Finally: "The Album" von Chase Rice
Es war eine analoge Welt. Chase Rice ist dagegen ein Country-Act der digitalen Generation. Mit Geburtsjahr 1986 ist er ein Kind dieser Epoche. Er weiß, wie Social Media funktioniert, wie die Algorithmen ticken und wie man seine Fanbase mit regelmäßigem Content - sprich: Musik - bei Laune hält. Merke: Nur nicht zu lange von der Bildfläche verschwinden! Immer wieder mal auftauchen und so für Reichweiten sorgen! Der Kampf um die Wahrnehmung ist gnadenlos. 24/7 an 365 Tagen im Jahr. Manch einer spielt da nicht mit. Auch das hatten wir in jüngerer Vergangenheit schon mehrfach thematisiert, dass Acts - anstatt häppchenweise - einfach mal ein Doppel-Album raushauen. Gerade so, als ob auch heute noch Vinyl für die Herstellung von Tonträgern, aber wichtigste Grundstoff sei. Diese schon fast anachronistischen Anwandlungen sind freilich sympathisch. Ob sie sich wirtschaftlich rechnen? Wer weiß das schon.
Vielleicht ja Chase Rice? Er ist ja ein smarter Typ. Aber vor allem ist der Mann aus Asheville, North Carolina, ein klasse Künstler - womit wir wieder bei "The Album" wären. Der nun vollendete Longplayer ist chronologisch bestückt. Also kommen zunächst die sieben Tracks von "The Album, Part 1" (in eben jener Reihenfolge), dann die vier Tracks von "The Album, Part 2" und gegen Ende schließlich das Quartett der Neulinge. Bevor wir auf das neue Material genauer eingehen, anbei noch ein kurzer Abriss von Part 1 und 2: Wir haben hier an dieser Stelle ausgeführt, dass Chase Rice ein Künstler mit "eigenem Sound" sei. Ein Klang, der sich durch verschiedene Elemente definiert. Dazu gehören moderne Arrangements, jede Menge klangtechnische Spielereien, eingängige Melodien, erstklassige Vocals und zum Mitgrölen einladende Refrains mit - immer mal wieder - wuchtig angestimmten "Hohohohoo"-Chören.
Zu den Glanzlichtern gehören eine ganze Reihe von Tracks: die Country-Pop-Perle "Everywhere", das leise, von einer Akustikgitarre getragene "Messy", das romantische "Forever to Go" oder das erstaunlich konsequent im Folk verortete "Lonely If You Are". Aus der flotteren Ecke überzeugen Titel wie "Break. Up. Drunk." (das Rice gemeinsam mit Hunter Phelps und Jordan Schmidt schrieb), das hymnische, mit exzellenten Melodien versehene "Down Home Runs Deep" und natürlich "You", ein gelungenes Crossover aus Country, Pop und HipHop (geschrieben von Rice, Jon Nite und Zach Kale). Nicht zu verachten und auf Spotify bereits über 80 Millionen Mal gestreamt, ist freilich auch "Lonely If You Are" - in dem er seinen Signature-Sound erneut auf den Punkt bringt.
"The Album": 15 Songs der Güteklasse "Chase Rice"
Das gilt auch für die vier neuen Tracks, die "The Album" nun vervollständigen. Mit "The Nights" zeigt sich Chase Rice wieder mal von seiner etwas düsteren, geheimnisvollen Seite. Klar, die Nacht ist dunkel, wer weiß, was alles passieren kann? Chase Rice hat da wohl seine Vorstellungen, die er in sehr hippe, ganz im Pop angesiedelte Klänge verpackt. Im nachfolgenden "Bedroom" gewinnen dagegen seine Country-Wurzeln bereits wieder die Oberhand; eine nette, natürlich etwas erotisch aufgeladene Schlafzimmer-Geschichte mit entspannter Melodie und schöner Slide-Gitarre. Um einen Tick herzhafter fällt dagegen das anschließende "If I Didn't Have You" aus. Anstatt eines häufig bei ihm vorkommenden Drum-Computers holzt hier ein Drummer aus Fleisch und Blut den Groove - und bildet das solide Fundament für einen zupackenden Country-Rocker. Kein Übersong. Aber beileibe auch keine Niete.
Mit einem Song-Volltreffer beschließt Chase Rice "The Album": "Drinkin' Beer. Talkin' God. Amen" heißt die Autoren-Co-Produktion von Rice, Cale Dodds, Corey Crowder und Hunter Phelps, bei dem die zwei gut geölten Stimmen von Florida Georgia Line (FGL) ihre Aufwartung machen. Der Song erschien bereits als Single-Vorbote im November 2020 und schlug sich natürlich erwartungsgemäß gut in den einschlägigen Charts. In der ersten Kooperation von Rice und FGL seit ihrem 2012 gemeinsam geschriebenen Hit "Cruise" zeigen sich die beiden partyerprobten Top-Acts von einer eher nachdenklichen Seite. In dem Song geht es, wie es der Titel verrät, um Gott und die Welt, um Freundschaften und gute Gesprächen - bei der ein kühles Bierchen natürlich nicht fehlen darf. Wer den Song bisher verpasst hat, darf sich auf einen eher ruhigen Track freuen, der Country- und Pop-Ansprüche gleichermaßen perfekt bedient.
Fazit: Nach "Part 1" und "Part 2" vollendet Chase Rice seinen Longplayer "The Album" - und bietet 15 gelungene Tracks aus dem Grenzfeld von Country und Pop.
Label: Dack Janiels / Broken Bow Records / BMG (Warner) | VÖ: 28. Mai 2021 |
01 | American Nights |
02 | Lonely If You Are |
03 | Everywhere |
04 | Best Night Ever |
05 | Messy |
06 | In The Car |
07 | Forever to Go |
08 | You |
09 | Break. Up. Drunk. |
10 | Down Home Runs Deep |
11 | Belong |
12 | The Nights |
13 | Bedroom |
14 | If I Didn't Have You |
15 | Drinkin' Beer. Talkin' God. Amen. (mit Florida Georgia Line) |