Mrs Greenbird - Postcards from Nashville

Mrs Greenbird

Mit ihrem zweiten Album "Postcards" zeigt sich das deutsche Folk-Pop-Duo Mrs. Greenbird gereift und künstlerisch gewachsen. Aus verschiedenen Gründen, wie wir im Gespräch mit Sarah Nücken und Steffen Brückner erfahren konnten.

So ein Interviewtag kann anstrengend sein. Vor allem, wenn man am Vorabend in einem kleinen Club ein Konzert vor der versammelten Journalisten-Meute gegeben hat. Das kann stressig sein. Tatsächlich sehen Sängerin Sarah Nücken und Gitarrist Steffen Brückner an diesem trüben Spätherbsttag etwas müde aus, als wir sie in einem Münchner Hotel zum Interview treffen. Müde vielleicht. Genervt oder gestresst aber sicher nicht. Ganz im Gegenteil. Die beiden sind redselig, lustig und so locker, wie man es sich von Interviewpartner nur wünschen kann. So entwickelt sich mehr ein munterer Plausch, als ein strenges Frage-Antwort-Interview. Umso besser...

"Wir haben unseren Stil ja mal als Singer-Sonwriter-Country-Pop-Folk bezeichnet", sagt Steffen, "das gilt immer noch. Das ist unser Ding." Oder anders ausgedrückt: Die Stilschublade, in die passen würde, muss erst noch geschnitzt werden. Dennoch war bereits bei ihrem ersten Album und auch bei ihrem Erfolg bei der Casting-Show "X Faktor" klar, dass in den beiden Kölnern Country-Blut in den Adern fließt. Bei "Postcards", ihrem aktuellen zweiten Album, wird das umso deutlicher. Doch wen wundert es? Schließlich haben sich die zwei dafür nach Nashville begeben. Mehr noch: in das legendäre, sagenumwobene RCA Studio A. Eine Kultstätte der Musik. Ein Recording-Tempel, in dem Götter wie Elvis Presley, Chet Atkins, Willie Nelson und Dolly Parton ihre epochalen Werke aufgenommen haben. Größer, kultiger geht's nicht. Innerhalb von drei Tagen waren die zwölf Songs im Kasten. Nicht Track-by-Track, wie in deutschen Studios üblich, aufgenommen, sondern alle Studio-Cracks gemeinsam. Live is Life. Auch in Nashville. Vor allem in Nashville! "Die sind das gewöhnt, und sie sind einfach auch wahnsinnig gut", sagt Steffen über die beteiligten Session-Musiker, "das ist extrem inspirierend."

Mrs Greenbird; Foto: Markus Schulze

Wenn die beiden von den Sessions sprechen, bekommen ihre Augen einen eigenen Glanz. Man spürt, dass das nicht nur irgendwelche Recordings für irgendein Album gewesen sind, sondern: musikalische Schlüsselerlebnisse. Für die Aufnahmen zum Titeltrack greift selbst diese etwas hochtrabende Bezeichnung zu kurz. "Wir hatten da alle eine überirdische Erfahrung", sagt Sarah allen Ernstes, räuspert sich, nimmt einen Schluck Kaffee und erzählt. "Wir sitzen da alle in diesem Halbkreis und spielen den Song. Plötzlich war es irgendwie so, als würden Raum und Zeit still stehen. Wir hatten alle Tränen in den Augen. Es war ein unfassbares Erlebnis."

Wenn abgebrühte Session-Hasen wie Super-Drummer Shannon Forrest oder Pianist Tim Lauer zu Tränen ergriffen sind, ist das vielleicht das größte Kompliment, das man den beiden Folkies aus Good Ole Germany zollen kann. Es sagt viel über ihre Musik aus. Überhaupt hätten die beiden nur erstklassiges Feedback von den amerikanischen Country-Größen bekommen. Auch was ihre Texte betrifft. Denn, wie jeder Leser von CountryMusicNews.de weiß, geht es derzeit in den amerikanischen Country-Songs zu 90 Prozent um Whiskey, Highways, Frauen und natürlich ice cold Beer. Da haben sich Mrs Greenbird schon andere Themen ausgeguckt - was in ihrer deutschen Heimat aber offenbar nicht so recht gewürdigt wird. "Wir haben uns schon einiges an Kritik anhören müssen, dass wir über so banale Dinge und Klischees singen würden", sagt Sarah. Nun ja, der Prophet im eigenen Land hat es schwer.

