Eines Tages hielt Earle sich im Laden eines Kumpels auf, der zu ihm meinte: "Guy Clark ist heute Abend hier". Der Jung-Troubadour war nach eigener Aussage "verflixt nervös", als er davon Kenntnis nahm. "Aber ich wollte unbedingt, dass Guy Clark meine Songs hörte. Also legte ich mich beim Spielen mächtig ins Zeug. Später wurde mir mitgeteilt, dass Guy Clark im Nebenzimmer war, um Billard zu spielen. Ich stellte mich ihm vor. Er meinte nur: "Ich mag deinen Hut."
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Der 14 Jahre ältere Guy Clark traf sich fortan regelmäßig mit Steve Earle. Man tauschte sich kreativ aus, war auch privat eng miteinander. Nur mit diesem Hintergrund lässt sich erklären, warum Steve Earle jetzt - eingespielt mit seiner Begleitband The Dukes - das schlicht "Guy" betitelte neue Werk vorlegt, bestehend aus 16 Clark-Covers.
16 Cover-Versionen auf "Guy"
Man erkennt die Originale zwar wieder. Gleichzeitig drückt Steve Earle ihnen den ureigenen Stempel auf, ohne dabei mit modernem Schnickschnack zu kokettieren. "Guy" ist letztlich ein klassisches Steve Earle-Werk geworden. Mit allem, was so eine Produktion seit jeher auszeichnet.
Der heute 64jährige packt sein geschundenes Dasein in die Songs. Man merkt diesem ewigen Outlaw an, dass sich seine Existenz bevorzugt auf der Schattenseite des Lebens abgespielt ha ohne dabei die Sonnenseite je ganz aus dem Blickfeld verloren zu haben.
Steve Earle grummelt und murmelt gerne mal, ganz in der Tradition des frühen Tom Waits. Er ist ein unnachahmlicher Storyteller, selbst wenn die Geschichten dieses Mal durch die Bank nicht von ihm stammen. Man hört die Weite einer Prärie von sich, die Einsamkeit des einer geliebten Frau nachhängenden Mannes, essenzielle Traurigkeit wird vermittelt, mit wenigen spartanischen Gitarrenakkorden, mit dem Sangesorgan eines Kerls, der so gerne die Welt umarmen möchte, dessen Herz aber hohl und leer ist, der im Dauer-Zweifel mit allem und jedem steckt, der sich nicht traut, an das Gute im Nächsten zu glauben.
Kein Wunder, dass sich Earle und Clark prächtig verstanden, waren sie schließlich beide aus demselben Holz geschnitzt: knurrig und knarzig nach außen, waidwunde Persönlichkeiten nach innen. Seelenverwandte demnach. Und als Guy Clark am 17. Mai 2016 nach langer, quälender Krebskrankheit verschied, "war ich einmal mehr", erinnert sich Steve Earle, "einer der einsamsten Menschen auf diesem Planeten, trotz geliebter Ehefrau, Kindern und jeder Menge wunderbarer Freunde um mich herum. Nur wenn man das vor Augen hat, kann man komplett in die Welt von "Guy" eintauchen."
Fazit: Mit "Guy" gelingt Steve Earle die Hommage an den alten Freund Guy Clark. Fans beider Künstler können sorglos zugreifen.
Label: New West / PIAS (roughTrade) | VÖ: 29. März 2019 |
01 | Dublin Blues |
02 | L.A. Freeway |
03 | Texas 1947 |
04 | Desperados Waiting for a Train |
05 | Rita Ballou |
06 | The Ballad of Laverne and Captain Flint |
07 | The Randall Knife |
08 | Anyhow I Love You |
09 | That Old Time Feeling |
10 | Heartbroke |
11 | The Last Gunfighter Ballad |
12 | Out In The Parking Lot |
13 | She Ain't Going Nowhere |
14 | Sis Draper |
15 | New Cut Road |
16 | Old Friends |