Wo kommt denn der jetzt auf einmal her? Sam Williams. Enkel des Country-Gottes und -Pioniers Hand Williams; Sohn des Country-Rabauken Hank Williams, Jr. und blutsverwandt verbunden mit Hank III, Holly und Hilary Williams. Braucht es da wirklich noch einen weiteren Country-Musiker mit dem legendären Nachnamen? Das hat sich vermutlich auch der eher sensible Sam gedacht - und hat sich als 19-Jähriger an der Uni eingeschrieben, um Wirtschaft zu studieren. Musikkarriere? Nein, das war nicht sein Ding. Zumindest zunächst nicht. Doch dann schlugen die unwiderstehlichen Gene und das unüberhörbare Talent zu und er wurde das, was alle aus dem Clan wurden: ein Musiker. Ein Songschreiber. Aber auch ein Country-Star?
Sam Williams: Der Opa ein Pionier, der Vater eine Legende
Letztere Frage konnte bisher nicht zufriedenstellend geklärt werden. Auch nicht, nach seinem jetzt erschienen Debüt-Album "Glasshouse Children". Klar, er trat im letzten Jahr (mit Stetson) in der Grand Ole Opry auf. Und ja, er tourte mit Cam im Vorprogramm durch Europa. Trotzdem will sich der 24-Jährige hörbar nicht auf einen bestimmten Sound festlegen. Nach eigenen Angaben nennt er ja auch nicht Papa und Opa als seine großen Vorbilder, sondern Pop- und Soul-Acts wie Adele, Amy Winehouse, Lewis Capaldi und - man höre und staune - Miley Cyrus.
Letztere Referenz überrascht allerdings, hört man die zehn Tracks von "Glasshouse Children". Denn: Von lauten, lustigen, mal kessen, mal radikalen Titeln, wie man sie von Miley Cyrus kennt, sind die eher introvertierten Lieder von Sam Williams maximal weit entfernt. Das mag überraschen. Schließlich ist Daddy Hank Jr. ja nicht gerade als sensibler Leisetreter bekannt, sondern als Radaubruder, der keinem Streit aus dem Weg geht und mit Begeisterung provoziert. Sein Sohn Sam geht da - man kann das nicht anders sagen -in die entgegengesetzte Richtung. Er gibt sich als sensibler, nachdenklicher Storyteller mit einer Schwäche für Melancholie.
Er weiß das offenbar selbst. Wie sonst könnte er einen Titel wie "Hopeless Romanticism" schreiben, in dem er sich als gefühlvollen Träumer beschreibt. Ein netter Track, keine Frage. Aber musikalisch gehört er eher zu den schwächeren Songs der CD. Ein anderes Kaliber stellt da schon "Kids" dar. Ein Song, bei dem eine ganze Reihe Hochkaräter ihre Finger im Spiel hatten: Geschrieben von Hank Compton, Boots Ottestad (Tim McGraw) und Eric Arejes (Thompson Square), von Jaren Johnston (Cadillac Three) produziert und vor allem: mit Keith Urban an der Gitarre. Ergebnis ist ein gehaltvoller Country-Pop-Track, bei dem - neben Urban - Sam Williams als großartiger, souverän die Kopfstimme einsetzender Sänger überzeugt. Hitpotential? allemal vorhanden!
Keith Urban bleibt nicht der einzige Gastauftritt eines Superstars: So mischt bei dem angenehm ruhigen Folk-Pop-Song "Happy All The Time" keine Geringere als Dolly Parton mit. Im Gegensatz zu manch' anderem Gastspiel der Country-Königin hält sich Dolly bei dem Youngster zurück. Fast schüchtern und auffallend leise steuert sie ihre unverkennbare Stimme den wattigen Harmonien bei - gerade so, als ob sie nicht ins Rampenlicht drängen möchte, sondern nur ein paar Akzente setzen. Sehr schöne Geste. Aber Dolly Parton ist einfach nicht nur ein Super-Profi, sie ist auch ein einfühlsamer Mensch.
Gelungenes, aber auch überraschendes Debüt: "Glasshouse Children" von Sam Williams
Letzteres trifft unter Garantie auch auf den Debütanten zu. So sind die meisten Songs, die unter Zuhilfenahme von Songschreibern und Songschreiberinnen wie Dan Auerbach (The Black Keys), Jaren Johnston (The Cadillac Three), Sean McConnell (Little Big Town) sowie den Americana-Stars Jim Lauderdale und Mary Gauthier entstanden, in eher ruhigen und gemäßigten Gefilden angelegt: Titel wie der dramatisch opernhafte Opener und Titeltrack, der akustische A-Cappella-Folk-Song "Bullit Blues", das introvertiert-düstere "Shuteye", das resignierend traurige "The World: Alone" und die in balladesken Folk-Töne verpackte Familienaufstellung "Can't Fool Your Own Blood" weisen ihn als ernsthaften und nachdenklichen Singer/Songwriter aus. Als empathischen Menschen und dazu als einen verletzlichen Mann, der den Mut hat, Schwäche zu zeigen.
Dass in Sam aber trotzdem ein echter Williams steckt, macht er in zwei flotteren und auch fröhlicheren Country-Rock- und -Pop-Tracks deutlich: in dem gut gelaunten "10-4" sowie in dem funkensprühenden "Wild Girl". Keine Frage, der Mann macht seinem Namen keine Schande.
Fazit: Wo Williams draufsteht, ist nicht immer purer Country drin - was Hank Williams-Enkel Sam Williams mit seinem Debüt "Glasshouse Children" klar macht. Dolly Parton und Keith Urban sorgen mit Gastauftritten für zusätzliches Glamour.