Randy Travis kehrt mit "Around the Bend" zu seinen Wurzeln zurück

Randy Travis

Direkt vor seiner Garderobe im Ryman Auditorium in Nashville traf Randy Traviszum ersten Mal auf Taylor Swift. Während der zufälligen Begegnung - beide waren als Gäste in der von Great American Country (GAC) präsentierten und von Lorianne Crook moderierten TV-Interview-Sendung "CMA Celebrity Close Up" eingeladen - hielt sie ihr Zusammentreffen mit einem der Helden des Genres mit einer Videokamera fest.

Die Begegnung schien das Nebeneinander von Tradition und der Dynamik eines Musikgeschäfts im Wandel zu symbolisieren. Travis' Gospel-Album "Passing Through" (2003) erreichte bedeutendes Airplay im Country-Radio und brachte ihm bei den 2003 CMA Awards die Ehrung "Song des Jahres" ein ("Three Wooden Crosses"). Seine diesjährige Veröffentlichung "Around the Bend" bestätigt seine Verwurzelung mit dem traditionellen Country-Sound, an dessen Auferstehung er beteiligt war.

Swift feiert größtenteils Dank ihrer MySpace-Seite phänomenale Erfolge. Das heutige Country-Geschäft steht im krassen Gegensatz zu dem, mit dem Travis zu tun hatte, als er 1986 den "CMA Horizon Award" erhielt.

"MySpace, YouTube.. Ich hatte nie mit dem Internet zu tun", sagt Travis, vornübergebeugt auf einem Stuhl in seiner Garderobe. "My Space, das ist ein Raum, in den du nicht reinkommst - zumindest dachte ich das, bis wir dieses Album gemacht haben."

CD Around the Bend von Randy TravisMit "Around the Bend" ist Travis, dessen Musik auf der alten Schule nach Merle Haggard, George Jones und Hank Williams aufgebaut ist, nun endgültig im digitalen Zeitalter angekommen. Und er gibt selbst zu, die Grenzen seines neuen Grundstücks noch immer nicht genau zu kennen. "Im Studio weiß ich wahrscheinlich nicht viel mehr, als wo die Stummschalt- und die Gegensprechtaste ist", sagt er lachend. "Das ist so ziemlich mein Wissensstand."
Aber er macht Fortschritte. Vor Veröffentlichung des Albums stellte Warner Bros. Nashville seine neue Fanclub-Seite ins Netz. Travis' Hingabe zu seinen Fans kam auch hier zum Ausdruck: Die erste Single des Albums, "Faith in You", geschrieben von Tom Douglas, Joe Henry and Matt Rollings, wurde als kostenloser Download verfügbar gemacht. Paradoxerweise lautet die erste Zeile "I don't have faith in technology".

"Was die neuen Technologien betrifft, hat er mehr drauf als er zugibt", erklärt Peter Strickland, Senior VP für Vertrieb und Marketing bei Warner Bros. Nashville. "Er war sehr aktiv, als es darum ging, seinen Fans Inhalte und Informationen über seine Aktivitäten zu liefern. Man könnte fast sagen, er hat einen Blitzstart von Null auf Hundert hingelegt. Es hat Spaß gemacht, mit anzusehen, wie er auf diesem Gebiet gewachsen ist."

Travis' Beteiligung am Marketing für "Around the Bend" folgt aber noch immer der bewährten Formel, die besagt, dass der Künstler sich auf den kreativen Teil der Arbeit konzentriert, während das Management die Geschäftsentscheidungen diktiert. Geerdet wie er ist, ist sich Travis darüber bewusst, welche Fähigkeiten ihm fehlen. Er versteht es, Partner zu finden, die seine Anstrengungen verstärken können und weiß, wann er zuhören muss, um von neuen Informationen zu lernen.

Randy TravisDaher engagierte er sich bei der Gründung des Online-Fanclubs, auch wenn seine Internetkenntnisse noch am Anfang standen. Er war sich auch nicht zu schade, sich während des "CMA Music Festival" in der truTV Fan Fair Hall zusammen mit Fans an die Xbox 360 zu wagen. (Anfangs versuchte er sein Glück mit "Guitar Hero". Als die Aerosmith-Posen ihm jedoch zu langweilig wurden, wechselte er zu einem Autorennspiel, das er Berichten zufolge mit mehr Enthusiasmus meisterte.)

"Im Prinzip weiß Randy bescheid", sagt Strickland, "Er will, dass seine Musik von den Fans gehört wird, und er weiß, dass sich die Welt verändert hat. Er hat alle Werkzeuge zur Verfügung, die wir auch unseren anderen Künstlern anbieten. Jeder einzelne Künstler kann entscheiden, wie weit er diese Werkzeuge einsetzen will."

Genau das hat Travis getan, und zwar zu einem Ausmaß, das bei Strickland für Überraschung und Freude gesorgt hat. "Es hat einfach Spaß gemacht, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der zuhört und die Informationen zu seinem Vorteil nutzen möchte", sagt er. "Es hätte auch anders laufen können, nach dem Motto: 'Hier ist mein Album, bitteschön, es sollte alles so wie gemacht werden, wie es immer gemacht wurde.' So etwas passiert auch heute noch. Dass er sich so engagiert hat, war einfach großartig."

