Kenny Rogers - Water & Bridges

CD Cover Kenny Rogers - Water and Bridges
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Redaktionswertung CD von der Redaktion nicht bewertet
Userwertung

Nanu, wer steht denn da? Ist das wirklich Kenny Rogers? Schlank und schlaksig, braun gebrannt, weißes modisches Hemd, enge Jeans, Grunge-Bärtchen und das weiße Haar zur flotten Kurzhaarfrisur getrimmt. Der 67jährige Texaner sieht auf dem Cover seines - unglaublich! - 64. Albums aus, als hätte er gerade ein zwölfwöchiges Heilfasten hinter sich gebracht.

Auch musikalisch hat sich Kenny Rogers einer radikalen Runderneuerung unterzogen. Vom Barry Manilow der Countrymusik ist hier jedenfalls kaum etwas zu erahnen. Statt dessen schlägt der Superstar, der in seiner Karriere weit über 100 Alben verkaufen konnte, moderne, intime, rockige, nachdenkliche und - vor allem und immer wieder - enorm traurige Töne an.

Die balladeske Grundfärbung der von Dann Huff (Keith Urban, Faith Hill) produzierten CD vermeidet allerdings die sonst nicht gerade unüblichen kitischen Klangfarben. Auch wenn Kenny Rogers keinen dieser elf, von exzellenten Songautoren verfassten Titel selbst geschrieben hat, klang er vermutlich nie ehrlicher und authentischer als hier. Das gilt bereits für den Opener und Titeltrack "Water & Bridges". Ein absolut großartiger Song über das zerrüttete Verhältnis eines Sohnes zu seinem alkoholkranken Vater - mit Textzeilen, die einem glatt die Tränen in die Augen treiben können: "So with angry words, I was gone. I never even tried to go back home. The night he died, Mama said he apologized ..." Craig Wisemen (Tim McGraws "Live Like You Were Dying") und Tim Nichols schrieben diesen Song, der garantiert zu den besten Titeln in Kenny Rogers rund 50jähriger Karriere zu zählen ist. Überhaupt: Wie der Mann hier singt! Voller Gefühl und Weisheit, mit einer Stimme, die - wie Wein - offenbar mit jedem Lebensjahr immer besser und aussagekräftiger wird.

Freilich können nicht alle elf Titel diese vom Opener aufgelegte Qualitätsmesslatte nehmen. "Someone Is Me" ist beispielsweise ein eher unaufgeregter, netter Country-Rocker; beim bittersüßlichen "I Can Feel You Drifting" tragen alle Beteiligten um eine Spur zu dick auf und auch die nächste Ballade "Someone Somewhere Tonight" bleibt trotz eines erstklassigen Slide-Gitarren-Solos von Dann Huff etwas blass - verglichen mit der harten Konkurrenz des restlichen Songmaterials:

"I Can't Unlove You" - ein schwerblütiges, folkiges Liebesbekenntnis, das an alte Blackhawk-Glanztaten erinnert; "Calling Me", ein Duett mit Eagles-Sänger und -Schlagzeuger Don Henley, das locker auf jedem Album der Westcoast-Legende seinen Platz haben könnte; oder "You'll Know Love", ein weiteres Duett, dieses Mal mit Samtstimme Vince Gill. Zwischendrin beweist der Veteran der Countrymusik, dass er immer noch vor Energie strotzt.

Obwohl der Song "Half A Man" heißt, gibt Kenny Rogers in dem entfernt an den Fleetwood Mac-Klassiker "The Chain" erinnernden Titel überzeugend den voll im Saft stehenden Kraftmeier ("I can swing a hammer, 'til the daylight's gone..."). Neben der erstaunlich kritischen Bestandsaufnahme der letzten Dekade "The Last Ten Years (Superman)" setzt Kenny Rogers mit "My Petition" einen letzten Höhepunkt der CD. Eine Story von einem Knirps, der einen Brief, eine Petition an den Präsidenten verfasst hat - simpel, naiv und unglaublich zu Herzen gehend. Wie Kenny diese in exquisite Harmonien gekleidete Geschichte erzählt, beweist, dass er immer noch einer der Größten in Nashvilles Music Row ist. Und vielleicht war er nie größer, als heute.

Fazit: Ein balladeskes, ruhiges, nachdenkliches und modern klingendes Album des runderneuerten Sängers. Und dazu ein Meilenstein in seiner langen Karriere, ungelogen!

Label: Capitol Nashville (EMI) VÖ: 17. März 2006

  • Titelliste

  • Links

01 Water & Bridges 07 I can feel you drifting
02 Someone is me 08 The last ten years (Superman)
03 Someone somewhere tonight 09 You'll know love (mit Vince Gill)
04 I can't unlove you 10 My Petition
05 Calling me (mit Don Henley) 11 One Life
06 Half a Man


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