Rund sechs Wochen waren Sarah und Steffen in Nashville. Sie haben während der Zeit am Stadtrand gelebt, in Green Hills, unweit vom Bluebird Café entfernt. Ein Auftritt in der legendären, und spätestens durch die Serie "Nashville" zu Weltruhm gekommenen Location, war da fast unvermeidlich. Und es lief: sehr gut. Wie alles andere, was der derzeit beste deutsche Country-Export-Artikel in der Tennessee-Metropole erlebt hat. "Ich bin da ehrlich gesagt ohne Erwartungen angereist", sagt Steffen, "doch jetzt muss ich sagen: Es war die schönste Zeit in meinem Leben. Ich würde sofort wieder hin."

Dass die sechs Wochen so perfekt für Mrs Greenbird verliefen, hatte verschiedene Gründe. Einer davon war, dass sie sich während der Zeit nicht als Touristen gefühlt haben. Sie waren hier, um Musik zu machen. Um Kontakte zu knüpfen und Bekanntschaften und vielleicht sogar Freundschaften zu schließen. "Wir waren ziemlich schnell in der Szene", sagt Sarah, "haben sehr schnell Leute kennen gelernt." Unter ihnen auch ein gewisser T Bone Burnett. Sie sind dem vielfach Grammy®-geschmückten Produzenten im Studio begegnet, haben sich unterhalten, sich ausgetauscht - und ihn neugierig gemacht. Neben der Musik der beiden hat es der Gitarre spielenden Musiklegende der Verstärker von Steffen angetan. Ein spezielles Modell mit starkem Sound und markanter Optik. "T Bone hat seine Gitarre angestöpselt und damit etwas gejammt", sagt Steffen und sucht auf seinem iPhone das dazu passende Beweisfoto. Die Visitenkarte oder gar ein Demo-Tape wollten sie dem Produzenten aber dann doch nicht in die Hand drücken. Wobei: wollen vielleicht schon. Aber getraut haben sie sich dann doch nicht. Der Gedanke, dem Hit-Schmied bei Gelegenheit eine Mail zu schicken - Motto: "wir haben uns ja im RCA-Studio A kennen gelernt ..." – haben sie aber noch nicht ganz verworfen.

Mrs Greenbird; Foto: Markus Schulze

Andererseits besteht kein akuter Handlungsbedarf. Mit Marshall Altman (Amy Grant, Eric Paslay) haben sie einen Mann an ihrer Seite, der sie führt, versteht, der ihnen die nötigen Kontakte her- und die perfekten Musiker bereitstellt. Ein Kenner und Könner. Zu ihm sind sie über Umwege gelandet. Denn ursprünglich haben sie bei Singer/Songwriter William Fitzsimmons angefragt. Die Musik des amerikanischen Kritikerlieblings hat es dem rheinländischen Zweier angetan und läuft meist vor Mrs Greenbird-Konzerten. Dennoch: Fitzsimmons sagte ab - und empfahl seinen eigenen Produzenten: Marsahll Altman.   Fitzsimmons ist sicher ein großer Einfluss für die deutsche Version von The Civil Wars. Aber natürlich nicht der einzige. Auf ihrem Weg zur musikalischen Identität begleiteten sie unter anderem Folk-Ikone Joni Mitchell, Eva Cassidy, natürlich der große Johnny Cash und: Jason Isbell. "Sein letztes Album ist für mich eine der besten Platten in der jüngeren Vergangenheit", sagt Steffen während Sarah zustimmend nickt. "Ich mag die Geschichten, die er erzählt, weil die sehr roh und ehrlich sind. Sehr intim, manchmal vielleicht sogar zu intim", sagt sie und meint damit seine Frauen- und Sex-Stories. Für Mrs Greenbird gibt es deshalb dagegen durchaus eine erzählerische Schmerzgrenze. Sarah: "Beschämende Intimität mag ich nicht, man muss ja die Hosen nicht komplett runter lassen." Da hat sie völlig Recht.

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