Dass Florida Georgia Line auf ihrem zweiten Schaffenswerk keine Experimente eingehen, zeigt sich bereits beim Opener "Anything Goes". Der Titeltrack schlägt genau in die Kerbe, die der Band unzählige Fans, aber auch viele lautstarke Kritiker eingebracht hat. Man nehme eine extrem poppige Melodie, die - ob man will oder nicht - sofort ins Ohr geht. Dazu gebe man Hubbards markant-nasale Stimme und einen Text, der alle Klischees abdeckt, die man heutzutage mit Bro-Country in Verbindung bringt: Trucks, Frauen, Alkohol, Party. Fertig ist ein Song, der bei der jüngeren Generation für Begeisterungsstürme sorgt, während sich die alte Garde aus lauter Frust fleißig Watte in die Ohren stopft. Um ein gesundes Mittelmaß zwischen diesen beiden Extremen zu finden, sei folgendes gesagt: Lyrischen Tiefgang oder besondere musikalische Raffinesse sucht man bei Florida Georgia Line meist vergebens. Aber diesen Anspruch haben sie auch nie angemeldet. Denn die zwei Südstaaten-Jungs setzen gnadenlos auf die Gute-Laune-Schiene.
Wie auf Bestellung kommt da "Sun Daze", das erneut betont lässig daherkommt und das leichte Leben suggerieren will. In der Sonne liegen, Whiskey trinken, 'nen Joint rauchen, die Seele baumeln lassen und mit ein bisschen Glück bei einer Frau landen. Wenn man es schafft, die eine oder andere - Entschuldigung - wirklich bescheuerte (und unangenehm anzügliche) Textzeile nicht kritisch zu hinterfragen, kann auch tatsächlich so etwas wie Sommerlaune aufkommen.
Um Wiederholungen zu vermeiden, sei an diesen Stelle gesagt, dass die meisten Songs auf "Anything Goes" den beiden bereits beschriebenen Titeln sehr ähneln. Textlich gesehen jagt ein Déjà-Vu das nächste, und auch musikalisch verschwimmt vieles schnell zu einem Einheitsbrei, der in der Masse fast schon erschlagend ist. So ist "Good Good" mit seinem gewohnt knackigen Refrain individuell gesehen durchaus unterhaltsam. Wenn dann die Shuffle-Funktion allerdings noch nahezu identisch aufgebaute Titel wie etwa "Sippin' On Fire", "Every Night", "That's What’s Up" oder gar "Smile" mit seiner unerträglichen Strophe hinterher schickt, ist die Suppe ganz schnell versalzen.
Doch bei aller Kritik gibt es auch einige Ausnahmen, die aus der biederen Masse herausstechen. "Dirt", die erste Singleauskopplung des Albums, geht da mit wehenden Fahnen voran. Eine satte Melodie ohne unnötigen Firlefanz trifft auf einen ehrlichen Text über Heimat und ländliche Wurzeln. In der zweiten Strophe übernimmt Kelley zur Abwechslung einmal den Part der Lead-Vocals, und man fragt sich, warum das nicht öfter vorkommt. Ohne Zweifel das Highlight der CD und vielleicht der authentischste Song, den Florida Georgia Line bisher veröffentlicht haben.
Einen weiteren Glanzpunkt liefert die Midtempo-Nummer "Confession", die ebenfalls ungewohnt ernste Töne anschlägt und melodisch sofort und dauerhaft hängen bleibt. Davon hätte es gerne etwas mehr sein dürfen. Ähnlich ansprechend ist dann noch "Smoke", das textlich zwar wieder in die Belanglosigkeit abdriftet, dafür aber musikalisch mit etwas mehr Rock und weniger Pop erfrischende Akzente setzt.
Fazit: An Florida Georgia Line scheiden sich die Geister, und daran dürfte auch "Anything Goes" nichts ändern. Wer Gefallen am Vorgänger hatte, kann auch dieses Mal getrost zugreifen. Für alle Neugierigen sei gesagt, dass sich durchaus gelungene Songs auf der CD befinden, die man sich allerdings aus einer ansonsten eintönigen Masse herauspicken muss.
Label: Republic Nashville (Universal) | VÖ: 27. Februar 2015 |
Titelliste
01 | Anything Goes | 09 | Angel |
02 | Sun Daze | 10 | Confession |
03 | Good Good | 11 | Like You Ain't Even Gone |
04 | Dirt | 12 | Every Night |
05 | Smile | 13 | Girl On The Radio |
06 | Sippin' On Fire | 14 | Dance For Me |
07 | Smoke | 15 | That's What's Up |
08 | Bumpin' The Night |