Justin Townes Earle - Kids in the Street

CD Cover: Justin Townes Earle - Kids in the Street

Auf "Kids In The Street" hat Justin Townes Earle den Blues und einige tolle Songs versammelt.

Wenn man der Sohn von Steve Earle ist und Musik macht, wird man schnell in eine Schublade gesteckt. Bei Justin Townes Earle, benannt auch nach des Vaters besten Buddy Townes Van Zandt, steht auf dieser Schublade der Begriff "Folk Singer". Passt ja auch weitgehend, ignoriert aber die starke Verwurzelung im Blues, die der inzwischen 35-Jährige als Nashville besitzt und die er bereits auf den ersten sieben Alben seiner Karriere zur Schau gestellt hat.

"Kids In The Street" mit der Tendenz zum Blues

Auf "Kids In The Street", dem also nunmehr achten Album in zehn Jahren von Justin Townes Earle, tritt diese Tendenz zum Blues nun vielleicht so stark in den Vordergrund wie auf keinem seiner Releases zuvor.

Das wird direkt im Opener "Champagne Corolla" klar, in dem es im klassischen 12-Takte-Schema ordentlich rumpelt und kracht. Earle und seine Band - allen voran Gitarrist Paul Niehaus - drücken hier mächtig aufs Gas und zeigen von Beginn an, dass sie unter Strom stehen. Die Blues-Neigung zeigt sich im Laufe des Albums gleich mehrfach und in verschiedener Ausprägung. In "15-25", das als Appetithappen für "Kids in the Street" bereits vorab im Netz auftauchte, wird der Blues in der südstaatentypischen Kombination mit Soul à la Dr. John interpretiert.

In "Same Old Stagolee", einem Cover des Klassikers, den man schon von Mississippi John Hurt kennt, singt Earle allein zur gezupften Gitarre den kargen, puren, staubtrockenen Folk Blues. Das alles ist nicht innovativ oder gar visionär, wird aber einer Lässigkeit und gleichzeitigen Entschiedenheit vorgetragen, dass es aufhorchen lässt und Spaß macht.

Schielen aufs Formatradio

Blues ist zwar der bestimmende Einfluss auf diesem Album, aber nicht der einzige. Folk und Country sind ebenfalls stark präsent. Beides wird vor allem in den ruhigeren Stücken des Albums offenbar. Insbesondere der Titelsong, "Kids in the Street", in dem Earle nur zur gezupften Gitarre singt und dies mit einer offenen Aufrichtigkeit und Herzlichkeit, die das Herz rühren, sticht positiv hervor.

In anderen Songs schielt Earle aufs Formatradio. "Maybe a Moment" ist mit allen Zutaten eines großen Radiohits komponiert: Hymnischer Refrain, knackige Strophe, eingängiger Text und einem Gute-Laune-Gefühl. "What She's Crying For" dagegen ist purer Country mit Pedal Steel-Gitarre und Nashville-Vibe.

Justin Townes Earle bleibt auch im zehnten Jahr mit "Kids in The Street" seiner Karriere ein Suchender zwischen Tradition und eigenem Ausdruck, zwischen Erbe und Vermögen. Earles' Talent jedoch ist vermögend genug, um diese Bürde zu tragen und letztendlich ans Ziel zu kommen. "Kids In The Street" ist ein weiterer Beleg dafür.

Fazit: "Kids In The Street" von Justin Townes Earle deckt viele Facetten ab, ist dadurch vielseitig und kurzweilig, wirkt trotz großer Momente in der Summe aber auch etwas orientierungslos und unentschlossen.

Label: New West PIAS (roughTrade) VÖ: 26. Mai 2017
01 Champagne Corolla
02 Maybe a Moment
03 What's She Crying For
04 15-25
05 Kids in the Street
06 Faded Valentine
07 What's Goin' Wrong
08 Short Hair Woman
09 Same Old Stagolee
10 If I Was the Devil
11 Trouble Is
12 There Go a Fool
vgw
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