Diese Look-Alike-Posen finden im Booklet seiner CD "California Sunrise" mehrfache Fortsetzung. Mal mit Hut und Jeanshemd, mal grinsend mit Gitarre und mal mit Tolle und Retro-Outfit vor einem Flipper-Kasten. Eines steht jedenfalls fest: Die Ähnlichkeit mit Elvis sehen Jon Pardi, Management und vermutlich Plattenfirma als Trumpfkarte, die sie gerne ausspielen. Warum auch nicht? Ist ja legitim. Ein Freischein für musikalische Magerkost ist das aber freilich nicht. Doch auch das dürften die Verantwortlichen der Jon Pardi-Karriere natürlich wissen...
Jon Pardi weckt mit "California Sunrise" Erinnerungen
Sie wissen es ganz bestimmt sogar. Denn alleine mit guter Optik gibt es in Nashville nichts zu gewinnen. Deshalb hat Jon Pardi für den Nachfolger, seines 2014 auf Platz drei der Country-Charts gelandeten Debüts "Write You A Song" alle Sorgfalt auf gutes Songmaterial gelegt. Auf Songs, die zünden. Die einem aber auch ab und an irgendwie bekannt vorkommen. Man nehme nur den Opener von "California Sunrise", vermutlich auf sein Retro-Faible beziehendes "Out of Style". Der gut fünfminütige Track aus der Feder von Neil Mason, Lynn Hutton und Jeff Hyde ähnelt in der Strophenmelodie schon ziemlich keck an Kris Kristoffersons Songlegende "Me And Bobby McGee". Das können - oder wollen - die rockige Gangart und das angezogene Tempo nicht verdecken. Im Refrain und beim kurzen eindrucksvollen Pedal-Steel-Guitar-Solo beweist der Track aber dann doch noch eine eigene Identität.
Die darf man auch dem nachfolgenden "Cowboy Hat" bescheinigen. Obwohl die Autoren - Pardi, Bart Buttler, Brett Beavers - sich noch frecher bei einem frühen Hit bedienten: bei dem King Harvest-Evergreen "Dancing In The Moonlight". Der Refrain ist nahezu identisch mit dem Erfolgssong aus den frühen 70ern. Wie heißt es so schön: Besser gut gekupfert als schlecht selbst erfunden.
Irgendwie kommt einem auch die fröhliche Melodie von "Head Over Boots" bekannt vor. Nur woher? Wer einen Tipp hat, möge sich bitte einloggen und einen Kommetar für die Redaktion hinterlassen. Ob geklaut oder hundertprozentiges Eigengewächs - die erste Single-Auskopplung von "California Sunrise" hat alles, um eine Autofahrt entspannter und besser gelaunt werden zu lassen: sonnige Melodie, cooler Text, starker Gesang. Jon Pardi und Luke Laird, die beiden Autoren des Tracks, haben hier ganze Arbeit geleistet. In diesem chilligen Modus würde man ja ganz gerne noch eine Weile verharren, doch das nachfolgende, rockige und fordernde "Night Shift" schlägt eine andere Stimmung an. Dennoch: ein guter Titel, geschrieben von drei Songwriter-Könnern um Billy Montana.
In Jon Pardi pocht das Herz eines Country-Rockers
Neben solider Country-Rock-Kost wie "Can't Turn You Down" und "All Time High" sorgt Jon Pardi noch für die eine oder andere Song-Überraschung: Während er sich bei "Dirt On My Boots" an modernen, stylishen Sounds versucht, zeigt der 31-jährige Elvis-Clon, dass in ihm das Herz eines aufrechten Country-Rockers pocht: "Paycheck" und "Lucky Tonight" rocken so trocken wie Präriestaub im August: tolle, ZZ Top-typische Riffs, Slide-Soli und ein Interpret mit dem gewissen stimmlichen Extra. Klasse Performance.
Das gilt auch, oder sollte man sagen: vor allem, für "She Ain't In It". Bei der gefühlvollen Ballade erinnert Jon Pardi zwar musikalisch nicht an Elvis, aber an George Strait. Laut Platteninfo ist er bereit, in dessen Fußstapfen zu treten. King Elvis, King George - der Mann scheint es unter einem Königstitel nicht zu machen.
Fazit: Optisch auf Elvis getrimmt, musikalisch eher am soliden Country-Rock orientiert. Eine Mischung, die schon beim Debüt in den Charts aufging. Auch "California Sunrise" dürfte für Jon Pardi zum Erfolg werden.
Label: Capitol Nashville (Universal) | VÖ: 24. Juni 2016 |
01 | Out of Style |
02 | Cowboy Hat |
03 | Head Over Boots |
04 | Night Shift |
05 | Can't Turn You Down |
06 | Dirt On My Boots |
07 | She Ain't In It |
08 | All Time High |
09 | Heartache On The Dance Floor |
10 | Paycheck |
11 | Lucky Tonight |
12 | California Sunrise |