Gut, wir haben verstanden. Wir gehen mit dem Dutzend, in Brooklyn entstandenen Songs also nicht zu kritisch um. Ist ja ein Spaßprojekt. Andererseits erscheint das Album bei dem jetzt von Don Was geführten Renommier-Label Universal Jazz. Und da sich Multiinstrumentalistin Sasha Dobson, Sängerin, Geige und E-Gitarre spielende (!) Norah Jones sowie Ryan Adams-Bassistin Catherine Popper außerdem ein paar Perlen aus dem Country-Archiv gefischt haben, legt man dann doch etwas genauer Ohr an. Um es vorweg zu sagen: Der Hörspaß hält sich zunächst einmal in Grenzen. Die Interpretationen der zwölf Titel sind schon etwas gewöhnungsbedürftig. Schon klar: Alles soll irgendwie spontan und auf gar keinen Fall glatt oder gefällig klingen. Laut der Info der Plattenfirma schmecke das angerührte Sound-Gebräu "wohltuend urban und frech" und selbstredend nicht "hinterwäldlerisch".
Nun ja, "frech" passt schon. Denn allzu viel Ehrfurcht ist dem Trio beim Umgang mit legendärem Songgut wie "Leaving London" aus der Feder von Tom Paxton oder "Bull Rider" von Rodney Crowell nicht vorzuwerfen. Bisweilen ist eher das Gegenteil der Fall. Dann wird aus einer betont rotzigen Nummer schon auch mal eine uninspirierte - und das passiert leider mehrfach. Der von Roger Miller geschriebene George Jones-Hit "Tarnished Angel" ist so ein Fall. Und auch der große The Band-Meilenstein "Twilight" schimmert mehr trübe als mystisch.
Besser fallen die stimmlich schön arrangierten Interpretationen der erwähnten Klassiker "Leaving London" und "Bull Rider" aus. Noch besser gelingen dem Trio allerdings die herrlich stimmige Wilco-Adaption von "Jesus, Etc." und das knatternde "GTO" von Jeb Loy Nichols. Gut geht auch der Live-Mitschnitt des Neil Young-Covers "Down By The River" los. Bis sich Norah Jones, die am Piano ja stets zu brillieren weiß, an ein hölzernes, fingerlahmes E-Gitarren-Solo macht. Manch ein Kritiker wird das schöne Wort "unprätentiös" bemühen und von "rau" und "ungeschliffen" schwärmen. Man könnte aber auch sagen: dilettantisch.
Die Qualitäten der Grammy®-dekorierten Musikerin kommen da schon weitaus besser bei dem herrlichen, von ihr geschriebenen Rockabilly "Don’t Know What It Means" zum Tragen - einer der besten Titel des Albums. Doch auch ihre beiden Mit-Musikerinnen haben ein feines Händchen, wenn es um Songwriting geht. Mit "Sex Degrees of Seperation" steuert Sasha Dobson eine schräge, aber schlaue Trennungs-Revue-Nummer bei und bei "Pines" beweist Catherine Popper wie man mit minimalem Instrumental-Aufwand ein stattliches Rührstück hinbekommt. Wobei der Titel so schräg in der Luft hängt, wie der berühmte Turm in Pisa: Eine gezirpte, leicht verstimmte Akustik-Gitarre, eine Fiddle, ein Kontrabass, und dazu das Miauen der drei Puss N Boots. Urbaner Sound vermutlich...
Fazit: Diese Damenriege aus Brooklyn nimmt sich eine Handvoll Country-Songs vor - und dreht sie durch den harmonischen Fleischwolf. Sperrig, schräg - und mitunter richtig schön. Unterm Strich aber zu gewollt locker und rotzig.
Label: Blue Note (Universal) | VÖ: 1. August 2014 |
Titelliste
01 | Leaving London | 07 | Tarnished Angel (Live) |
02 | Bull Rider (Live) | 08 | Jesus, etc. |
03 | Twilight | 09 | Always |
04 | Sex Degrees of Separation | 10 | Gto |
05 | Don't Know What It Means | 11 | Pines |
06 | Down By The River (Live) | 12 | You'll Forget Me |