In der Countrymusic ist es so üblich, dass die Musik von einer Generation in die nächste getragen wird. Die Alten geben ihr Können an die Jüngeren weiter und führen sie langsam ins Familiengeschäft ein - unterwegs in den Tourbussen, auf den Bühnen und im Radio. Sagen wir einfach "Ewige Wiedergeburt des Country" dazu. Solche familiären "Vererbungswege" gehören zur amerikanischen Musik wie sonst nichts. Aber warum eigentlich Countrymusic, und nicht Rock, Hip-Hop oder Folk?
"Mit der ländlichen Musik ist es so: Das ist die Musik, zu der man ums Lagerfeuer herumsitzen kann, im Wohnzimmer oder auf der Veranda zusammensitzen kann", meint Rev. Peyton, der Mann hinter dem Country-Blues Act aus Indianapolis "Rev. Peyton's Big Damn Band", einer der herausragendsten Bands beim heurigen Festival "South by Southwest Music" in Texas. "Sicher gibt es auch Rock'n'Roll-Familien, die so zusammensitzen, aber das ist nicht dasselbe, wenn du erst einen Verstärker und ein Schlagzeug aufbauen musst", sagt Peyton, der mit 13 Jahren das Gitarrespielen von seinem Vater gelernt hat. "Veranda-Musik kann man einfach überall spielen."
Königlicher Stammbaum
Am interessantesten bei diesen "Vererbungswegen" ist eine Forschung am königlichen Stammbaum der Country Music. So wie bei einem einfachen Country-Akkord baut auch hier jeder Künstler auf das auf, was vor ihm war, jedoch nicht immer auf dieselbe Art und Weise. Die bahnbrechenden Songs von Hank Williams ähneln der Arbeit von Hank Williams Jr. nicht mehr sehr, vor allem das kommerzielle Material, das die "Monday Night Football"-Slogan-Schleuder zum Superstar machte. Das Werk von Hank Jr., das seinen Sohn hank III zweifelsohne beeinflusst hat, hat überhaupt keine Spuren hinterlassen im methodischeren Country-Ansatz des jüngsten Williams.
Am Anfang steht man jedoch immer im Schatten der Eltern. Genau deshalb ist es für den Nachwuchs auch so wichtig, eine eigene Identität zu finden, zumindest zu Beginn. "Ich kann nicht sagen, ob ich vor meinem Erbe zurückgeschreckt bin", meinte Country-Musiker Shooter Jennings, der Sohn von Waylon Jennings und Jessi Colter, gegenüber "The Post" gegen Ende des Jahres 2005. Er meinte damit seine erste Band, Stargunn, eine Rock'n'Roll-Band durch und durch. "Ich habe einfach mein Ding gemacht", sagt Jennings, der 1979, ein Jahr, nachdem sich die Sex Pistols getrennt haben, geboren wurde. "Deine Eltern sind deine Eltern, aber das hat sich alles ganz natürlich entwickelt. ... Jetzt habe ich das Gefühl, dass die Musik, die ich jetzt spiele, am ehesten das widerspiegelt, was mir an Musik gefällt. Das ist nicht schwer zu verstehen, wenn man sich ansieht, wie ich aufgewachsen bin. Der Weg bis hierher war allerdings ein langer."
Namen sind nicht alles
Was ist mit Songwritern wie Rosanne Cash, die gerade ihr ergreifendes Werk "Black Cadillac" herausgebracht hat - für sie ein Weg, den Verlust ihres Vaters Johnny, ihrer Mutter Vivian Liberto und ihrer Stiefmutter June Carter Cash zu betrauern. Obwohl sie auch für sich allein genommen ein großes Talent ist, spricht doch auch bei ihr viel für die These, dass die richtigen Gene nicht unvorteilhaft sind. "Aber das ist alles eher nebensächlich", meint Hanna-McEuen's Jonathan McEuen, Sohn von John McEuen (Nitty Gritty Dirt Band), gegenüber "The Post". "Es ist dasselbe wie bei Shooter Jennings und Holly Williams. Es geht nicht darum, wer unsere Väter waren. Es geht eher darum, dass wir dabei waren, wir haben gesehen, was sie getan haben und haben alles von Anfang an miterlebt."
Dazu meint sein Cousin ersten Grades Jaime Hanna, Lead Songwriter des Duos und Sohn von Jeff Hanna (Dirt Band): "Wir sind stolz auf unsere Herkunft. Aber wenn sich die Aufregung um unsere Namen, dass wir die Kinder der Dirt Band sind, einmal gelegt hat, müssen wir auch etwas liefern, damit die Leute auch weiterhin interessiert bleiben." Und das ist der schwierige Teil der Aufgabe. Hanna-McEuen's erster Release erfüllte 2005 die Erwartungen des Labels (MCA Nashville) nicht ganz. Wenn du keine Platten verkaufst, ist auch dein Name egal.
Was uns auch gleich zu Hank III und seinen Anstrengungen bringt: Er hat seine ersten musikalischen Erfahrungen mit dem Schlagzeug im Punk und Hardcore gemacht. Als sich Hank III (geboren 1972 als Shelton Hank Williams III) entschied, die Country-Straße einzuschlagen, war seine Musik - voll rebellischem Punk-Spirit - nicht immer ein Magnet für die Massen. Die Leute wollten die unheimliche ähnlichkeit - sowohl die stimmliche als auch die körperliche - zwischen ihm und seinem Großvater sehen. Aber das Publikum fühlte sich von seiner Pöbelei oft abgestoßen; der Name seines Heavy-Metal Nebenprojekts darf auf diesen Seiten gar nicht gedruckt werden. Die Erfahrungen des Vaters von Hank III geben einen Einblick darin, was es heißt, seine eigene Stimme zu finden.
Als Junge musste Hank Jr. paillettenbesetzte Anzüge im Nudie-Stil anziehen und auf Tour die Lieder seines Vaters singen. Erst Mitte der 1970er und nach einem Suizidversuch gelang es ihm, seine geldgierigen Manager abzuschütteln und stellte sich auf die eigenen Füße. "Man fragt sich öfters, was diese Leute wohl schaffen würden, wenn sie keine so berühmten Eltern hätten", meinte Slim Cessna, Frontman der Gothic-Country-Band "Slim Cessna's Auto Club". "Damit würde ich zum Beispiel Hank III meinen. Ich glaube nicht, dass er der Mensch wäre, der er heute ist, und dass er das tun würde, was er heute tut, wenn er nicht diesen Großvater hätte.
Diese Heavy-Metal-Band und Heavy-Country-Band ist so gekünstelt und lächerlich - und für mich zumindest künstlerisch vollkommen nichtssagend. Es ist ganz klar, warum die Leute ihn sehen wollen." Cessnas eigenes Erbe hat sich unauslöschlich in seine Musik eingeschrieben, auch wenn es keine Verbindungen zum Country gibt. Wenn man Cessna's Auto Club einmal gesehen hat, hat man einen Aha-Moment, sobald man erfährt, dass seine Mutter in einem Gospel-Chor gesungen hat und sein Vater Prediger war. Rev. Peyton glaubt, dass der Wiedererkennungswert eines Names Chancen verschaffen kann, aber dass ein erfolgreich vererbtes Talent immer siegen wird. "Du kannst den Leuten schon beibringen, wie sie ihre Finger bewegen müssen und wo die Akkorde sind, aber du kannst ihnen keinen Rhythmus beibringen. Und wenn es etwas gibt, das man von den Eltern erben kann, dann ist es der Rhythmus."