All dies hat Randy Travis jedoch nicht von seinem Hauptaufgabengebiet abgelenkt. Durch das gesamte Album "Around the Bend" wird sein besonderes Talent zur Auswahl des richtigen Materials deutlich - allerdings auch sein Wille, als Sänger Maßstäbe zu setzen. Travis phrasiert mit mehr Selbstvergessenheit als bisher und weicht öfter von der Originalmelodie ab. Sein Ansatz ist verspielt und weckt Erinnerungen an den Stil seines Freundes George Jones, mit dem er 1990 "A Few Ole Country Boys" aufnahm.

Es besteht ein leichter Unterschied zum Sound, den er in den 80ern und 90ern pflegte. Laut Travis ist dies jedoch nicht dem Gospel-Repertoire zuzuschreiben, das er seitdem erkundet hat. "Diese gesanglichen Verzierungen und Dinge haben nichts damit zu tun, dass ich Gospelmusik und ähnliches aufgenommen habe, ich glaube nicht", sagt er. "Ich nehme an, aus irgendwelchen Gründen habe ich mit zunehmendem Alter begonnen, mir Freiheiten zu nehmen."

Eine Sache jedenfalls hat sich nicht verändert - Travis' Händchen für ungewohnte Songs mit wichtiger Botschaft. Typisch hierfür sind "Forever and Ever, Amen", ein augenzwinkernder Liebesbeweis an eine Frau, der langsam die Haare ausgehen, oder "Three Wooden Crosses", in dem ein Geistlicher gesteht, dass seine Mutter eine Prostituierte war.

Möglicherweise schwebte Travis' Fans genau dieser Geschmack vor, als eines der Stücke besondere Aufmerksamkeit erhielt. Warner Bros. Nashville hatte auf der Homepage und der MySpace-Seite des Künstlers vier Songs ins Netz gestellt. Als "Dig Two Graves", geschrieben von Ashley Gorley und Bob Regan, die meisten Klicks einheimste und die meisten Diskussionen in Foren aufwarf, beschlossen die Plattenfirma und Travis gemeinsam, das Stück als zweite Single des Albums herauszubringen - eine Entscheidung, die nicht ohne Risiko war.

Randy TravisEinige der größten je geschriebenen Country-Songs thematisieren den Tod, darunter auch Stücke, die mit dem "CMA Song of the Year Award" ausgezeichnet wurden. "He Stopped Loving Her Today" (Bobby Braddock und Curly Putman, 1980 und '81), "Holes in the Floor of Heaven" (Billy Kirsch und Steve Wariner, 1998), and "Three Wooden Crosses" (Doug Johnson und Kim WiIliams, 2003) gehören zu den zahlreichen Beispielen. Dennoch: Der Tod gehört nicht wirklich zu den Lieblingsthemen der Radioredaktionen, somit zeigt "Dig Two Graves", dass Travis durchaus bereit ist, sich an Konventionen zu reiben, wenn der Song es wert ist. .
Das Gleiche gilt für "You Didn't Have a Good Time", cleveres Portrait eines Alkoholikers im Kampf mit seinem Gewissen (aus der Feder von Kris Bergsnes, Jason Matthews und Jim McCormick). Die gesamte zweite Strophe spielt in einer Toilettenkabine, wo der Protagonist die Wirkungen seiner Schwäche zu spüren bekommt.

"Dieser Song ist sehr bildlich", gesteht Travis. "Aber im Rahmen des Kontextes, den das Lied hat, singt es sich toll. Ich finde, dieser Song ist genauso gut geschrieben wie das meiste, was ich seit einiger Zeit gehört habe. Es ist kompositorisch eine genau so gute Arbeit wie jedes andere Stück auf dem Album."

"In vergangenen Jahren hätte ich mich leider mit diesem Song identifizieren können", fügt er hinzu. "Ich denke, es gibt in diesem Land eine Menge Leute - auch in meiner Familie - die sich mit dem Song identifizieren könnten."

Schließlich stärkt "Around the Bend" wieder Travis' Rolle als Akteur in diesem traditionellen Marktbereich. Mit seinen letzten Gospel-Alben gewann er drei Grammy Awards, dennoch musste er einen Rückgang seiner Popularität im Country-Radio und weniger Live-Auftritte hinnehmen. Wer nicht aufmerksam hinsah, konnte denken, er habe sich aus dem Musikgeschäft zurückgezogen.

"Ich habe es so satt, Dinge zu hören wie 'ich bin weg' oder 'ich bin in Ruhestand' oder 'ich habe aufgehört'", erklärt er.

Travis hat viel dafür getan, diesen Eindruck zu widerlegen. Er gab über 100 Telefon- und Live-Interviews im Radio, absolvierte eine Reihe Fernsehauftritte und engagierte sich intensiv im Internet.

"Es war ein tolles Gefühl, wieder Country-Material zu spielen und ins Studio zu gehen", bemerkt er. "Sie sollten mal im Studio dabei sein, wenn ich, Kyle [Lehning, Produzent] und die Jungs zusammen spielen. Richtige Arbeit ist das nie. Es ist wie eine große Probe, es wird viel gelacht, und man wundert sich, dass überhaupt mal etwas fertig wird."

Wird es aber. Und jetzt ist Travis zurück, im Auge in Auge mit der 'schönen neuen Welt'. Möglicherweise fühlt er sich noch nicht ganz zu Hause darin, aber er wehrt sich nicht gegen sie - und sie begrüßt ihn mit (virtuellen) offenen Armen.

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