Der aufgeweckte Auftakt ist Ralph Stanley II vorbehalten, der wie sein Vater eine Karriere im Bluegrass eingeschlagen hat. Auch für ihn war das Banjo das erste Instrument, das er schon mit drei Jahren erstmals in Händen hielt. Kein Wunder, bei dem Papa. Das fast schon keltisch anmutende "Kathy Daly" von 2005 wird aber nicht nur von treibenden Banjoklängen auf Tempo gemacht, denn auch die Fiddle-Einsätze sorgen hier für ansteckend gute Laune. Am Instrument dürfte Stuart Duncan tätig gewesen sein, denn es gibt es im Innenteil der CD ein Bild von Duncan bei den Aufnahmen im Skagg's Studio. Genauere Infos liefert das Label aus Austin dem interessierten Musikfan aber leider nicht.
Das Tribute-Album haben Stanley-Enkel Nathan Stanley und Eric Paul produziert. Nathan ist bei "A Robin Built A Nest On Daddy's Grave" zudem als Sänger zu hören. Doch im Vergleich zu den anderen beteiligten Künstlern kann der Produzent stimmlich nicht mithalten - die Konkurrenz ist einfach zu gut. Marty Raybon zum Beispiel ist nach der Meinung von Gary LeVox, Sänger der Rascal Flatts, der beste Sänger des Planeten. Klar ist auf jeden Fall, dass seine Stimme ebenso unverkennbar ist wie die von Dr. Ralph Stanley. Bei der Version von "Contant Sorrow" bekommt der Sänger Unterstützung von Sonja Isaacs. Ein feines und ausgewogenes Duett. Dazu mal wieder eine andere Version des Songs - auch für alle diejenigen, die den Titel bisher nur als Film¬mu¬sik zu "O Brother, Where Art Thou? - Eine Mississippi Odyssee" kennen.
Fast völlig in der Versenkung verschwunden ist leider Rebecca Lynn Howard. Schade, denn die mittlerweile 35-Jährige hat nach wie vor eine dieser temperamentvollen und typischen Country-Stimmen. Auch sie hat mit Vince Gill jemanden an die Seite gestellt bekommen, mit dem sie prächtig harmoniert. Die fetzige Folk-Nummer und Mörderballade "Pretty Polly" ist dafür der beste Beweis und das Highlight der CD.
The Lewis Tradition hat sich mit "Dad's Old Rocky Field" einen der neueren Titel von Ralph Stanley ausgesucht - und man merkt gleich, dass die Formation hier in ihrem Element ist. Die derzeit als Quartett agierende Band, die schon Konzerte für Doyle Lawson & Quicksilver eröffnen durfte, ist im Bluegrass zu Hause, was auch diese souveräne und entspannte Cover-Version zeigt.
Mit 71 Jahren ist Gene Watson eigentlich schon längst im Rentenalter, doch das Traditional "Oh Death" singt er mit so viel Inbrunst, als hätte er es selbst geschrieben. Dagegen ist der 60-Jährige Ricky Skaggs fast noch ein "Jüngling". Skaggs spielte als Teenager zwei Jahre lang für die damalige Bluegrass-Gruppe von Stanley, die Clinch Mountain Boys. Sein "Gathering Flowers For The Master's Bouquet" ist auch 66 Jahre nach der Stanley-Veröffentlichung noch ein schöner Gospelsong - und wird das so noch die nächsten Jahrzehnte bleiben.
Fazit: Eine abwechslungsreiche und gelungene Bluegrass-Platte, die nicht nur Fans von Ralph Stanley und der beteiligten Künstler zu empfehlen ist.
Label: Diamondisc (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 3. Februar 2015 |
Titelliste
01 | Katy Daly (Ralph Stanley II) | 07 | Little Maggie (Charlie McCoy) |
02 | I Think I'll Just Go Away (Jeff Bates) | 08 | A Room at the Top of the Stairs (Jimmy Fortune) |
03 | Constant Sorrow (Marty Raybon & Sonya Isaacs) | 09 | Oh Death (Gene Watson) |
04 | Going Up Home to Live In Green Pastures (Jeff & Sheri Easter) | 10 | A Robin Built A Nest On Daddy's Grave (Nathan Stanley) |
05 | Dad's Ole Rocky Field (The Lewis Tradition) | 11 | Masters Bouquet (Ricky Skaggs) |
06 | Pretty Polly (Vince Gill & Rebeca Lynn Howard) | 12 | The Darkest Hour (Rhonda Vincent) |