Sunny Sweeney - ein Name, der einem nur so von der Zunge rollt. Für kurze Zeit war er in aller Munde, als die blonde Sängerin aus Texas mit der Single "From a Table Away" 2010 bis auf Platz 10 der Hot Country Songs vorrückte. Der große Durchbruch schien geschafft, alle Zeichen standen auf Erfolg. Doch was folgte, war die große Ernüchterung. Die Folgesingles blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück, und ihr Label setzte Sweeney vor die Tür. Zweifellos ein schwerer Schlag, doch Aufgeben kam für die Kämpfernatur nicht in Frage. Wie schon einige anderen Künstlerinnen vor ihr (z.B. Suzy Bogguss, Jo Dee Messina) wandte sich Sweeney an ihre Fans und bat um finanzielle Unterstützung - mit Erfolg! Dank der Großzügigkeit ihrer Anhänger kann die 37-jährige nun ihr drittes Studioalbum der Öffentlichkeit präsentieren. "Provoked" lautet der vielsagende Titel des mit 13 Titeln bestückten Silberlings, der - so viel sei schon einmal verraten – sicherlich nicht nur Sweeneys Gönner zufrieden stellen wird.
Schon der Opener "You Don't Know Your Husband" ist richtungsweisend. In bester Gretchen Wilson Manier fegt Sunny Sweeney wie ein Wirbelwind durch die freche Nummer. Ein Schuss Twang, eine gehörige Portion Honky-Tonk - fertig ist ein gelungener Auftakt! Wer nun nach mehr lechzt, wird umgehend bedient, denn das folgende "Bad Girl Phase" schlägt in die identische Kerbe. Der Bass hält das Tempo erbarmungslos hoch, die Gitarre groovt, und Sweeneys Gesangsstil lässt einen förmlich spüren, dass sie bei weitem nicht so unschuldig ist, wie ihr lieblich klingender Name vermuten lässt. Für all jene, die immer noch nicht genug haben von der aufmüpfigen Seite der Künstlerin, gibt es auf "Provoked" noch zwei Mal Nachschlag, und zwar in Form von "Can't Let Go" und "Everybody Else Can Kiss My Ass". Da dürfte in jeder Country Bar nicht nur sprichwörtlich der Bär steppen.
Doch auch wenn Sunny Sweeney das Gewand des rebellischen Country Girls hervorragend steht, ist ihre gemäßigte und verletzliche Seite musikalisch nicht weniger ansprechend. Den wohl krassesten Kontrapunkt zu den bereits erwähnten Gassenhauer-Nummern liefert "My Bed", ein Duett mit Singer-Songwriter Will Hoge. Schwer, düster und melancholisch zieht einen der Song in seinen Bann. Sweeney und Hoge harmonieren stimmlich großartig, und die anspruchsvolle musikalische Untermalung inklusive Steel Guitar macht "My Bed" zu einem der Highlights des Albums. Ähnlich nachdenklich kommen "Uninvited" und "Sunday Dress" daher, die beide für einprägsame Momente sorgen. Auch "Find Me" ist eher in die Kategorie "schwermütige Ballade" einzuordnen, kann allerdings nicht vollends überzeugen. Wirkt Sweeneys leicht nöliger Gesang sonst charmant und individuell, ist er hier im Refrain eher etwas nervig und übertrieben. Doch darüber kann man leicht hinwegsehen, besonders angesichts der Tatsache, dass das Album noch einiges mehr zu bieten hat.
Denn zwischen den besonders schnellen und den besonders langsamen Tracks gibt es natürlich auch noch einige Midtempo-Titel, ohne die kein Country Album auskommen kann. Besonders hervorzuheben ist dabei "Second Guessing" - mit seiner griffigen Strophe und dem Ohrwurm-verdächtigen Refrain definitiv ein Anspieltipp. "Front Row Seats" und das gute Laune verbreitende "Used Cars" haben ganz ähnliche Qualitäten vorzuweisen und zeugen einmal mehr von der Vielseitigkeit, die Sweeney auszeichnet.
Fazit: Mal laut und frech, mal leicht und fröhlich, mal gedämpft und aufwühlend - Sunny Sweeney stellt auf "Provoked" gekonnt alle ihre Facetten zur Schau. Ein frisches und abwechslungsreiches Album.
Label: Aunt Daddy Records (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 5. August 2014 |
Titelliste
01 | You Don't Know Your Husband | 08 | My Bed (mit Will Hoge) |
02 | Bad Girl Phase | 09 | Uninvited |
03 | Second Guessing | 10 | Sunday Dress |
04 | Carolina On The Line | 11 | Used Cars |
05 | Find Me | 12 | Backhanded Compliment |
06 | Can't Let Go | 13 | Everybody Else Can Kiss My Ass |
07 | Front Row Seats |