Glen Campbell kehrt zur Spitze des Country / Pop zurück

Glen CampbellDer Titel "Meet Glen Campbell" ist ein wenig verwirrend, wenn man bedenkt, dass das Album in diesem Jahr herausgegeben wurde.

Schließlich ist es schwierig, sich vorzustellen, dass es Menschen gibt, die noch nie die Musik von Glen Campbell gehört haben. Zumindest was diejenigen betrifft, die schon zu den Zeiten gelebt haben, als die "Glen Campbell Goodtime Hour" jede Woche, in der sie auf CBS-TV ausgestrahlt wurde, 50 Millionen Zuschauer in ihren Bann gezogen hat.
Die Laufbahn von Glen Campbell erstreckt sich über mehr als fünf Jahrzehnte, in denen er mehr als 70 Alben produziert hat, unter ihnen ein Doppel-Platin-Album, vier Platin- und 12 Gold-Alben, von denen 45 Millionen Exemplare verkauft wurden. Die beiden Magazine Blender und Mojo führen seine Version von "Wichita Lineman" in ihrer Liste der erfolgreichsten aufgezeichneten Auftritte des 20. Jahrhunderts.

Sein Sound vereint Studioglanz und kunstvoll hervorgerufene Emotion. Seine Wurzeln liegen in der Country-Musik; dennoch ist er so raffiniert wie die abenteuerlichste Pop-Musik und so fesselnd wie gut durchdachte, anspruchsvolle Poesie. Er ist ein wesentliches und sofort erkennbares Element im Soundtrack unserer Zeit.

In Anbetracht dieser umfangreichen Vorgeschichte stellt sich die Frage: Gibt es irgendjemanden, der sich tatsächlich von dem Titel Meet Glen Campbell angesprochen fühlt, weil er dem Namen und der entsprechenden Musik bisher in keinerlei Weise begegnet ist?
"Weiß ich nicht", sagt die Legende lachend. Und fügt hinzu: "Mir ist es eigentlich egal, wie sie es nennen."

GlenCampbell3Mit "sie" meint er Capitol Records Nashville, ein Unternehmen, das für ihn seit jeher eine ebenso wichtige Rolle gespielt hat wie Campbell, der auch Mitglied der Country Music Hall of Fame ist, es für uns tut. Im Jahr 1962, als er in der L.A. Studioszene bereits ein angesehener Gitarrist mit zahllosen erfolgreichen Aufnahmen war, brachte Capitol sein erstes Album, das "Big Bluegrass Special", heraus. Fünf Jahre später ermöglichte das Label mit der Veröffentlichung von "Gentle on My Mind" und "By the Time I Get to Phoenix" Campbells Wechsel von einem Country / Folk-Sound zu einer umfassenderen Zusammenführung kommerzieller Einflüsse und diente somit als Sprungbrett für seine einzigartige und phänomenale Karriere.

1981 trennten sich die Wege von Campbell und Capitol; ihre Wiedervereinigung 27 Jahre später ist zum großen Teil der Entschlossenheit und Initiative einer unerwarteten dritten Partei zu verdanken.

Julian Raymond hat sich hauptsächlich durch seine Arbeit mit Fastball, Kottonmouth Kings und The Suicide Machines als Produzent in L.A. etabliert - Bands, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht für Schlagzeilen in der Grand Ole Opry sorgen werden. Dennoch - als er einen Anruf von seinem Freund Rick Camino, Senior VP, Marketing, EMI Music erhielt, der ihn nach Ideen für neue Projekte fragte, antwortete Raymond sofort und ohne zu zögern.

"Ich sagte: Nimm einfach ein neues Glen Campbell Album auf", erinnert sich Raymond. "Ich war in einem Haushalt aufgewachsen, in dem meine Eltern "Wichita Lineman", "Galveston" und "Gentle on My Mind" auflegten - Platten, die viele Grenzen überschritten. Also sagte Rick: "Super, lass uns das machen." Und damit war es beschlossene Sache."

Raymond, der mit der Produktion der Sessions beauftragt war, kontaktierte Campbells Manager Stan Schneider, der sich kurz darauf mit der Nachricht meldete, dass sein Kunde dabei sei. Somit wurde die Mission klar - man musste für Campbell ein Repertoire zusammenstellen, das zu seinem Stil passte, die besten Leute engagieren und die Musik aufnehmen. Raymond begann, Songs zu sammeln, von denen er glaubte, dass die Texte Campbell gefallen würden.

"Wenn man Glen kennt, wenn man mit seiner Vergangenheit vertraut ist, dann weiß man, dass die Songtexte für ihn das Wichtigste sind, vor allem, wenn sie ihn an bestimmte Aspekte seines Lebens erinnern", sagte er. "In dem Lied "Sadly Beautiful" von The Replacements zum Beispiel geht es um jemanden, der nicht vor Ort war und miterlebt hat, wie sein Kind aufgewachsen ist. Als ich es Glen vorgespielt habe, erzählte er mir, dass er dabei an seine Tochter Debbie denken musste, die zur Zeit des Höhepunkts seines Erfolgs in den späten 60ern und frühen 70ern noch sehr jung war. Und mit einigen wenigen Ausnahmen wird in allen diesen Songs das gleiche Thema angesprochen: Nämlich dass, selbst wenn du einen starken Glauben hast, manchmal eine Kleinigkeit ausreicht, um dich auf den falschen Weg zu bringen."
 
