Ralph Stanley - A Mother’s Prayer

CD Cover: Ralph Stanley - A Mother's Prayer
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Redaktionswertung Bewertung: 4,5 Sterne = sehr gut
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Normalerweise lehnt man sich mit über 80 in seinem Schaukelstuhl zurück, guckt Pilcher-Filme und spielt mit seinen Enkelkindern. Normalerweise. Doch für Ralph Stanley gilt das natürlich nicht. Der in Virginia aufgewachsene Musiker steht schließlich schon länger auf der Bühne, als die meisten von uns auf der Welt sind. Und garantiert: wenn er mal nicht mehr auftritt und neue Alben - wie das soeben erschienenen "A Mother's Prayer" - aufnimmt, dann ist er tot. Denn Musik und Leben gehören für die Bluegrass- und Gospel-Legende zusammen wie Resonanzkörper und Hals eines Banjos.

Das Album ist - natürlich - eine Herzensangelegenheit von Stanley. In seinen 2009 erschienen Memoiren schreibt er: "Ich glaube, ich muss noch ein Album mit geistlichen Songs machen. Es geht mir durch den Kopf, dass ich noch eine CD machen könnte. Wenn ja, dann wird es Gospel sein. Und es wird die letzte sein." Sein Wort hat er gehalten. "A Mother's Prayer" bietet eine ehrwürdige Mischung aus Kirchenliedern, Gospelsongs (manche über hundert Jahre alt) sowie neuen, selbst geschriebenen Songs.

Wer gegenüber sakralen Liedern Vorurteile pflegt, sollte sich diese CD auf alle Fälle anhören. Denn: nichts da mit salbungsvollem Pathos. Wie um klar zu stellen, dass sich geistliche Gesinnung und irdisches Temperament nicht ausschließen, legt  Ralph Stanley gemeinsam mit den Clinch Mountain Boys (darunter zwei seiner Söhne) vehement los: mit dem Ruby Rakes-Song "That Home Far Away". Erstmals fand sich der Titel 1959 auf einem Tonträger wider. Jetzt, ein halbes Jahrhundert später erklingt er trotz der brüchigen Stimme von Ralph Stanley schwungvoller denn je - Bluegrass im besten Amtrack-Tempo.

In den nächsten Songs lassen es der Grammy-dekorierte Traditionalist und Ehrendoktor der Lincoln Memorial Universität, Tennessee, mit seinen Boys um die 50 gemütlicher angehen: Getragene, im Midtempo-Bereich angesiedelte Gospel-Songs wie "It's Time To Wake Up" und "Let Him Into Your Heart" versprühen Wärme. Pure Magie dagegen entfaltet das Traditional "Come All  Ye Tenderhearted": nur die zwar krächzende, aber charismatische Stimme von Ralph Stanley zu einem monotonen Fiddle-Ton. Roots-Musik im besten Sinne, spartanisch aber auch emotional berührend. Hier erinnert Ralph Stanley an "O Death" aus dem "Oh Brother! Where Art Thou?"-Soundtrack.

Überhaupt sind es die A-Capella-Beiträge, die aus dem Album hervorstechen. Tracks wie "Prince of Peace", das bluesige, von Sara Evans geschriebene "Let It Go" oder das grandiose "John The Revelator" aus der Feder des legendären Blind Willie Johnson.

Dass der 84jährige Musikpionier durchaus im Hier und Jetzt verankert ist, belegt auch der Titeltrack. Ronnie Bowman schrieb den Song; ein Mann, der normalerweise Brooks & Dunn und Kenny Chesney zu seiner Kundschaft zählt. Dass er jetzt auch Dr. Ralph Stanley als Referenz aufführen darf, ist ihm bestimmt eine ganz besondere Ehre. Bleibt nur zu hoffen, dass der Veteran sein Versprechen nicht ganz einlöst, und noch weitere CDs unter sein Fan-Folk bringt.

Fazit: Sakrale Songs, Black & White Gospel, Bluegrass reinsten Wassers - dargeboten von Dr. Ralph Stanley und seinen Clinch Mountain Boys. Wer auf Roots-Musik steht, kommt an diesem Album nicht vorbei.

Label: Rebel (in Deutschland nicht erschienen) VÖ: 19. April 2011

  • Titelliste


01 That Home Far Away 08 Lift Him Up, That's All
02 It's Time To Wake Up 09 He Suffered For My Reward
03 Come All Ye Tenderhearted 10 Let It Go
04 Let Him Into Your Heart 11 That Wonderful Place
05 A Mother's Prayer 12 I'll Not Be Afraid
06 Prince of Peace 13 John the Revelator
07 Are You Washed In the Blood 14 What Kind of Man

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