Der Spielfilm Almost Heaven vereint Heike Makatsch und Wotan Wilke Möhring.
Der Film Almost Heaven
Es war eine niedliche Idee, Heike Makatsch in Detlev Bucks "Männerpension" mit treuherzigem Augenaufschlag den Tammy-Wynette-Klassiker "Stand By Your Man" singen zu lassen. Damals konnte aber niemand ahnen, dass eines Tages ein Regisseur versuchen würde, diesen Scherz auf 95 lange Filmminuten auszuwalzen: Ed Herzog, der auch mit Paul Herzberg das Drehbuch verfasst hat, hat es zehn Jahre nach "Männerpension" gewagt: "Almost Heaven", inspiriert von der ersten Zeile aus John Denvers "Country Roads". Doch trotz einer potenten Schauspielerriege - Nikki Amuka-Bird (u.a. bei der Royal Shakespeare Company), Wotan Wilke Möhring ("Bang Boom Bang", "Antikörper"), Michael Gwisdek ("Sperr und Er", "Good Bye Lenin") und Ivan Shvedoff ("Zuckerbrot") - hat er mit "Almost Heaven" einen erstaunlich schlechten Film vorgelegt.
Einen, der sich nie entscheiden kann, was er sein will und der als Roadmovie ebenso versagt wie als Komödie, Tragödie oder einfach nur Musikfilm. Man ahnt, dass es um Träume geht, um Lebenslügen, um Verantwortung und Freundschaft, aber das alles versandet in erschreckend schwachen Dialogen und arg strapaziertem Zufällen, die das Drehbuch mühsam zusammenhalten und die Handlung irgendwie vorantreiben. Besonders nervt die schlechte Synchronisation, offensichtlich wurde "Almost Heaven" nachträglich auf Deutsch nachvertont: Spätestens mit ihren künstlich aufgesetzten deutschen Stimmen verlieren viele jamaikanische Charaktere und Nebendarsteller ihren Charme. Jamaika? Ach, hatten wir das noch nicht erwähnt? "Almost Heaven" spielt über weite Strecken auf Jamaika. Immerhin: Es gibt rührende Momente in "Almost Heaven", es gibt ansprechende Aufnahmen aus Jamaika - nicht nur des touristischen, eher im Stile des Klassikers "The Harder They Come" von Perry Henzell.
Die Story von "Almost Heaven"
Wie also kommt ein kölner Countrygirl nach Jamaika? Nun, es begab sich so: Noch im Kernspinnthomographen träumt die junge Kölnerin Helen (Heike Makatsch) ihren großen Lebenstraum: Einmal im Bluebird Cafe in Nashville aufzutreten. Ihre Bewerbung hat sie längst abgeschickt, aber es sieht nicht so aus, als würde der Traum in Erfüllung gehen: Sie hat nur noch kurze Zeit zu leben und ihr Mann, der Bowlingbahnbetreiber Carlo (Wotan Wilke Möhring) hat schon einen Hospizplatz gebucht. Deshalb lässt er den Brief mit der Zusage des Bluebird Cafes verschwinden. Doch sein russischer (!) Bowlingbahnbohnerer Strike (Ivan Shvedhoff) überbringt Helen den Brief - die rast mit Gitarre, Stetson und einem gestohlenen Krankenwagen gen Flughafen. An der Personenkontrolle löst eine Nagelschere einen mittelschweren Disput zwischen einer Passagierin und den Sicherheitskräften aus, Helen greift im Chaos das falsche Ticket - und fliegt statt nach Nashville nach Jamaica. Glauben müssen wir das alles natürlich nicht, und aus dieser absurden Situation hätte man sicherlich einiges machen können. Wenn sich der Regisseur nur entschieden hätte, was genau er in "Almost Heaven" daraus machen will.
Und was bringt "Almost Heaven" dem Country-Freund?
Wenig. Natürlich werden die altbekannten Country-Klischees durchgewalkt: "Was sind denn das für Frauen? Flennen ins Spülwasser, nur weil ihr Mann mit einer anderen rummacht" mäkelt Helens jamaikanische Hassfreundin, die Trickdiebin Rosie (Amuka-Bird). Ansonsten bleibt Unbehagen ob der Ahnungslosigkeit (oder war es: Arroganz?) der Drehbuchschreiber. Da sagt die Countrybraut Helen zu ihren Musikern "Lass uns 'Country Road' (sic!)" spielen. Da erhält sie tatsächlich die Einladung vom Blue Bird Cafe in Nashville, obwohl diese nur ortsansässigen oder professionellen Künstlern gewährt wird: "If your package does not include professional product and press, it will not be considered", wie es beim Bluebird so schön heißt. Und: Die Lieder müssen entweder selbst geschrieben sein, oder bislang unveröffentlicht sein. Sorry, Helen. Heike Makatsch hört derzeit gerne Alison Krauss auf ihrem Ipod, verrät sie, und sie schlägt sich tapfer an den paar Country-Nummern, die sie nur zu Gitarrenbegleitung singt (eingespielt in London mit dem Gitarristen David Ogilvy) - aber wirklich schön singt sie nicht. Einzig die atmosphärische Gitarren-Hintergrundmusik von Bill Frisell weiß zu gefallen. Auf dem CD-Soundtrack werden sich auch noch Reggae-Stücke von Gentleman und Patrice befinden. Was allerdings sehr schön ist: Steeldrum-Kitsch gibt es erst im Abspann. Und dort nur sehr kurz.
Fazit: Ed Herzogs todkrankes-kölner-Countrygirl-geht-nach-Jamaika-Film "Almost Heaven" mangelt es an vielem: Situationskomik: Keine. Gewitzte Dialoge: Fehlanzeige. Glaubhafte Charaktere: Mangelware. Gute Unterhaltung geht anders. Hoffentlich hatten die Beteiligten wenigstens ein paar schöne Tage am Strand.