarität, auch durch prominente Unterstützer. So verlangten Musiker wie Henry Rollins, Pearl Jam oder Natalie Maines von den The Chicks die Wiederaufnahme des Verfahrens. 2007 wurde mit neuem forensischen Beweismaterial nachgewiesen, dass die am Tatort gefundenen DNA-Spuren nicht mit den mutmaßlichen Tätern übereinstimmten, aber mit dem Stiefvaters eines der Opfer. Eine Wiederaufnahme des Falls wurde jedoch abgelehnt. Erst 2011 wurden die vermeintlichen Täter entlassen - weil sie ihre Strafe "abgesessen hätten".
Der kanadische Regisseur Atom Egoyan hat die Geschichte der West Memphis Three nun in einem dramatischen Thriller verarbeitet. "Devil's Knot - Im Schatten der Wahrheit" basiert dabei auf dem gleichnamigen Bestseller von Mara Leveritt. Egoyan erzählt chronologisch von dem Geschehen und bezieht auch jene Spuren ein, die von der Polizei damals ignoriert wurden. Er sammelt die Fakten und verfolgt verschiedene Hinweise, die sich langsam, wie ein Puzzle, zusammensetzen.
Mit seinen klaren und unaufgeregten Bildern versucht er den komplexen Zusammenhängen eine Struktur zu geben und sie zu ordnen. Doch hat es oft den Anschein, als würde der präzise Faktencheck alles dominieren, dass die Verantwortung gegenüber der Wahrheit den Erzählfluss überlagert. Eigentlich ist Egoyan für seine psychologische Erzählweise und Figurenführung bekannt, aber hier hat er nicht den richtigen Ansatz gefunden. Denn anstatt die Geschichte anhand einer Figur abzuarbeiten, behält Egoyan einen generellen Blick auf die verschiedenen Charaktere.
Reese Witherspoon als Mutter eines Opfers und Colin Firth als Privatdetektiv können zwar auf schauspielerischer Ebene überzeugen, doch letztlich den Film auch nicht zusammenhalten. Das ist schade, verdient der Fall doch jegliche Aufmerksamkeit, um das Versagen von Justiz und Polizei bekannt zu machen. Und so ist "Devil's Knot - Im Schatten der Wahrheit" lediglich ein solider Film geworden, der ein wichtiges Thema behandelt und einen umfassenden Einblick in die Ermittlungs- und Verfahrensfehler geben kann, aber letztlich an seinem eigenen Anspruch scheitert. Wer also mehr über die "West Memphis Three" wissen will, sollte lieber zum Dokumentarfilm greifen.
Fazit: "Devil's Knot - Im Schatten der Wahrheit" erzählt die wahre Geschichte der "West Memphis Three" und versucht das Verbrechen und die Ermittlungen möglichst präzise nachzuzeichnen. Doch Regisseur Atom Egoyan kann in dem komplexen Geflecht aus Verdächtigungen, Spuren und Vorverurteilungen die Spannung leider nicht durchweg aufrechterhalten.