"Es waren die Texte, die die Menschen dazu bewegt haben, meine Alben zu kaufen", bestätigte Campbell. "Wenn du mit dem Songtext anfängst, kannst du immer noch an der Melodie arbeiten. Also sagte ich zu Julian: "Such du die Lieder aus, dann suche ich die aus, die mir gefallen." Ich nahm sie mit in mein Auto und hörte sie mir beim Fahren an. Wir haben uns für die entschieden, die meinen Kindern und mir wirklich gut gefallen haben."

Das Material, für das sie sich entschieden haben, stammt zum großen Teil aus unerwarteten Quellen, unter anderem Green Day, John Lennon, U2 und The Velvet Underground. Da er damit rechnete, dass Campbell hinsichtlich einiger dieser Melodien skeptisch reagieren könnte, gestaltete Raymond einige von ihnen ein wenig um, um so Parallelen zu Songs zu betonen, die er in der Vergangenheit aufgenommen hatte; so wecken beispielsweise die "Walls" von Tom Petty & The Heartbreakers nun Erinnerungen an "Try a Little Kindness", während die "Times Like These" von den Foo Fighters an "Wichita Lineman" und "Angel Dream" von Petty an "Galveston" erinnern."

GlenCampbell-MeetGlenCampbellZudem gewährleistete Raymond, dass alle beteiligten Parteien sich darüber im Klaren waren, dass Campbells Sound die Vorlage für die Aufnahme-Sessions sein würde. In diesem Sinne verfolgte "Meet Glen Campbell" trotz aller Ähnlichkeiten bezüglich der Anpassung neuerer Melodien an einen historisch bedeutenden Künstler eine andere Strategie als die, die Rick Rubin für die letzten Johnny Cash Alben vorgegeben hat.

"Unterschiedlicher hätten wir es nicht machen können", sagt Raymond. "So sehr mir das gefällt, was Rick mit Johnny gemacht hat - diese Aufnahmen klingen nicht nach dem klassischen Johnny Cash. Er hat sie sozusagen zeitgemäß gestaltet, was auch cool war. Aber wir wollten einfach nur eine richtig gute Glen Campbell Platte produzieren, die diese Epoche der 60er widerspiegelt."

"Meet Glen Campbell" ist auf seine klangvolle Weise ebenso revolutionär wie die früheren Werke es damals waren. Campbell bewahrt sich die Perspektive, die er vor 40 Jahren geschaffen hat, als er seine Musik scheinbar an einem ruhigen Ort schuf, von dem aus er einen Überblick über die Spaltungen hatte, die die Pop-Musik in unterschiedliche Genres aufteilten.

Campbell, der 1968 die Titel CMA Entertainer und Male Vocalist of the Year gewann und einmal selbst als Moderator bei den CMA Awards fungiert hat, sieht sich selbst nicht primär als Country-Musiker. "Genau genommen war ich etwas überrascht, in die Country Music Hall of Fame gewählt zu werden", gibt er zu. "Ich meine, ich habe schon ein paar tolle Country-Songs hervorgebracht. Und Country-Musik ist weltweit beliebt, unabhängig davon, welche Sprache die Menschen sprechen. Junge, ich vergöttere Hank Williams!"

Campbell hält inne und singt die erste Zeile von "Lovesick Blues", einschließlich einwandfreiem Jodeln. "Und Keith Urban ist fantastisch. Ich habe Keith kennen gelernt, als er 8 Jahre alt war. Er trat bei dieser Show in Australien an mich heran und sagte: "Mr. Campbell, ich möchte so Gitarre spielen wie Sie." Und eins will ich Ihnen sagen: Heute ist er einer der besten Gitarrenspieler auf dem Planeten - Keith Urban und Brad Paisley. Die beiden stehen ganz oben auf meiner Liste."

GlenCampbell2"Allerdings", stellt er klar, "bestehen viele der großen Hits lediglich aus drei Akkorden; meine Songs hatten eine etwas komplexere Abfolge von Akkorden vorzuweisen. Das kam davon, dass ich als Kind viel Radio gehört habe. Es war ein batteriebetriebenes Radio, da wir keinen Strom hatten; wir mussten bei Kerzenschein fernsehen."

Er verstummt nur für einen kurzen Augenblick, damit die raffinierte Pointe die gewünschte Wirkung erzielt. Dann fährt Campbell fort: "Ich habe mir alles angehört, was wir empfangen konnten, ehe die Batterie ihren Geist aufgegeben hat - egal, ob es Jazz-, Pop- oder ganz eindeutig Country-Musik war. Aber hauptsächlich habe ich Jazz gehört, die bekannten Bands. Darum find ich die Musik von Jimmy Webb so toll. Junge, der hat eine Melodie mit einer Abfolge von Akkorden, die absolut unübertroffen sind, und er hat Texte, die dich schlichtweg umhauen. Deshalb nehme ich gerne einen Song und mache daraus, was mir gut gefällt. Du kannst einen guten alten Rock 'n' Roll-Song nehmen und einen erstklassigen Pop-Song daraus machen. Du kannst aus einem Country- einen Jazz-Song machen, indem du die Abfolge der Akkorde änderst."

"Ganz im Ernst", fügt er abschließend hinzu, "ich versuche lediglich, es Glen Campbell recht zu machen. So habe ich das immer gesehen."

vgw
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