Kinoflop "Tender Mercies - Comeback der Liebe" avanciert zum Kritikerliebling
Als "Tender Mercies - Comeback der Liebe" 1983 in die US-Kinos kam, interessierte sich niemand für das stille Drama um einen heruntergekommenen Country-Sänger. Bei uns erschien der Film ohnehin nur auf Video bzw. DVD. Ein Jahr später tauchte er jedoch plötzlich in fünf Kategorien bei den Oscars wieder auf, darunter auch als "Bester Film", und gewann zwei der begehrten Auszeichnungen: Hauptdarsteller Robert Duvall und der im März 2009 92-jährig verstorbene Drehbuchautor Horton Foote. Hierzulande gilt es, den Film auch nach mehr als 25 Jahren überhaupt erst zu entdecken - es lohnt sich!
Der verkitschte deutsche Nachklapp des Titels führt auf eine völlig falsche Fährte. Was nach rührseligem Hollywoodkitsch klingt, entpuppt sich als unsentimentales und gerade deshalb berührendes Melodram. Texanische Einöde pur, irgendwo zwischen San Antonio, Austin und Dallas. Dorthin verschlägt es den ehemaligen Country-Star Mac Sledge (Robert Duvall), der im wahrsten Sinn ganz unten ist, als wir ihn kennenlernen: Er liegt besoffen schlafend auf dem Fußboden seines verdreckten Motelzimmers. Weil er nicht einmal für die schäbige Unterkunft aufkommen kann, bietet er der Besitzerin Rosa (Tess Harper) an, die Kosten abzuarbeiten.
Ein Arrangement mit Folgen. Zwischen dem verschlossenen Trinker und der zurückhaltenden jungen Frau entwickelt sich eine zarte Liebesbeziehung. Auch Rosas Sohn Sonny, dessen Vater im Vietnamkrieg gefallen ist, fühlt sich zu dem wortkargen Mann hingezogen und umgekehrt. Es dauert nicht lange, da heiraten Rosa und Mac. Als jedoch dessen erste Frau, die erfolgreiche Country-Sängerin Dixie, in der Nähe ein Konzert gibt und ihm ein Treffen mit der gemeinsamen Tochter Sue Anne (Ellen Barkin in ihrer ersten Kinorolle) verweigert, brechen alte Wunden auf. Und deren Risse gehen tiefer, als die der getrockneten Ackerfurchen auf den endlosen Felder ringsherum...
In aller Stille dringt ausgerechnet ein australischer Regisseur ins Heartland der USA vor und zeichnet ein ehrliches, genau beobachtetes Bild vom kargen Landleben. Ungeschönt und ohne verklärende Romantik. Bruce Beresford, der später mit "Miss Daisy und ihr Chauffeur" erfolgreich war, kann sich dabei ganz auf den co-produzierenden Hauptdarsteller Robert Duvall verlassen. Sowieso immer ein Ereignis, übertrifft er sich hier selbst als gescheiterter Sänger, der Gefühle nur in seinen Songs offenbaren kann. Doch ebenso wie seinen Glauben an das Glück, hat er auch das Vertrauen in seine Musik verloren. Greift er doch einmal zur Gitarre, dann meist, um Sonny etwas beizubringen. Nur mühsam gelingt es einer lokalen Band, Mac zu überreden, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Macs Neubeginn, der immer wieder von Rückschlägen erschüttert wird, schildert das komplexe Alltagsdrama der kürzlich verstorbenen Autorenlegende Horton Foote (Oscar für "Wer die Nachtigall stört") in einfachen, ausdrucksstarken Momenten. Und mit herzzereißenden Country-Songs, unter anderem Bob Fergusons "Wings of a Dove", Lefty Frizzells "It Hurts to Face Reality" und dem für einen Oscar nominierten "Over You" von Austin Roberts und Bobby Hart. Duvall singt selbst - und hat auch ein paar der Songs geschrieben, obwohl er es in den Extras der DVD abstreitet bzw. herunterspielt; er taucht jedenfalls bei den Song-Credits auf. In den zwanzig Jahre später für die Extras aufgenommenen Interviews erfährt man darüber hinaus viel über die schwierige Produktionsgeschichte des Films, und dass sich Duvalls Kumpel Willie Nelson seinerzeit anbot, für "Tender Mercies - Comeback der Liebe" die Werbetrommel zu rühren (wozu es aus Dummheit der Verantwortlichen bei Universal nicht kam).
Fazit: "Tender Mercies - Comeback der Liebe" ist ein schlichtes Alltagsdrama voll emotionaler Wucht und lebensechter Figuren, das bei uns leider kaum bekannt ist.